Der Unternehmergeist schläft nie – Warum meine besten Ideen nicht am Schreibtisch entstehen
Unternehmergeist ist, alles als Inspiration für die eigene Arbeit zu sehen, ständig Kooperationen und Innovationen zu wittern. Meine Muse findet mich überall.
Kürzlich habe ich einen Beitrag von Stephan Park gelesen (Copywriter und selbsternannter Quotenchinese), der mich sehr berührt hat. Er schrieb, dass Kreative immer arbeiten. Weil alles, das sie lesen, alles das sie hören, Arbeit ist. Museen, Magazine, Podcasts, Filme, Litfaßsäulen – sie sind Inspiration, Recherche, Wettbewerbsanalyse. Ich finde, das gilt genauso für Unternehmer·innen. Zumindest funktioniert so auch mein Kopf, mein Unternehmergeist.
Ich frage mich oft, was meine wohl Mitarbeitenden denken, wenn ich so viel unterwegs bin. Sie sehen mich auf Fotos bei Tagungen in schicken Hotels und liken Posts von Gala-Abenden oder Netzwerkveranstaltungen. Denken sie sich: „Die lässt es sich wieder gutgehen!“ . Oder denken sie sogar: „Nettes Leben, während wir hier den Laden schmeißen“?
Denken andere: „Nettes Leben, während wir hier den Laden schmeißen“?Vanessa Weber
Für mich sind diese Termine wichtig. Vor allem aber sind sie harte Arbeit. Klar machen sie auch Spaß – aber sie sind darum spaßig, weil es mir Freude macht, Kontakte zu knüpfen, junge Unternehmer·innen zu beraten oder mich ehrenamtlich zu engagieren. Nicht etwa, weil solche Veranstaltungen unanstrengend oder zwanglos für mich wären.
Immer auf Sendung
Als Unternehmerin habe ich nie wirklich frei. Ich trage die Verantwortung für mein Unternehmen, meinen Namen, das Einkommen meiner Angestellten und ihre Familien – ich trge es auch am Wochenende und im Urlaub. Mein Kopf schaltet nie wirklich ab und meine Arbeitszeit lässt sich nicht erfassen. Wie bei Kreativen, Autor·innen oder Kunstschaffenden ist jede Begegnung für mich ein Funke der Inspiration. Und damit eine potenzielle Chance mein Unternehmen, meinen Namen und meine Belegschaft nach vorne zu bringen. Dazu gehört paradoxerweise, dass ich meiner Firma am meisten helfe, wenn ich nicht vor Ort, sondern unterwegs bin. Warum?
Ich bin Botschafterin meines Unternehmens
Ich bin das Gesicht der Marke Werkzeug-Weber GmbH & Co. KG. Gerade als Familienunternehmen ist es wichtig, eine Markenbotschafterin unserer Arbeit, unserer Produkte und Dienstleistungen zu haben. Jedes Mal, wenn ich auf einer Bühne stehe, sehen und hören die Menschen unseren Firmennamen und lernen unsere Arbeit besser kennen.
Ich habe viele Projekte, aber alle stehen im Dienst dieser einen Sache. Alles dreht sich um die Fragen: Wie kann ich meine Kund·innen glücklicher machen? Wie kann ich mein Produkt verbessern? Wie erwirtschafte ich Gewinn, um mir und allen Angestellten die Sicherheit zu geben, die wir verdienen?
Kreativität entsteht nicht in Klausur
Um innovative, neue Ideen zu haben, kann ich nicht an meinem Schreibtisch sitzen. Ideen – das kennen wir alle – kommen unter der Dusche, beim Spazieren, beim Sport, während man aus dem Fenster starrt oder im Gespräch mit anderen Menschen. Kreativität entsteht aus Ablenkung, aus Pausen, aus neuen Eindrücken. Ich will und darf nicht betriebsblind werden. Ich muss am Puls der Zeit leben und arbeiten und möchte keine wichtigen Trends in meiner Branche verpassen.
