Bert Martin Ohnemüller

Die Formel in der Dekade der Menschlichkeit: Freude - Wahrheit – Erfolg

Bert M. Ohnemüller ist High Performance Business Coach, gefragter Keynote-Speaker und Autor mit über drei Jahrzehnten Führungserfahrung. Sein Buch LEAD SPEAK INSPIRE ist eine Quelle der Inspiration für die „Dekade der Menschlichkeit“.

Menschlichkeit ist kein romantisches oder gar esoterisches Konzept, ganz im Gegenteil: Menschlichkeit bedeutet, den Menschen und sich selbst zu verstehen. Wie denken wir, wie fühlen wir? Und vor allem: Warum verhalten wir uns so, wie wir uns verhalten? Nur wer den Menschen versteht, kann das volle Potential entfalten. In meiner Arbeit verbinde ich deshalb die Erkenntnisse aus Hirnforschung, Evolutionsbiologie und positiver Psychologie mit mehr als dreißig Jahren unternehmerischer Erfahrung. Meine persönliche Beobachtung zeigt mir, dass Business immer mit Menschen zu tun hat, und die Qualität meines Geschäftes wird maßgeblich von der Qualität meiner Beziehungen bestimmt. Die wichtigste Bezugsperson ist und bleibt allerdings der Mensch, der uns im Spiegel begegnet.

Dauerhaft betriebswirtschaftlicher Erfolg braucht Werte und Kultur. Sie bindet auch die Menschen an Unternehmen, weil sie stolz sind und hinter den Werten des Unternehmens stehen, weil sie sich zugehörig fühlen … nur dann entsteht ehrliche und dauerhafte Loyalität.

Sie ist mein persönlicher Traum von einer Welt, in der die Menschen das, was sie tun, gerne und mit Leidenschaft tun. Es ist die Vorstellung von einer Welt, in der Unternehmen Vorbilder sind für die Gesellschaft: eine werte-orientierte Welt.

Meinen Studierenden sage ich immer: "Tauscht nicht Leben gegen Geld. Das werdet ihr möglicherweise nicht gesund überleben. Tauscht Leben gegen Sinn, und dann wird sich der Erfolg als Folge dessen einstellen. Was immer Erfolg für jeden Einzelnen heißen mag. Erfolg ist, wie der Begriff schon sagt, eben immer eine Folgeerscheinung. Im geschäftlichen Kontext bedeutet das, das wir gefordert sind Sinn zu liefern, wenn wir Leistung erwarten. Und dieser Sinn muss nach Frankl gefunden werden. Ich vergleiche das gerne mit der Idee einer großen Vision, eine Vorstellung von einer besseren Zukunft, einem besseren Weg. Wir Menschen brauchen etwas, das stärker ist als die Angst vor Veränderung. Eine emotionale Kraft, die uns bewegt, die uns Zuversicht liefert und die uns über uns selbst hinauswachsen lässt. Und diese Kraft finden wir in dem, was wir gerne tun und einen größeren Sinn darin erkennen.

Viktor Frankl und seine Arbeit begegneten mir zum ersten Mal vor rund 20 Jahren. Sein Buch "Trotzdem JA zum Leben sagen" hat mich sehr nachhaltig berührt. War ich doch immer ein wenig ein Meister im Jammern - so wurde ich durch Frankls Gedanken und Erlebnisse sehr intensiv zur Selbstreflexion eingeladen, und mein Blick auf das Leben hat sich dadurch definitiv verändert.

Ich liebe diesen Satz und die Idee dahinter. Simon Sinek, der britisch amerikanische Leadership-Experte, hat diesen Gedanken in seiner berühmten TED Speech "Start with WHY" 2009 zu neuem Glanz und Aktualität verholfen. 62 Millionen Mal wurde dieses Video angeklickt. Ist das nicht einfach verrückt? Und zeigt es uns nicht die Genialität von Nietzsches Gedanken? Ich kann es aus meiner persönlichen Lebenserfahrung zu 100 Prozent bestätigen: Wenn wir kein Warum haben, hören wir irgendwann auf, weil wir in dem, was wir tun, einfach zu wenig oder keinen Sinn sehen. Für mich ist das ein wenig wie sich zu verlieben: Wenn wir im Honeymoon sind, ist (fast) alles möglich - wir finden Wege, auch wenn wir sie nicht sehen. Was wäre das für eine Welt, wenn Menschen das tun würden (und könnten), was sie gerne tun?

"Vor den Erfolg haben die Götter die Freude gesetzt" nenne ich das einmal frei zitiert. Die Freude ist genau die Energie, die uns in einem positiven biochemischen Zustand versetzt - unser Wahrnehmungssystem orientiert sich "vom Glas halbleer zum Glas halbvoll" Wir spüren die Kraft der Zuversicht. Jeder Mensch bekommt bei der Geburt ein wunderbares Navigationssystem ohne Aufpreis mitgeliefert. Ich nenne es das EPS (das Emotionale Positionierung System). Die Kompassnadel dieses Navigationssystems orientiert sich nicht nach Geografie, sondern nach der Emotion der Freude. Wo sie für jeden Einzelnen liegt, ist auch die Wahrheit für jeden Einzelnen, und hinter der Wahrheit liegt der Erfolg. Freude - Wahrheit - Erfolg ist eine wunderbare Formel in der Dekade der Menschlichkeit.

