Die Klimawährung ECO von A bis Z: Interview mit Angela Hanson
Bevor sich Angela Hanson dem Klimaschutz verschrieb, war sie als Produktmanagerin tätig. Im Jahr 2020 entwickelte sie gemeinsam mit ihrem Mann Jens Hanson das »Modell der Klimawährung ECO« und gründete mit ihm die Non-Profit Organisation für nachhaltige Ökonomie SaveClimate.Earth. Heute ist sie dort als Director of Climate Action tätig und berät zu Personal Carbon Trading und zur Klimawährung ECO als nachhaltiges Wirtschaftssystem. Seit 2021 ist Angela Hanson von der Europäischen Kommission als EU-Klimapakt-Botschafterin zertifiziert.
Das Alternative Klimakonzept basiert auf dem Prinzip des Personal Carbon Tradings, also der Idee, allen Bürgern ein persönliches, handelbares Emissionsbudget zur Verfügung zu stellen. Es wird ihnen kostenlos und in gleicher Höhe monatlich ausgezahlt, um damit ausschließlich den individuellen fossilen Konsum zu begleichen. Durch den ECO erhält alles ein zusätzliches Preisschild in dieser Währung, das den CO2-Fußabdruck transparent abbildet. Auf diese Weise können wir die Klimaschädlichkeit der Dinge miteinander vergleichen und uns proaktiv für die klimafreundlichere Variante entscheiden. Wir belohnen also die Unternehmen, die bereits grüner produzieren und üben dadurch automatisch den notwendigen Handlungsdruck auf die Mitbewerber aus, nachzuziehen. Auf diese Weise wird sich die Industrie, intrinsisch motiviert, schneller defossilisieren und uns Verbrauchern klimafreundliche Konsum- und Mobilitätsalternativen in ausreichender Menge zur Verfügung stellen. Die persönlichen Budgets definieren dabei die ökologischen Leitplanken innerhalb derer wir uns frei bewegen können und selbst entscheiden WIE wir Klimaschutz in unser Leben integrieren und nicht ob. Fingerpointing und Flugscham würden der Vergangenheit angehören, ebenso ordnungsrechtliche Verbote und Appelle an freiwilligen Individualverzicht. Stattdessen bietet der ECO größtmögliche persönliche Entscheidungsfreiheit.
Das ist vor allem für einkommensschwächere Haushalte und Bürger ärmerer Länder interessant. Sie konsumieren aufgrund ihrer geringeren Wirtschaftskraft weniger und erhalten durch den anteiligen Verkauf ihrer ECO einen direkten finanziellen Ausgleich. Das mag zunächst ungerecht klingen, wenn Reiche dadurch ihren fossilen (Über)konsum weiter bedienen können. Doch im heutigen System können sie es auch – allerdings ohne Limit! Mit dem ECO wird diesem Konsum eine wirksame Grenze nach oben gesetzt und es ist sichergestellt, dass das vereinbarte Gesamtemissionsbudget dennoch eingehalten wird. Denn das Ausgabevolumen des ECO entspricht exakt dem festgelegten Restemissionsbudget. Es können demnach nur ECO hinzugekauft werden, wenn an anderer Stelle welche zum Verkauf angeboten werden.
Damit bietet das Alternative Klimakonzept in Form der Klimawährung ECO einen sozialen, gerechten und vor allem effektiven Gegenvorschlag zu den aktuellen Instrumenten zur Emissionsreduktion. Nationale CO2-Steuern und der Europäische Zertifikatehandel der Industrie wären bei einer initialen Einführung des ECO auf EU-Ebene obsolet. Im Grunde stellt diese komplementäre Ressourcenwährung ein emergentes Wirtschaftsmodell dar, das sich nach marktwirtschaftlichen Mechanismen weitestgehend selbst reguliert. Es ist ein autonom wirkendes Emissionsmanagementsystem, das kleinteilige bzw. sektorale ordnungsrechtliche Maßnahmen überflüssig macht. Es stellt dem systemischen Problem Klimawandel eine ebenfalls systemische Lösung entgegen, die in der gleichen Größenordnung wirkt.
Um den individuellen fossilen Konsum zu begleichen, braucht es ein Klimakonto. Dieses funktioniert ähnlich wie ein Girokonto. Auf dieses Klimakonto wird das ökologische Grundeinkommen monatlich in Form des kostenlosen ECO-Guthabens eingezahlt. Jeder Einkauf, der CO2 verursacht, muss nun zusätzlich auch mit ECO bezahlt werden. Dieser Klimapreis könnte beispielsweise mit der EC-Karte eingezogen werden. Mit dieser Karte könnte sowohl das Girokonto in Euro belastet, und gleichzeitig der ECO-Preis vom Klimakonto eingezogen werden.