Kreativität entsteht aus Ablenkung. Ich will und darf nicht betriebsblind werden.Vanessa Weber
Manöverkritik ist wichtig. Ich spreche ständig mit anderen Unternehmer·innen, Experten, Politiker·innen und Entscheidungsträger·innen, damit ich nie Gefahr laufe, nur in meiner eigenen Blase zu existieren. Den frischesten Blick bekomme ich, wenn ich mich dafür mit Menschen aus anderen Branchen unterhalte. Die treffe dann und dort, wo andere Unternehmer·innen, Gründer·innen und Manager·innen zusammentreffen.Wir hatten schon lange vor Corona einen Onlinehandel und ich investiere bereits seit 2012 in Nachhaltigkeit. Manchmal heißt es, ich hätte den richtigen Riecher – aber eigentlich habe ich einfach immer die Nase im Wind.
Es braucht eine Galionsfigur
Es mag überheblich klingen, aber als Unternehmer·in ist man eben doch oft unersetzbar. Ich gehe auf diese Termine weil ich die Frau bin, die das Unternehmen Werkzeug Weber übernommen hat. Ich werde auf Podien eingeladen, weil ich ganz spezifische Erfahrungen gemacht habe, die meine Firmennachfolge mit sich bringt. Ich bin Teil des Netzwerks „The Grow“ geworden, weil ich neben meinem Unternehmen ein Start-up gegründet habe und damit den Kern des Netzwerks abbilde: Eine Vereinigung von Mittelstand und Start-up, von Innovation und Erfahrung. Ich leiste ehrenamtliche Arbeit und gebe meinen Mitarbeiter·innen für Ihre Engagements frei. Ich spreche darüber, damit andere Menschen von meiner Erfahrung profitieren können.
Als Unternehmerin und Geschäftsführerin habe ich auch nur bedingt etwas im Tagesgeschäft zu suchen. Niemandem ist geholfen, wenn ich meine Belegschaft micro-manage. Wenn ich aber eine schicke Vertriebsidee von einer Konferenz mitbringe oder potenzielle Kund·innen – dann unterstütze ich mein Team. Wenn ich darüber hinaus mit anderen deutschen Mittelständlern die Zukunft unserer Branche präge, dann bringt uns das nicht nur als Unternehmen, sondern sogar als Wirtschaftsstandort in Deutschland und Europa weiter.
Transparenz ist alles
Ich weiß also sehr gut, warum ich ständig unterwegs bin. Und trotzdem ertappe ich mich bei diesem Gefühl: „Was denken die, wenn ich wieder einen halben Tag auf einer Veranstaltung war?“
Wir haben seit Corona alle 14 Tage einen Jour Fix im Unternehmen, an dem die ganze Belegschaft teilnimmt. Wir besprechen: Was tut sich intern? Wie entwickeln sich Projekte, was tut sich in meinem Startup? Was beschäftigt mich gerade? Das ist auch mein Raum für Transparenz bezüglich meiner vielen auswärtigen Termine. Ich erzähle von den Wahlen bei der IHK. Ich berichte, dass ich auf einer "The Grow" Veranstaltung mit Andreas Scheuer gesprochen habe und wir uns demnächst treffen, um uns über das Thema Drohnen auszutauschen. (Ich arbeite mit unserem Start Up an einem Drohnenprojekt.) Ich erläutere ihnen, warum das hoffentlich mittel- und langfristig die Branche ankurbelt und somit auch unser Geschäft.
Und klar, wenn es möglich ist, bringe ich auch immer was zu Essen oder Trinken von diesen Veranstaltungen mit. Sollen schließlich alle was davon haben!
Und ich?
Ich bin immer auf Empfang – oder immer auf Sendung**...**Je nachdem. Ich verdiene auch mal eine echte Pause. Darum reise ich zu Events gerne einen Tag früher an oder bleibe mal einen Tag länger. Diese Zeit nutze ich, um mich mit Unternehmer·innen vor Ort zu treffen, die ich lange nicht gesehen habe. Ich sehe mir Kunst und Kultur vor Ort an, weil neben den Tagungen dazu keine Zeit bleibt. Das fand ich immer sehr schade, deshalb mache ich das heute bewusst anders. Wenn man schon so viele Kilometer fährt – lohnt es sich, das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden. Denn Arbeit ist nicht alles. Aber alles ist Arbeit – und ich würde es nie anders haben wollen.
Wie macht Ihr das so? Kennt ihr das schlechte Gewissen auch? Ich freue mich über Eure Gedanken und Beiträge.

