Die drei wichtigsten Trends im Transport- und Mobilitätssektor
Als Futurist sehe ich, dass in vielen Branchen ein ungeheurer Wandel stattfindet. Der Transportsektor ist ein perfektes Beispiel für eine Industrie, die sich mit rapiden Veränderungen infolge von technologischen Neuerungen und Kundenerwartungen auseinandersetzen muss. Dieser Transformationsprozess wird vor allem von drei Megatrends getrieben: Elektrifizierung, Automatisierung und Mobilität als Dienstleistung.
Diese drei Entwicklungslinien sind jedoch nicht auf den Personentransport beschränkt. Auch der Gütertransport wird sich neu ausrichten müssen. Deshalb wird sich der rasante Wandel im Transportwesen auf die meisten Unternehmen auswirken, unabhängig von der Branche. Vor allem Unternehmen mit Lieferketten, die vom Gütertransport abhängig sind, täten gut daran, diese drei Trends im Blick zu behalten.
1. Trend: Elektrifizierung
Es ist bekannt, dass die Beförderung von Frachtgut und Passagieren eine der Hauptursachen der Treibhausgasemissionen ist. In den USA trägt der Transportsektor mit etwa 28 Prozent zum gesamten Treibeffekt bei. Die Emissionen sind weitgehend auf die Nutzung fossiler Brennstoffe (insbesondere Benzin und Dieselkraftstoff) zurückzuführen, die für den Antrieb von PKWs, LKWs, Schiffe, Flugzeuge und Züge verwendet werden. Der Umwelt zuliebe sollten wir so schnell wie möglich auf grünere Fortbewegungsmittel umsteigen – und hier kommt die Elektrifizierung ins Spiel.
Elektrofahrzeuge (E-Autos) scheinen den Kipppunkt erreicht zu haben. 2020 machten sie nur 6 Prozent des weltweiten Fahrzeugverkaufs aus; Experten schätzen, dass sich der Anteil bis 2025 auf 13 Prozent und bis 2030 auf 22 Prozent erhöhen könnte. Im Lauf der Zeit werden striktere nationale Emissionsgesetze, zunehmende Bevölkerungsdichte in den städtischen Ballungsräumen, Verbesserungen der Ladeinfrastruktur und die sinkenden Kosten der Lithium-Ionen-Akkus, die Elektrofahrzeuge mit Energie versorgen (seit 2010 bereits um 80 Prozent niedriger) dazu beitragen, eine breitgefächerte Akzeptanz und Einführung von Elektrofahrzeugen zu fördern.
Und nicht nur PKWs werden elektrisch:
Der indische Mitfahrdienst Ola hat massiv in E-Mobilität investiert. Die E-Roller-Fabrik des Unternehmens in Indien hat die Produktion auf 10 Millionen elektrische Zweiräder pro Jahr hochgefahren und sich damit als weltweit größte Produktionsstätte für E-Roller etabliert.
Unternehmen wie Daimler investieren in die Elektro-LKW-Technologie. 2022 sollen beispielsweise die beiden E-Trucks eCascadia mit einer Reichweite bis zu 400 Kilometern und aM2-Truck mit einer Reichweite von rund 370 Kilometern in Produktion gehen.
Norwegen betreibt seit 2015 elektrische Autofähren und zielt nun die auf eine rein elektrische Fähren-Flotte bis 2033 ab.
2. Trend: Autonome, vernetzte Fahrzeuge
Autonome Fahrzeuge bieten eine schier unglaubliche Chance, den Personen- und Güterverkehr zu revolutionieren, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und Stausituationen vorzubeugen. Sie könnten sogar das Städtebild verändern – riesige Parkplätze wären ein Relikt der Vergangenheit, wenn fahrerlose Vehikel imstande sein werden, uns an unserem Zielort abzusetzen und später wieder abzuholen.
Eine solche Zukunftsversion ist ein großer Wurf, aber wie ist der aktuelle Entwicklungsstand bei der Produktion und Einführung autonomer Fahrzeuge in den Regelbetrieb? Hier ein kurzer Überblick:
Elon Musk kündigte an, dass die autonome Fahrzeugtechnologie von Tesla bis Ende 2021 imstande sein wird, ein Fahrsystem mit Level 5 auf den Markt zu bringen, das alle Aufgaben des Fahrers in gleich welcher Situation selbstständig verrichten kann. Die Repräsentanten des Tesla-Unternehmens erklärten jedoch später, Musk habe ein wenig übertrieben und man könne nicht garantieren, dass dieser Meilenstein der Entwicklung im genannten Zeitrahmen erreicht sein wird.
Viele andere Autohersteller arbeiten daran, im Verlauf der kommenden Jahre den Automatisierungsgrad Level 4 zu erreichen – einen autonomen Modus, bei dem das System die Führung in bestimmten Situationen, die es nicht mehr bewältigen kann, an den Fahrer abgibt.
Fahrerlose Taxis sind in einigen Teilen der Welt bereits eine Realität. Waymo, eine Tochter der börsennotierten US-amerikanischen Holding Alphabet, nahm 2020 das erste Robo-Taxi für die breite Öffentlichkeit in Betrieb. In China hatte AutoX mit seinen ersten selbstfahrenden Prototypen Anfang 2021 Premiere.
Was den Frachtverkehr betrifft, so haben sich mehrere Unternehmen zusammengeschlossen, um autonome LKWs zu entwickeln, beispielsweise das asiatisch-amerikanische Startup TuSimple; gemeinsam mit UPS werden die E-Trucks des Unternehmens in Arizona und Texas getestet. Derzeit befindet sich noch ein Fahrer an Bord, der bereit ist, jederzeit die Führung zu übernehmen, doch es war geplant, die ersten Tests mit völlig fahrerlosen LKWs 2021 durchzuführen und 2024 mit dem Verkauf zu beginnen.
3. Trend: Mobilität als Dienstleisung
Die verstärkte Fokussierung der Angebotspalette eines Unternehmens auf seine Serviceleistungen wird sich auf alle Branchen auswirken, und der Mobilitätssektor stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Da immer mehr Menschen in dicht besiedelten Megastädten leben und die Sorge über die Klimakrise wächst, sind die Tage gezählt, in denen jeder ein eigenes Auto besitzt und fährt. Dazu kommt, dass der Personentransport mit der Ankunft von Fahrdiensten wie Uber oder Didi Chuxing wesentlich komplexer und vielschichtiger geworden ist als das traditionelle Privatbesitz-Modell.
Darüber schreibt man den Mobility-as-a-Sercice-Anbietern (MaaS) ein großes Wachstumspotenzial zu. MaaS könnte man auch als bedarfsgerechte Mobilität bezeichnen. Ein Unternehmen wie Uber ließe sich rein technisch in diese Kategorie einordnen, doch die MaaS-Anbieter haben mehrere Mobilitätsoptionen in ihrem Portfolio, die mit einem einzigen Bezahlkanal und Interface für ihre Kunden verbunden sind. Bei einem MaaS-Anbieter könnte man beispielsweise stundenweise ein Auto mieten, später am Tag für den Stadtverkehr auf einen E-Roller umsteigen und am Ende des Tages mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fahren – alles auf einer Plattform. Das Schlüsselkonzept ist nicht der Besitz eines Transportmittels, sondern vielmehr der nahtlose Zugang zur Mobilität. Es wäre durchaus denkbar, dass die Mehrzahl der Stadtbewohner in Zukunft überhaupt kein Auto mehr braucht.
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