Die einzige Frau im Raum – und die nervöse Männerwelt
Es gibt nur einen Ort auf der Welt, wo Frauen an der Toilette nicht Schlange stehen müssen: Die Chefetage. Was unzählige Studien zeigen, ist mein gelebter Alltag als junge Geschäftsführerin. Und obwohl hier noch so einiges zu tun ist, beobachte ich auch positive Entwicklungen.
Ein chauvinistischer Boys Club?
Die Debatte über die geringe Anzahl weiblicher Führungskräfte wird heiß geführt. Oft entsteht der Eindruck, dass die Chefetagen Deutschlands ein eingeschworener Boys Club sind, der alles daran setzt, unter sich zu bleiben. Und in den Diskussionen geht es oft um Macht. Aber seien wir ehrlich: Nicht jeder Mann in der Chefetage ist ein chauvinistisches A****loch. Klar, solche Typen gibt es – schauen Sie sich mal die Dating-Coaches für Alpha-Männer an. Awkward! Doch von den hunderten von männlichen Führungskräften, die ich in den letzten Jahren getroffen habe, passt nur eine Handvoll in diese Schublade. Die meisten sind respektvoll, reflektiert – und zunehmend unsicher.
„Ich will doch niemanden verletzen“
„Johanna, ich weiß echt nicht mehr, wie ich mich Frauen gegenüber im Job verhalten soll.“ Diesen Satz habe ich im letzten Jahr gefühlt tausendmal gehört. Und zu einem gewissen Punkt kann ich das verstehen. Diese Unsicherheit spüre ich nämlich auch in mir selbst, wenn ich in einer schwierigen Situation stecke. Über den sexistischen Witz hinwegsehen oder ihn ansprechen? In der hitzigen Diskussion gegenhalten oder mir lieber ein neues Getränk holen und den Platz wechseln?
Unangenehm ist das für alle
Besonders unangenehm wird es, wenn ich mit anderen Geschäftsführern auf einer Veranstaltung stehe und jemand einen grenzwertigen Witz reißt. Erst lachen alle. Dann realisiert man(n) plötzlich: Ups, da steht ja eine Frau in der Runde. Und alle Blicke wandern zu mir. Auf einmal liegt es an mir, zu entscheiden: War das noch lustig oder schon komplett daneben? Diese Situationen sind für alle unangenehm. Für mich, weil ich abwägen muss, wie ich reagiere. Für die Männer, weil sie plötzlich realisieren, dass sie im Jahr 2024 sind – und nicht Anno 1804!
Debatten über Gleichberechtigung machen keinen Spaß. Aber sie sind wichtig. Und ich betrachte diese Unsicherheit der Männer als Zeichen von Fortschritt. Es ist eine Art Zwischenschritt: Früher waren diese Situationen nur für Frauen unangenehm. Jetzt ist es für Männer genauso unangenehm. Eine ironische Form der Gleichberechtigung, die hoffentlich bald ebenfalls der Vergangenheit angehört. Im nächsten Schritt müssen wir einfach dafür sorgen, dass es für alle Seiten angenehm ist, beisammen zu sein.
Kann doch nicht so schwer sein!
Das gelingt, indem keine dummen Witze auf Kosten von Frauen gemacht werden. Basta! Ist gar nicht schwer. Es gibt andere Arten, witzig zu sein. Und wer das nicht hinbekommt, ist keine gute Führungskraft – und zum Glück ein Auslaufmodell. Und weil ich nun mal eine unverbesserliche Optimistin bin und an das Gute im Menschen glaube, sage ich: Wir werden es schaffen, eine Welt zu kreieren, in der sich alle Menschen akzeptiert und wohl fühlen. Aber wir müssen anfangen, darüber zu reden und Schritt für Schritt unser Zusammenleben zu gestalten. Also los jetzt: Packen wir’s an!
Wir seht ihr das?
Was lasst ihr euch als Frau in Führungspositionen gefallen – und wo zieht ihr klare Grenzen? Und an die Männer: Wie reagiert ihr, wenn jemand in der Runde grenzwertige Sprüche klopft? Hosen runter! Ich freue mich auf eure Antworten.