Menschen, die keine EC-Karte haben, oder es bevorzugen mit Bargeld zu bezahlen, können dies auch weiterhin tun. Sie erhalten bei Bedarf eine separate Klimabank-Checkkarte, mit der bei einem Barkauf die fälligen ECO abgebucht werden. Der ECO soll aus Gründen der besseren Handhabbarkeit eine bargeldlose, rein elektronische Ressourcenwährung sein, denn wer möchte schon gerne zwei Portemonnaies mit sich führen. Das Thema Datenschutz und Datensparsamkeit ist vielen Menschen zurecht wichtig. Deshalb werden beim Bezahlen mit dem ECO lediglich Beträge verbucht, jedoch niemals Details über die Art meiner Einkäufe.
Die Ausgabemenge des ECO richtet sich nach dem noch verbleibenden Gesamtemissionsbudget. Dieses wird zyklisch durch ein multinationales wissenschaftliches Expertenkomitee ermittelt und in gleicher Höhe auf alle Bürger der teilnehmenden Länder (Ressourcen-Währungsunion) umgelegt. Durch die flexible Steuerbarkeit des Systems wird das Emissionsminderungsziel, auch bei sich verändernden Rahmenbedingungen, immer genau erreicht. Um die Einführungsphase der Ressourcenwährung sanfter zu gestalten, könnte man für eine gewisse Übergangszeit über eine Ausweitung (Überschwingen) des ECO-Budgets diskutieren. Allerdings müsste dieses Mehr an Emissionen, zu einem späteren Zeitpunkt wieder konsequent eingespart werden (Einschwingen auf das Soll-Level). Unternehmen haben übrigens kein eigenes ECO-Kontingent. Für sie ist der ECO lediglich ein durchlaufender buchhalterischer Posten.
Die EU hat sich verpflichtet, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden. Die Einführung der Klimawährung ECO würde diese Ziele gewährleisten, da sie eine effektive und verbindliche Reduktion der Emissionen garantiert. Der Klimawandel ist ein globales und multikausales Problem. Wir können ihn nicht mit Einzelregelungen bekämpfen, sondern brauchen einen skalierbaren Handlungsrahmen, der es uns erlaubt, auf ökologische Herausforderungen zügig und angemessen zu reagieren. Die EU als initiale Startinstanz mit 450 Millionen Bürgern und einer relevanten Wirtschaftskraft hätte den notwendigen Impact um mittelfristig auch andere Länder mitzuziehen.
Gerade für Unternehmen könnte die Klimawährung ECO von großer Bedeutung sein, da sie Transparenz, der bei der Wertschöpfung angefallener Emissionen, in den Vordergrund stellt. Überdies müssten Unternehmen Ihre aufwendigen und damit teuren Scope Bilanzierungen nicht mehr selbst durchführen, sondern profitierten von der autonomen und interpretationsfreien CO2-Bilanzierung durch die ECO-Preisbildung. Dies fördert nicht nur nachhaltige Produktionsmethoden, sondern schafft auch einen Wettbewerbsvorteil für Unternehmen, die bereits klimafreundlich agieren. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Klimawährung ECO nicht nur ein Instrument zur zuverlässigen Emissionsreduktion ist, sondern auch eine Chance für Unternehmen, sich im Markt als nachhaltige und verantwortungsbewusste Akteure zu positionieren.
Mit der komplementären Ressourcenwährung ECO wird Klimaschutz vom monetären Geldsystem entkoppelt und über persönliche, handelbare Emissionsbudgets gesteuert. Denn Geld ist prinzipiell grenzenlos verfügbar und somit ungeeignet eine begrenzte Ressource, wie die Atmosphäre, abzubilden. (Zur Info: Seit Einführung des Euro hat sich die Geldmenge bereits vervierfacht!) Die Klimawährung ECO setzt dem begrenzten Kontingent an Emissionen, die uns noch zur Verfügung stehen, ein ebenso begrenztes Zahlungsmittel entgegen. Dadurch kann ein zuverlässiges Erreichen eines vereinbarten Emissionsziels garantiert werden, denn es gilt die vereinfachte Gleichung: Geld = Konsum = Emissionen.
Fakt ist, dass gerade die relativ wenigen Menschen der Industrienationen, den weitaus größten Teil der Weltklimagase verursachen. Mit dem Modell des ECO erhalten alle Bürger, egal aus welchem Land, das gleiche Emissionskontingent. Dadurch entsteht eine gewisse Klimagerechtigkeit. Denn Bürger der reichen Industrienationen müssen sich zusätzlich benötigtes Kontingent von anderen (z.B. Bürgern von Schwellen- und Entwicklungsländern) hinzukaufen, die es aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situationen oft nicht komplett selbst verbrauchen. Das Konzept berücksichtigt außerdem auch ein wahrscheinliches weiteres Ansteigen der Weltbevölkerung. In diesem Falle ist lediglich eine Anpassung des Quotienten erforderlich. Die vereinbarte Emissionsobergrenze bleibt davon unberührt. Denn anders als beim ungezügelten Geldmarkt ist das zur Verfügung stehende Emissionsbudget fix und nicht inflationär ausweitbar.
