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Design Your Life: Arbeit und Leben neu gestalten

Viele Menschen gestalten ihr Leben nicht, sondern planen es

Sie reagieren nur, aber handeln nicht selbst. Designen bedeutet jedoch, wirksame Entscheidungen zu treffen, die nachhaltige Konsequenzen haben für Mensch und Umwelt. Life-Designer probieren aus, sehen Fehler nicht als Scheitern, sondern als wertvolle Erfahrung auf ihrem Entwicklungsweg. Statt große Pläne zu schmieden, setzen sie ihre Ideen schnell in die Praxis um, bauen Job-Prototypen und testen aus. Die im Silicon Valley entstandene Innovationsmethode wurde vor einigen Jahrem von Robert Kötter und Marius Kursawe, Autoren des Buches „Design Your Life", erstmals auf Coaching-Prozesse übertragen. Design Thinking beschreibt einen klar definierten Fünf-Phasen-Prozess für die Lösung komplexer Fragestellungen. Dabei standen bislang eher komplexe Fragen der Produkt- und Service-Entwicklung im Fokus - die Autoren stellten sich deshalb schon früh die Frage, wie Design Thinking Antwort geben kann auf die Kernfrage „Wie will ich leben?"

Ihr im Buch vorgestellter JobCamp-Workshop ist das Ergebnis dieser Idee. Hier haben sie Erfahrungen von über 50 Menschen zusammengetragen, für die Arbeitszeit Lebenszeit ist und umgekehrt. Sie sprechen nicht von Work-Life-Balance - und haben trotzdem kein Burn-out. Darunter sind Teilzeit-Unternehmer, Job-Tandems, digitale Nomaden, Portfolio-Jobber, Gründer sowie Menschen, die sich von ihrem alten Beruf verabschiedet haben.

Allein und trotzdem erfolgreich

Das Kleinunternehmertum erhält im Zeitalter des digitalen Wandels eine neue Dimension, weil sich die organisatorischen und kulturellen Rahmenbedingungen in einem grundlegenden Transformationsprozess befinden. Kein Unternehmen kann sich heute mehr leisten, selbstgefällig und fett zu werden, weil es dann seine Innovationskraft verlieren würde, was schnell das Aus bedeuten kann. Schlanke Organisationseinheiten in kleinen Teams führen dazu, dass besser und erfolgreicher an großen, wichtigen Projekten gearbeitet werden kann. Junge, kreative Menschen werden von diesen Unternehmen angezogen. Hier finden sie das Individuelle, das in vielen deutschen Konzernen gar nicht erst gedeihen kann: Unternehmen wie Google brechen konsequent mit dem Vergangenen und zerlegen sich gerade selbst. Parallel zu dieser Entwicklung boomen die Ein-Personen-Unternehmen (auch Ein-Mann-Unternehmen), die meistens zur „kreativen Klasse“ gehören. Dazu zählen nicht nur schreibende und künstlerischen Berufe (Freelancer), sondern zunehmend auch Vertreter der Internetökonomie, die vielfach eine Fachexpertise haben, die am Arbeitsmarkt sehr gefragt ist.

Die Stärken des Alleinseins zu erkennen und zu nutzen ist eine wichtige Voraussetzung für die eigene Selbstständigkeit. So rät der Psychologe und Schlafforscher Jürgen Zulley dazu, sich dem Alleinsein auszusetzen, um sich als eigenständige Person zu begreifen. Als Gestalter ihres eigenen Lebens schöpfen Kleinunternehmer vor allem aus sich selbst. Bei vielen von ihnen deutete sich dies schon in der Kindheit an. So wurde der im Februar 2016 verstorbene Publizist Roger Willemsen, dessen „Territorium“ immer das geschriebene Wort war, von seinen Eltern „Klokasten“ genannt: „Früher gab es doch unter der Decke diese Wasserkästen, die wieder vollliefen, wenn man an der Strippe gezogen hatte. Meine Eltern meinten, so sei das, wenn man mir eine Frage stelle.“ Wie für viele andere Kreative war Einsamkeit für ihn der „Aggregatzustand“, in dem er sich am besten ausgekannt hat: „Ich bin sehr gern allein, lebe allein, es ist nicht nötig, jemanden einzulassen.“

Merkmale von Life Designern

• Sie sind gern mit sich allein, weil sie aus der Einsamkeit Inspiration für ihre Arbeit schöpfen.

• Sie tragen das Risiko der Selbstständigkeit, schätzen dafür aber ein hohes Maß an Selbstbestimmtheit und vertrauen dem gesunden Menschenverstand.

• Sie begreifen sich nicht als Erleider ihrer Existenz, sondern als Gestalter.

• Sie haben ein scharfes Persönlichkeitsprofil und sind kein Mitläufertyp.

• Sie haben unerschütterliches Selbstvertrauen.

• Sie tragen die Konsequenzen für ihre Entscheidungen.

• Sie sind sich ihrer einzigartigen Qualitäten bewusst und in der Lage, sie effektiv zu bündeln.

• Sie widmen sich dem Detail mit der gleichen Aufmerksamkeit wie dem Ganzen.

• Sie bleiben ein Leben lang neugierig und lieben Überraschungen.

• Sie können sich gut auf Veränderungen und Unsicherheiten einstellen und bewegen sich zwischen Angst und Mut – im Bewusstsein, dass sie sich nie gegen alle Risiken absichern können.

• Sie sind niemals (selbst)zufrieden und werde deshalb auch nicht träge.

• Sie verändern selbst die Dinge, die sie verbessern wollen.

• Sie setzen gute Ideen auch gegen Konventionen durch.

• Sie stellen sich auch in Erfolgszeiten immer wieder die Sinnfrage und erneuern sich ständig selbst.

Alle wirklich „Großen“ haben den Kleinunternehmer in sich niemals „abgelegt“, weil sie zugleich Lebenskünstler sind, die ständig üben und dem Versprechen von Steve Jobs gerecht werden: „Echte Künstler können liefern.“

Weiterführende Informationen:

Robert Kötter, Marius Kursawe: Design Your Life. Dein ganz persönlicher Workshop für Leben und Traumjob! Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2015.

Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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