Das längste Assessment Center der Republik. Was sagen Noten aus?
Dem aufmerksamen Leser des Recrutainment Blogs wird es ja nicht entgangen sein, dass wir in letzter Zeit eine ganze Reihe Beiträge veröffentlicht haben, die sich rund um das Thema der “Empirischen Evidenz” drehen:
Was macht eigentlich eine “gute” Personalauswahl aus?
Welche Merkmale lassen sich überprüfen? Und wie?
Und welche Merkmale sagen eigentlich Berufserfolg voraus? Und wenn, in welchem Maß?
In diesem Zusammenhang haben wir uns bspw. kürzlich der Frage gewidmet, ob man Intelligenz im Rahmen der Personalauswahl testen sollte (ja, sollte man!) oder auch von Forschungsbefunden berichtet, die beschreiben, welche Persönlichkeitsmerkmale eigentlich welchen Zusammenhang mit Berufserfolg haben. Auch die Frage, ob Arbeitszeugnisse eigentlich einen diagnostischen Mehrwert liefern oder sowieso nur mehr oder weniger “wohlwollend formulierte” Folklore sind.
Ein in diesem Kontext auch immer wieder auftauchendes Thema sind Noten. Sagen diese eigentlich etwas aus? Hängen diese mit Ausbildungs- und Berufserfolg zusammen bzw. sagen diese vorher? Wenn ja, wie stark? Und vor allem: Wie in drei Gottes Namen soll man Noten eigentlich miteinander vergleichen?
In der Azubiselektion waren (Schul-)noten bspw. lange Jahre die einzige Metrik, die überhaupt eine gewisse Vergleichbarkeit von Schülern ermöglichte, die sich auf einen Ausbildungsplatz beworben hatten. Da Schüler in aller Regel noch nicht wirklich viel Gelegenheit hatten, eine distinkte und Unterscheidbarkeit ermöglichende (Berufs-)Vita zu schaffen (wie auch, sie sind halt zur Schule gegangen…) war die Fünf in Mathe für viele Unternehmen oft das einzige Merkmal, anhand dessen man Bewerber vermeintlich zielsicher auf den C-Stapel schieben konnte. Dass die Fünf in Mathe möglicherweise aber andere Gründe hatte als mangelnde zahlengebundene Denkfähigkeit (Stress mit der Freundin, mangelnde Chemie mit dem Lehrer…), das sah man der Fünf im Zeugnis aber nicht an. Und was die Fünf in Mathe auf einem bayrischen Gymnasium im Vergleich zu einer Drei Minus einer Hamburger Stadtteilschule eigentlich bedeutet, tja, welcher Personaler konnte das sagen.
Genau in dieser Problematik liegt sicher einer der Hauptgründe, warum so viele Unternehmen in der Azubiauswahl die Noten nicht mehr (zumindest nicht mehr so stark) beachten und stattdessen auf Online-Tests wechseln, die alle Kandidaten mit der gleichen Elle messen.
Auch in der Wissenschaft ist man sich bei diesem Thema nicht hunderprozentig einig, wie das sehr empfehlenswerte Streitgespräch zwischen Prof. Martin Kersting und Prof. Heinrich Wottawa im Personalmagazin von vor ein paar Jahren zeigt.
Nun, ich könnte jetzt noch stundenlang weiter zu Noten und deren Prognostik schreiben, aber da gibt es ja glücklicherweise auch echte Experten für. Daher habe ich mir einmal Dr. Jan Bergerhoff geschnappt, einen der Gründer und Geschäftsführer des HR-Tech-Startups candidate select geschnappt. Jan schaut auf die Thematik “Noten” nämlich nicht nur durch die Brille seines eigenen Unternehmens, sondern auch durch eine 10-prozentige Postdoctoral Researcher Stelle an der Maastricht University School of Business and Economics. candidate select ist also ähnlich wie CYQUEST zur Wissenschaftlichkeit und empirischen Evidenz verdammt… ;-)
Jan, deine Bühne…!