Greenwashing ist nicht nur unehrlich, sondern auch schädlich für die Umwelt und unsere Gesellschaft indem es die wahren Probleme verschleiert und die Konsumenten täuscht. Wenn Firmen also mit geschönter Nachhaltigkeit werben, ist dies nicht nur ein Ärgernis, sondern es erschwert uns Verbrauchern überdies auch eine fundierte Entscheidung für das klimafreundlichere Produkt. Der ECO ermöglicht eine absolut transparente und manipulationssichere Auspreisung einer jeden Sache und jeder Dienstleistung mit ihrem tatsächlichen CO2-Äquivalent und schafft somit eine klare Verbindung zwischen unserem Konsum und seinen Emissionen. Denn die Klimaschädlichkeit jeder noch so kleinen im Produkt enthaltenen Schraube wird in dem zusätzlichen ökologischen Preisschild abgebildet, und dies ohne, dass externe Dienstleister all dies aufwändig, teuer und doch meist fehlerhaft bilanzieren müssten. Dieses System greift am Flaschenhals der Wertschöpfungskette an - bei der Förderung von Kohle, Öl oder Gas. Ab hier werden die enthaltenen THG-Emissionen auf jeder Rechnung als separater Posten mitgeführt - bis hin zum fertigen Produkt im Regal. Der ECO verhindert Greenwashing und gibt Verbrauchern ein unmittelbares Entscheidungskriterium bzgl. des CO2-Fußabdrucks ihres Konsums.
Es gibt viele persönliche und systembedingte Gründe. Einige davon sind zum Beispiel Partikularinteressen, Egoismus bzw. Selbstgerechtigkeit, mangelndes Engagement und auch fehlende Solidarität. Ganz oben auf der Liste steht natürlich auch die Resignation und Hilflosigkeit vor der Größe des Problems. Denn viele fragen sich zurecht „Was kann ich als Einzelner denn schon Großes tun?“ Auf systemischer Seite steht vor allem die Verflechtung von Politik und Industrie im Vordergrund, die allzu oft zur Diffusion der Verantwortung führt – und das auf allen Ebenen. Dabei kann man durchaus nachvollziehen, warum es die Politik nicht einfach hat. Würde sie tatsächlich effektiven Klimaschutz umsetzen wollen, wäre dies gleichzusetzen mit einem politischen Selbstmord. Denn grundsätzlich wollen wir ja alle Klimaschutz, doch nur solange nicht die persönliche Komfortzone davon betroffen ist oder das eigene Portemonnaie. Mittlerweile gibt es genügend Beispiele aus der Realität die zeigen, wie hilflos unsere Regierung ist, siehe die Bauernproteste oder das Drama um das Heizungsgesetz.
Auch der Industrie sollte man keinen Vorwurf machen, denn sie steht unter Wettbewerbsdruck, auch im internationalen Kontext, und scheut daher Investitionen in die Transformation. Auch produziert sie letztlich das, was wir Konsumenten nachfragen. Doch diese Wahrheit möchten viele nicht hören und schieben den schwarzen Peter lieber nach China: „Sollen die doch erstmal anfangen!“. Dabei wird vergessen, dass gerade China die Werkstatt der Welt ist und auch uns mit vielen Dingen beliefert. Ich könnte jetzt noch viele weitere Gründe aufführen, doch das würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Aber man kann sie ja im Buch nachlesen. Letztlich muss man erkennen, dass sich die Klimapolitik in einem Teufelskreis befindet aus dem sie nur herauskommen kann, wenn sie die Lösung außerhalb des Systems sucht, dass die gegenwärtigen Zustände hervorgebracht hat.
Mit den klimaschädlichen Emissionen ist es wie mit dem Wohlstand: Wir haben ein Verteilungsproblem. Beim Klimaschutz lassen sich ökologische, ökonomische und soziale Aspekte nicht voneinander trennen. Deswegen kann effektiver Klimaschutz nur umgesetzt werden, wenn all die unterschiedlichen Partikularinteressen berücksichtigt werden und das womöglich größte Bedürfnis der Menschen, nach Gerechtigkeit, gleichfalls bedient wird.