Sie kann nur gelingen, wenn es mir selbst gelingt, meine Sicht auf die Welt zu verändern. Nur wenn wir in der Lage sind, anders auf die Dinge zu schauen, verändern sich die Dinge. Es ist eine Einladung zum Perspektivwechsel. Eine offene Welt beginnt immer mit einem offenen Geist und einem offenen Herzen. Darüber hinaus braucht es Geduld und ganz viele kleine Schritte, die wir kontinuierlich gehen. Unser Hirn liebt Wiederholungen, und alte Glaubenssätze lassen sich leider nicht ganz schnell über Bord werfen. Neue Sichtweisen, neues Erleben, und die Freude an der Veränderung wären aus meiner Sicht schon recht gute Zutaten.

Ich verweise hier gern auf meine "3-StufenPflege":

1. Wahrnehmen: Wir können nur das verändern, was wir wahrnehmen. Wie geht es mir? Wie fühle ich mich? Warum tue ich, was ich tue?

2. Entscheiden: Wir brauchen die eindeutige und bestimmte Entscheidung, ob wir so weiter machen wie bisher, oder ob wir etwas ändern wollen.

3. Handeln (der wichtigste Aspekt): Nur wenn wir tatsächlich ins Tun kommen, erreichen wir die Grundlage der Verhaltensveränderung. Der Welt mangelt es nicht an Erkenntnis. Es mangelt ihr am mutigen Handeln.

Das frage ich mich auch immer wieder. Meine Gene? Meine Überzeugung, dass es immer einen besseren Weg gibt. Mein Glaube, dass ich nicht alleine bin, und dass wir alle dazu berufen sind, unsere Berufung zu finden und vielleicht einen ganz kleinen Beitrag dazu leisten können, die Welt in einem besseren Zustand zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Ein Satz hat mich schon ein wenig geprägt: "Der Optimist bekommt das, was er sich wünscht, und der Pessimist das, was er befürchtet. Also bleibe ich lieber Optimist. Und last but not least habe ich von ROCKY gelernt, dass am Boden liegenbleiben keine Option ist.

In erster Linie geht es darum, den Menschen und sich selbst besser zu verstehen: Was brauchen Menschen? Was bringt sie zum Wachsen? (Fast) jeder Mensch möchte einen Beitrag leisten - Führung beginnt immer bei der Selbstführung. Wir brauchen immer andere Menschen, um unser volles Potential zu entfalten, und die Gruppe ist immer erfolgreicher als der Einzelne - sie kann die Schwächen kompensieren und die Stärken verstärken. Unternehmenserfolg ist singstiftend und menschlich - werteorientiert und nachhaltig.

Menschen wollen in erster Linie gehört und gesehen werden! Im unternehmerischen Kontext bedeutet das, dass jeder Mitarbeitende von irgendjemanden Sohn oder Tochter ist. Im Unternehmen sind diese Menschen die "Kinder" - fragen wir uns genau in diesem Moment, was sie brauchen. Dazu können alle Begriffe aufgeschrieben werden. Ein Blick auf die Stichwortliste zeigt schließlich, dass die meisten Dinge, die hier formuliert wurden, zu fast 100 Prozent auf die Mitarbeitenden zutrifft. Meine Empfehlung an dieser Stelle ist, ab heute mit dem Konzept des LBWA (Leadership by Walking around) zu beginnen.

Handel ist und bleibt die Begegnung von Menschen und eben nicht nur die Bereitstellung von Ware. Viele Handelsunternehmen, die das versäumt haben, sind heute in großen Schwierigkeiten. Als wir mit neuromerchandising® vor mehr als 13 Jahren begonnen haben, waren wir mitten in einer "Dekade der Qualität" - viele Geschäfte haben große quantitative Sprünge in Bezug auf die Sortimente, den Ladenbau, die Atmosphäre bis hin zu multisensorischen Konzepten gemacht. Schöne Läden können heute viele, insbesondere auch die Discounter - also frage ich mich, wie wollen wir uns zukünftig differenzieren? Ich behaupte über die Menschen im Geschäft - wir stehen aus meiner Sicht vor einer großen Transformation vom CX zum EX - von der Customer Experience zur Employee Experience. Keine Kundin fühlt sich in einem Geschäft wohl, in dem sich die Mitarbeitenden nicht wohl fühlen - die neue Formel in der Dekade der Menschlichkeit heißt: Glückliche Mitarbeitende machen glückliche Kunden - und die machen glückliche Chefs.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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