Die Baupleiten kehren zurück
Erst erwischte es Immobilienentwickler, jetzt sind Bauunternehmen und Baudienstleister dran. Große Anbieter wanken, einzelne Unternehmen – wie die Gerüstbaugruppe Building Partners Group – gehen in die Insolvenz.
Als „Systempartner in allen Fragen rundum Gerüstbau, Baulogistik und Container-Vermietung“, präsentiert sich die BPG Building Partners Group im Internet. Der Dienstleister bietet in Ballungsräumen und bei Großprojekten all das an, was es braucht, um eine Baustelle zu bewirtschaften: Von A wie Absperrung bis Z wie Zutrittskontrolle, dazu Gerüstsysteme, Bauaufzüge, Stromanlagen und Container. Noch vor wenigen Jahren schien das ein aussichtsreiches Geschäft zu sein, meinten zumindest die Manager des Finanzinvestors Aurelius – und investierten. Doch momentan lässt sich mit Baudienstleistungen kein Geld verdienen – und so hat BGP-Gruppe mit insgesamt sieben Unternehmen am Mittwoch beim Amtsgericht Potsdam Insolvenz angemeldet.
Als vorläufigen Insolvenzverwalter setzte das Gericht den Juristen Lucas Flöther ein, der spätestens seit der Pleite von Air Berlin zu den bekanntesten Insolvenzverwaltern des Landes zählt. Er will sich mit seinem Team nun einen Überblick verschaffen und versuchen, „den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren“, sagte Flöther der WirtschaftsWoche.
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Holzpreise fallen auf Rekordtief
Einfach wird das nicht: Die Baukonjunktur lahmt, die Auftragslage gilt branchenweit als angespannt. Und nachdem in den vergangenen Monaten bereits zahlreiche Immobilienprojektentwickler in Schwierigkeiten geraten sind, schlägt die Krise nun auf Baubetriebe, deren Zulieferer und Dienstleister durch.
So leidet die Baubranche derzeit vor allem unter der Zurückhaltung von kommerziellen und privaten Investoren am Wohnungsbau. Denn trotz der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank schrecken hohe Baukosten, teure Materialien und hohe Bauzinsen viele ab. Die deutsche Bauindustrie rechnet deshalb für 2024 mit dem Wegfall von 10.000 Arbeitsplätzen und vier Prozent weniger Umsatz.
Das wirkt sich bereits auf die Pleitezahlen der Branche aus. Nach einer Studie der Wirtschaftsauskunftei Creditreform stieg das Insolvenzaufkommen im Baugewerbe im ersten Halbjahr 2024 um 27,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, Felix Pakleppa, sagte zu den Zahlen: „Die deutliche Zunahme der Insolvenzen im Bauhauptgewerbe ist besorgniserregend und vor allem auf die katastrophale Lage im Wohnungsbau zurückzuführen.“ Genehmigungs- und Auftragszahlen seien dort stark eingebrochen.
So wurden im vergangenen Jahr nach bisherigen Angaben nur etwa rund 245.000 Wohnungen fertiggestellt, deutlich weniger als das von der Bundesregierung gesetzte Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. „Auch für dieses und nächstes Jahr dürften sich daran wenig ändern. Ich fürchte, dass sich die Pleitewelle in der Folge erst in diesem Jahr richtig zeigen wird“, sagt Michael Karrenberg vom Warenkreditversicherer Atradius.
Denn: Unter der sinkenden Nachfrage würden auch nachgelagerte Branchen wie Baustoffhändler, Küchenbauer, Handwerker oder Sanitäranlagenhersteller mit einer gewissen Zeitverzögerung leiden. Auch bei einzelnen Holzproduzenten und -verarbeitern, die stark im Baugeschäft engagiert sind, könnte es Probleme geben. Erst Anfang Juli sind die globalen Holzpreise auf ein Rekordtief gefallen.
Heikel ist die Lage aber vor allem für Unternehmen, die mit hohen Schulden kämpfen. So musste die Deutsche Steinzeug Cremer & Breuer AG, der größte deutsche Baukeramik-Hersteller, bereits im Februar ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung starten. Immerhin: Dem Sanierungsteam um Detlev Specovius und Michael Böhner von Schultze & Braun sowie Sachwalter Biner Bähr von White & Case gelang es vor Kurzem, einen Investor zu finden – und rund 700 Arbeitsplätze zu erhalten.
Ob eine solche Investorenlösung auch beim Gerüstbauer BPG Building Partners Group möglich ist, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.
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