Das Zusammenspiel von Intellekt und Intuition: Zum erfolgreichen Gebrauch des Bauchgefühls
Interview mit der Autorin Ingeborg Höverkamp
Welche Bedeutung hat für Sie das Bauchgefühl?
Es warnt, es hinterfragt kritisch, es will, dass ich eine Entscheidung damit treffe, es macht unruhig, manchmal auch unsicher. Man tut gut daran, auch auf das Bauchgefühl - das ich auch mit den Begriffen Intuition und innere Stimme verbinde - zu hören, um alle Aspekte einer Entscheidung zu berücksichtigen.
Es kommt aber auch vor, dass man die Stimme aus dem Bauch ignorieren will, z. B. spürt man ganz genau, wann eine starke Überforderung in der Arbeit einsetzt, die es notwendig machen würde, eine längere Pause einzulegen. Aber da steht der Termin, an dem die Arbeit fertiggestellt sein muss, im Weg. Meist führt dies zu großer Erschöpfung, die eine längere Unterbrechung erfordert, als hätte man auf sein Bauchgefühl gehört.
Welche beruflichen Entscheidungen haben Sie aus dem Bauch heraus getroffen?
Die Entscheidung, mit wem ich zusammenarbeiten möchte.
Weshalb ist Erfahrungswissen für eine gute Bauchentscheidung unverzichtbar?
Der Mensch speichert seine verschiedenen Erfahrungen ab, seien sie positiv oder negativ ausgefallen. Bei manchen Situationen ist bereits ein Erfahrungsmuster entstanden, auf das man zurückgreifen kann. Diese Erfahrungen beeinflussen jede Entscheidung, ob sie nun mehr mit dem Intellekt oder mehr mit der Intuition getroffen wird. Ideal ist ein gutes Zusammenspiel von Intellekt und Intuition.
In einem Betrieb, einer Schule, in der Universität, in jedem Geschäft müssen die meisten Entscheidungen durch den Intellekt entschieden werden. In Betrieben, Fabriken und Läden ist jede Entscheidung auf der Basis der finanziellen Machbarkeit zu betrachten. Doch, was die Mitarbeiter/innen betrifft, halte ich es für wichtig, dass eine gute Führungskraft auch auf ihr Bauchgefühl hört.
Warum fällt es vielen Menschen in Unternehmen und Organisationen häufig schwer, vor anderen zuzugeben, dass sie ein Bauchgefühl haben?
Von Managern erwartet man durch den Intellekt getroffene Entscheidungen, die man mit 1. 2. 3. begründen kann. Das Bauchgefühl kann man oft nicht präzise mit Worten beschreiben oder Gründe für Entscheidungen angeben.
Weshalb wird in der Ausbildung kaum etwas über Intuition gelehrt, obwohl später bei unternehmerischen Entscheidungen Bauchentscheidungen dominieren?
Wir leben in einem Zeitalter, in dem noch nicht allzu lange Psychologie in den verschiedensten Bereichen zum Einsatz kommt. Obwohl Psychologie auch eine Wissenschaft ist, fällt es vielen Menschen schwer, sich auf - ihrer Meinung nach - unsicheres Terrain zu begeben, z. B. Intuition zuzulassen. Wir befinden uns in einem Umbruch.
Wann kann von einem erfolgreichen Gebrauch des Bauchgefühls gesprochen werden?
Man weiß, dass Gefühle wie Freude, Wut, Angst und Sorge im Bauch ihren Niederschlag finden, man spürt sie im Bauch, wie man auch von Schmetterlingen im Bauch spricht, wenn man verliebt ist. Erfolgreich kann das Bauchgefühl sein, wenn man es zulässt, aber auch die andere Seite, die Ratio mit in seine Entscheidungen einbezieht. Wer ohne viel zu überlegen, stets seinem Bauchgefühl folgt, kann furchtbare Pannen, Niederlagen und Katastrophen heraufbeschwören.
Interview vom 6. März 2021
Zur Person:
Ingeborg Höverkamp ist freie Autorin und Dozentin. Ihr Abitur machte sie an der Maria-Ward-Schule in Nürnberg, an der FAU Erlangen studierte sie Geschichte, Anglistik, Pädagogik und Psychologie für das Höhere Lehramt. Bis 1990 unterrichtete sie. Sie veröffentlichte zahlreiche Bücher, u.a. eine Biografie über die fränkische Schriftstellerin Elisabeth Engelhardt, den Roman "Zähl nicht, was bitter war…", den Nürnberg-Krimi "Tödlicher Tee" und die Anthologie "Weihnachten - Vom Wintermärchen zum Stall von Bethlehem". Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Seit 18 Jahren leitet sie die autobiografische Schreibwerkstatt "Die Heilkraft der Erinnerung" an der Caritas-Pirchkeimer-Akademie in Nürnberg. Seit etlichen Jahren arbeitet sie an der Erstellung der Biografie über den Journalisten, Autor, Studioleiter des BR-Franken und Professor für Publizistik, Wolfgang Buhl, die voraussichtlich 2025 publiziert werden kann. Weiterführende Informationen zur Autorin: www.nuernbergwiki.de und Wikipedia.