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Deutsche Bank strafft ihr Geschäft mit Baufinanzierungen

Es ist eine Entscheidung mit Signalwirkung: Die Bank verschlankt ihr Immobiliengeschäft und reagiert damit auch auf die eingetrübten Aussichten nach der Zinswende.

Frankfurt. Die Deutsche Bank strafft ihr Geschäft mit Baufinanzierungen. Die drei Konzernmarken DSL, BHW und Deutsche Bank sollen künftig einheitlich gesteuert werden, erfuhr das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen. Dabei sollten unter anderem Prozesse harmonisiert und Doppelarbeiten reduziert werden.

Durch die Neuaufstellung würden im Baufinanzierungsgeschäft mehrere hundert Stellen wegfallen, sagten mit dem Thema vertraute Personen. Der Abbau solle im Wesentlichen durch natürliche Fluktuation und die Verlagerung von Beschäftigten in andere Bereiche der Bank erfolgen.

Details müssten noch in Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern festgelegt werden, heißt es in Unternehmenskreisen. Insgesamt beschäftige die deutsche Privatkundensparte des Instituts aktuell gut 17.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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Ein Sprecher von Deutschlands größtem Geldhaus bestätigte die Umbaupläne im Grundsatz. „Digitalisierung, Zinswende und Inflation haben den Baufinanzierungsmarkt grundlegend verändert“, sagte er. „Daher haben wir unsere Baufinanzierungsstrategie weiterentwickelt und werden unser Geschäftsfeld effizienter, schneller und damit auch kostengünstiger aufstellen.“

Die Deutsche Bank hatte Ende vergangenen Jahres Wohnimmobilienkredite in Höhe von 182 Milliarden Euro ausgegeben – den Großteil davon an Privatkunden in der Bundesrepublik. Sie zählt damit zu den größten Baufinanzierern des Landes. Ihre Entscheidung, dieses Geschäft zu straffen, dürfte Signalwirkung für den gesamten Sektor haben.

Projekt „One Baufi“ geht in nächste Phase

Auch andere Geldhäuser stellen sich schließlich auf dauerhaft schwächere Geschäfte bei der Finanzierung von Wohnimmobilien ein. Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp sagte Ende Mai auf der Hauptversammlung des Instituts, sie gehe „für die kommenden Monate und Jahre von einem Baufinanzierungsmarkt aus, der im Volumen unter den in der Vergangenheit gesehenen Niveaus liegen wird“.

Die Deutsche Bank will bei der Neuaufstellung der Baufinanzierung Konzernkreisen zufolge auch die Zahl der Führungskräfte reduzieren. Darüber hinaus sollen mehrere Verwaltungsstandorte geschlossen werden. Im Vertrieb seien dagegen keine Einschnitte vorgesehen. Manche hoffen sogar, dass die Bank ihren Kunden nach dem Umbau bessere Konditionen anbieten kann.

Das Frankfurter Geldhaus hat das Umbauprojekt, das intern den Namen „One Baufi“ trägt, Insidern zufolge bereits 2021 begonnen. Zunächst habe dabei die technische Integration der drei Marken im Vordergrund gestanden. Die Schaffung schlankerer Prozesse und einer einheitlichen Führungsstruktur sei nun der nächste Schritt.

Die Deutsche Bank reagiert mit der Straffung des Geschäftsbereichs Insidern zufolge jedoch auch auf die eingetrübten Marktaussichten bei Baufinanzierungen nach der Zinswende. In Deutschland ist das Neugeschäft in den ersten vier Monaten des Jahres laut Bundesbank-Daten um 50 Prozent eingebrochen.

Grund dafür sind die gestiegenen Bauzinsen, höhere Materialpreise und die allgemeine Unsicherheit, unter anderem wegen des Kriegs in der Ukraine. Zudem sind die Immobilienpreise bisher nur leicht gesunken – und viele Wohnhäuser müssen noch energetisch saniert werden.

Baufinanzierung wird für Banken unattraktiver

Neben der sinkenden Nachfrage machen den Banken auch die sinkenden Gewinnmargen im Baufinanzierungsgeschäft zu schaffen. Laut der Beratungsgesellschaft PwC fielen die Bruttomargen 2022 auf den niedrigsten Wert seit zehn Jahren – und sie dürften 2023 weiter sinken.

„Insgesamt wird die Baufinanzierung zumindest temporär unattraktiver“, sagt PwC-Partner Tomas Rederer. Einige Baufinanzierungen erfüllen deshalb aus Sicht von Experten nicht mehr die Renditeansprüche der Deutschen Bank.

Das Institut hatte Ende April als erste Großbank in Deutschland angekündigt, dass sie künftig weniger Hypothekenkredite vergeben will. Laut dem Sprecher des Instituts spielen dabei auch die gestiegenen regulatorischen Eigenkapitalanforderungen eine Rolle. Die Deutsche Bank werde „die Vergabe von Immobilienfinanzierungen deshalb „künftig etwas selektiver steuern“.

Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp - (Foto: IMAGO/STAR-MEDIA)
Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp - (Foto: IMAGO/STAR-MEDIA)

Nichtsdestotrotz bleibe die Baufinanzierung ein wichtiges Geschäftsfeld der Privatkundensparte in Deutschland, sagte der Sprecher. Künftig werde das Geschäft aber kleinteiliger ausfallen. „Wir werden weniger großvolumige Neubauvorhaben, aber dafür deutlich mehr kleinere Finanzierungssummen für energetische Sanierungen sehen“, sagte er. „Das ist der Zukunftsmarkt, den wir noch stärker erschließen wollen.“

Wegen des geplanten Heizungsgesetzes der Bundesregierung müssen viele Immobilien in Deutschland energetisch saniert werden. Um die höchste Energieeffizienzklasse zu erreichen, müssten alleine die Wohnimmobilienkunden der Deutschen Bank dafür 80 Milliarden Euro für Renovierungsarbeiten aufwenden, schätzt das Institut. Gleichzeitig warnte die Bank kürzlich in einem Whitepaper, dass jeder dritte Kunde nicht genügend Rücklagen für eine solche Sanierung habe.

Manager anderer Geldhäuser sehen dieses Problem ebenfalls. Sie weisen zudem darauf hin, dass wegen der erwarteten hohen Sanierungskosten der Wert vieler Immobilien gesunken sei. Kredite, bei denen die Immobilie als Sicherheit hinterlegt werde, fielen deshalb niedriger aus als in der Vergangenheit.

Deutsche Bank hat rund eine Million Bestandskunden

Bei der energetischen Sanierung hat die Deutsche Bank Unternehmenskreisen zufolge vor allem ihre rund eine Million Bestandskunden im Blick, die bereits eine Baufinanzierungen bei ihr abgeschlossen haben.

Dass das Institut in dem Geschäft über drei verschiedene Marken verfügt, hat historische Gründe. Die DSL Bank, die Immobilienfinanzierungen über Drittpartner wie freie Finanzmakler vertreibt, wurde 2000 von der Postbank übernommen. Fünf Jahre später kaufte die Postbank auch noch die Bausparkasse BHW.

Nach der Fusion von Postbank und Deutscher Bank wurde die BHW 2019 mit der DB Bauspar AG zusammengelegt. Die BHW fungiert seitdem als Bausparkasse für den gesamten Deutsche-Bank-Konzern. Darüber hinaus kümmert sie sich auch um andere Immobilienfinanzierungen für Kunden der Postbank.

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