Das Burn-out-Battle: Wer hat mehr Stress bei der Arbeit?
Neulich im Meeting: Ich komme rein, setze mich hin, fühle mich müde und ausgelaugt. Fragt mich ein Kollege: „Du siehst irgendwie nicht so gut aus, alles okay bei dir?“ Ich entgegne: „Es ist gerade einfach alles ein bisschen viel.“ Seine Antwort: „Willst du mal in meinen Kalender schauen? Dann siehst du, was viel ist.“
Wow. Danke für nichts!
Seit wann ist es eigentlich chic, sich gegenseitig zu übertrumpfen, wer gestresster ist? Als wäre die Person mit den meisten To-dos automatisch der wertvollste Mensch im Raum. Newsflash: Wir führen hier keine Opfer-Olympiade und auch kein Burn-out-Battle. Ich bin Geschäftsführerin, ja, mit Verantwortung, Druck, Terminen, Entscheidungen und allem, was dazugehört. Aber ich bin auch ein Mensch. Und wenn ich sage, „es ist gerade ein bisschen viel“, dann bedeutet das eigentlich: „Es ist deutlich zu viel.“ Das ist ein professionell heruntergespieltes Warnsignal, kein Aufruf zum Kalendervergleich!
Kranke Gesellschaft?
An welchem Punkt ist unsere Arbeitsgesellschaft falsch abgebogen? Wie sind wir in einer Arbeitswelt gelandet, in der sich alle kaputtarbeiten und keiner mehr zugeben darf, dass es reicht? Wer schwächelt, verliert. Wer weitermacht, gewinnt – nur leider nicht Gesundheit, Lebensqualität oder Klarheit. Sondern Herzrasen, Schlafstörungen und irgendwann einen ordentlichen Zusammenbruch.
Diese Kultur ist krank. Wer wirklich führen will – ein Team, ein Unternehmen, sich selbst – muss aufhören, sich über Erschöpfung zu definieren. Belastung ist individuell. Und ein „Mir ist es gerade zu viel“ verdient Akzeptanz, nicht ein Battle darum, wem es noch beschissener geht.
Die Wahrheit ist: Viel zu oft falle ich trotzdem genau auf dieses Battle herein und spiele mit. Das ist eine der Herausforderungen als Unternehmerin. Bei mir gibt es keinen Arbeitgeber, der im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht ein Auge auf mein Wohlbefinden hat. Ich bin einzig und allein dafür verantwortlich.
Bleibt gesund!
Erfolg misst sich nicht an der Anzahl der durchgearbeiteten Nächte. Sondern daran, wie gut wir Entscheidungen treffen, welche Resultate wir erreichen, wie klar wir kommunizieren und wie gesund wir bleiben – körperlich wie mental. Und ja, auch daran, wie wir mit anderen umgehen, wenn sie mal durchhängen. Lasst uns aufhören, uns über die Länge unserer To-do-Listen oder den Füllstand unserer Kalender zu profilieren. Es ist kein Wettbewerb. Es ist Arbeit. Und die ist nur dann nachhaltig erfolgreich, wenn wir den Menschen hinter dem Job nicht verlieren.
Seid ihr auch Kalendervergleicher?
Wie erlebt ihr das in eurem Arbeitsalltag? Gibt’s bei euch auch diesen unausgesprochenen Wettbewerb, wer am meisten zu tun hat – oder vielleicht sogar schon ausgebrannt ist? Und wie geht ihr persönlich mit Erschöpfung um? Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen!