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Das grüne Jahrzehnt: Der Pfad der Klimaneutralität

Die Digitalisierung ist für Wirtschaft und Gesellschaft eine enorme Herausforderung - eine noch größere historische Kraftanstrengung und Umwälzung ist die Nachhaltigkeit und der Umbau der Wirtschaft zur Klimaneutralität. Ziel des Green Deal der Kommission der Europäischen Union ist es, bis 2050 innerhalb der EU den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase auf Netto-Null zu begrenzen. Doch der Pfad dorthin ist schwer und schmal, denn alle Regierungen müssen sich auf ein einziges Ziel konzentrieren, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen und mit Unternehmen, Investoren und Bürgern eng zusammenarbeiten. Zudem braucht es einen ganzheitlichen Strukturwandel der Industrie. „Der Klimawandel und seine Folgen bergen Risiken für jedes Unternehmen – vor allem aber für solche, deren Geschäftsmodell auf natürlichen Ressourcen aufbaut“, sagt Dr. Steffen Greubel, Vorstandsvorsitzender der METRO AG. Greubel ist davon überzeugt, dass mit einem ressourcenschonenden Kerngeschäft und noch effizienteren Prozessen zu einer nachhaltigeren Lieferkette beigetragen werden kann. Schließlich verfügen große Unternehmen auch über große Hebel. Dadurch sind sie in der Lage, nachhaltige Veränderungen anzustoßen: bei sich selbst, aber auch bei ihren Kunden und Partnern.

Vor dem Hintergrund des EU Green Deals und der „Farm to Fork“-Strategie der europäischen Kommission ist der „Code of Conduct“ eine freiwillige Selbstverpflichtung europäischer Akteure entlang der Lebensmittellieferkette. Ziel der Unterzeichner ist es, diese Wende gemeinsam zu gestalten. Sie können sich darüber hinaus auch mit Zielen aus ihren eigenen Unternehmen anschließen, wenn sie ein transparentes und regelmäßiges Reporting garantieren. Zu den Erstunterzeichnern gehört auch der internationale Großhandelsspezialist METRO, der sein eigenes Klimaziel verschärft und seinen weltweiten Geschäftsbetrieb bis 2040 klimaneutral stellen will.

Die folgenden Unternehmensziele werden dezidiert im „Code of Conduct“ berichtet:

• Der weltweite Geschäftsbetrieb soll überwiegend eigener Kraft bis 2040 klimaneutral gestellt werden (verschärftes Ziel).

• Die Lebensmittelverschwendung im eigenen Unternehmen soll bis 2025 halbiert werden.

• Das Eigenmarken-Sortiment soll noch nachhalttiger ausgerichtet werden (Überarbeitung geeigneter Produkte mit dem Ziel, den Fett-, Salz- und Zuckergehalt zu reduzieren und/oder Zusatzstoffe zu eliminieren).

• Die Arbeit soll mit strengen Einkaufsrichtlinien und effizienten Aktionsplänen auf nachhaltigere Lieferketten (besonders in den Bereichen Fisch & Meeresfrüchte, Palmöl und Soja) erfolgen.

• Bis 2040 soll der eigene, weltweiten Geschäftsbetrieb zum überwiegenden Teil durch eigene Anstrengungen klimaneutral sein (Energieeinsparungen, Umstieg auf natürliche Kältemittel in der Kühlung, Ausstieg aus fossiler Wärme, Ausbau von Photovoltaikanlagen, Elektrifizierung der Dienstwagenflotte, Zero Emission Stores bei Markt-Neubauten).

Ultimatives Ziel ist es, CO2-Emissionen zu vermeiden. Verbleibende Restemissionen werden über Goldstandard Zertifikate kompensiert. Für all diese Maßnahmen sind Investitionen in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro eingeplant, die hauptsächlich in die Erneuerung von Energie-, Kälte- und Wärmeinfrastruktur fließen. Es ist allerdings wichtig, „dass die Maßnahmen sofort wirken und nicht erst in ferner Zukunft“, sagt Andrea Euenheim, Mitglied des Vorstands der METRO AG, die für Personal und Nachhaltigkeit verantwortlich ist. Für die Umsetzung braucht es allerdings eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie, die hier schon seit zwei Jahrzehnten verfolgt wird. Das nächste Ziel ist die klimaneutrale Lieferkette „from farm to fork“. Diese Aufgabe erfordert eine enge Zusammenarbeit über alle Unternehmensgrenzen hinweg. Das Beispiel zeigt auch, wie wichtig es ist, Nachhaltigkeitsstrategien immer wieder anzupassen und um konkrete Klimaziel zu ergänzen, die hier beispielsweise die Bereiche Energie, Wärme, Kälte, Papierverbrauch, Dienstwagenflotte und Dienstreisen umfassen. Um Transparenz zu schaffen, ist es für jedes Unternehmen heute wichtig, über die eigenen CO2-Ziele transparent und öffentlich zu kommunizieren. Dabei ist das WAS selbstverständlich, aber das WIE ist noch viel bedeutender, weil diese Schritte auch anderen – vor allem auch kleineren Unternehmen, die sich jetzt auf den Weg machen – zeigen, wie der gemeinsame Pfad zur Klimaneutralität gestaltet werden kann.

Hilfreich für den Mittelstand istt zum Beispiel auch die Unterzeichnung der WIN-Charta, in der sich KMUs zu ihrer ökonomischen, ökologischen und sozialen Verantwortung bekennen. Zudem identifizieren sie sich mit der Region, in der sie wirtschaften. Die WIN-Charta wurde als Instrument für nachhaltig wirtschaftende kleinere und mittlere Unternehmen KMU im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Baden-Württemberg entwickelt. Sie basiert auf Selbstverpflichtung, Eigeninitiative und Außenkommunikation.

Darunter ist auch der Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader aus Leinfelden-Echterdingen. Im Bericht 2019 wird beispielsweise darauf verwiesen, dass erneuerbare Energien eingesetzt, die Energieeffizienz gesteigert und Treibhausgas-Emissionen zielkonform gesenkt oder klimaneutral kompensiert wurden. Zu den Jahreszielen des Unternehmens gehörten: Senkung des Energieverbrauchs um 5 %, Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Bereich Fuhrpark um 5 %, Eigenstromerzeugung im neuen Gebäude zur Abdeckung von 60 % des Stromverbrauchs. Beim neuen Firmengebäude wurde auf eine energieeffiziente Bauweise geachtet (eine Photovoltaikanlage an der Außenfassade produziert seit September 2019 Strom). „Durch die Kombination aus einer Luft-Wärme-Pumpe für die Büroräume und einer Pelletheizung für den Lagerbereich konnte eine deutliche Einsparung der CO2-Emissionen verzeichnet werden, da im bisherigen Gebäude die Beheizung über eine Ölheizung erfolgte. Weitere energetische Vorteile bringt der Einsatz von LED-Beleuchtung im gesamten Gebäude – in den Büroräumen zudem komplett helligkeitsgesteuert“, heißt es im Bericht. All das sind gewiss nur winzige Maßnahmen angesichts der riesigen Umwälzung, die große und kleine Unternehmen gleichermaßen zu bewältigen haben. Doch um das große Ziel ansteuern zu können, braucht es die Macht der kleinen Schritte, die sich in solchen Beispielen zeigt.

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Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Olaf Schulze: Energie für den Handel – Herausforderungen für Unternehmen und Politik. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2019.

Olaf Schulze: Mobilität gegen den Klimawandel. Das Mobilitätskonzept der METRO. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. SpringerGabler Verlag. Heidelberg, Berlin 2020, S. 157-176.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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