Indem Klimaschutz zwingend vom Geldsystem entkoppelt wird! Die Maßnahmen des gegenwärtigen Systems basieren maßgeblich auf Verteuerungen. Verteuerungen gehen aber immer überproportional zu Lasten einkommensschwacher Haushalte, die prinzipiell am wenigsten zur Klimakrise beitragen. Durch handelbare persönliche Emissionsbudgets nutzen wir das Steuerungspotential der großen Masse an Konsumenten und nehmen so Einfluss auf die grüne Transformation der Industrie. Durch die Möglichkeit, nicht genutzte ECO gegen Geld zu verkaufen, haben Haushalte mit einem kleineren CO2-Fußabdruck die Möglichkeit sich finanziell besser zu stellen.
Vor allem, weil die Regierung sich nicht an ihre eigenen Vorgaben hält. Ebenso äußerte sich der Expertenrat für Klimafragen (Deutschland) in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzprogramms 2023 der Bundesregierung: “Das Klimaschutzgesetz benennt als Anforderung an ein Klimaschutzprogramm das Ergreifen von Maßnahmen, die zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele führen. Aus der festgestellten Zielerreichungslücke folgt, dass das Klimaschutzprogramm 2023 nicht den Anforderungen an ein Klimaschutzprogramm gemäß Klimaschutzgesetz entspricht.” Diese Einschätzungen belegen, dass die derzeitigen klimapolitischen Maßnahmen in ihrer Wirkweise nicht ausreichend sind, um die Herausforderungen der notwendigen Emissionsreduktion zu erfüllen.
Politische Aussagen, dass wir on track seien, basieren hauptsächlich auf einer schwächelnden Wirtschaft, was letztlich (gerade jetzt mal) zu einer Minderung der Emissionen geführt hat. Dass die Maßnahmen nicht reichen, ist gar nicht mal als Vorwurf gemeint, denn neben parteitaktischen Erwägungen ist Politik immer auch an Machterhalt und Wiederwahl interessiert - man denkt vorwiegend in Legislaturperioden, und gerade in unserem demokratischen System ist eine Regierung stets auf Massenzustimmung der Bevölkerung angewiesen. Ordnungsrechtliche Verbote und Zwänge finden jedoch keine gesellschaftliche Mehrheit. Eine Regierung ist ferner massiv von einer gut funktionierenden Wirtschaft abhängig, die allerdings keine zusätzlichen Aufwände für Klimaschutz will. Denn solche Investitionen verteuern, zumindest anfänglich, inländische Produkte und reduzieren somit zunächst die Wettbewerbsfähigkeit auf dem internationalen Markt. Dies macht es sehr schwierig, zukunftsweisende, globale Entscheidungen zeitgerecht umzusetzen.
Zusammenfassend kann man sagen: Politik ist in Sachzwängen verhaftet und supportet vornehmlich ihre wirkmächtigste Klientel. Eine Regierung die wirkungsvolle Maßnahmen gegen den Klimawandel umsetzen will, begeht also automatisch politischen Selbstmord. Das macht es gerade beim Thema Klimapolitik schwierig, der Dringlichkeit der Krise entsprechend schnell und wirkungsvoll zu handeln. Viel mehr als ein Minimalkompromiss ist oft nicht zu erzielen.
In erster Linie indem deutlich mehr klimafreundliche Konsum- und Mobilitätsalternativen zur Verfügung stehen! Beschleunigt werden könnte dies durch den Druck begrenzter, persönlicher Emissionsbudgets. Denn die Industrie produziert letztlich das, was wir kaufen bzw. mit unseren begrenzten Budgets bezahlen können. Vor allem müssen klimafreundliche Dinge als solche klar gekennzeichnet sein. Doch hieran scheitert derzeit die Industrie, denn sie sieht sich vor der großen Herausforderung, die gesamtem CO2-Emissionen entlang ihrer Lieferkette zu bilanzieren. Auch hier wäre das ECO-Modell die passende Lösung, denn es macht solche aufwendigen und damit teuren Berechnungen obsolet.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Modell der Klimawährung ECO in der Lage ist, einen vereinbarten Emissionsminderungspfad zuverlässig einzuhalten. Das Novum bei diesem klimapolitischen Konzept ist, dass der Emissionshandel auf Bürgerebene verlagert und über das Ausgabevolumen einer komplementären Ressourcenwährung gesteuert wird. Die gegenwärtigen Instrumente zur Emissionsreduktion basieren maßgeblich auf Verteuerung. Daher werden solche Maßnahmen zu Recht von Vielen als ungerecht empfunden. Zudem gefährden sie die Wettbewerbsfähigkeit, auch im internationalen Kontext. Zwar ist der EU-ETS auch ein Emissionsrechtehandel, allerdings werden die Zertifikatekosten letztlich auf die Produkte aufgeschlagen. Und die CO2-Steuer? Sie verteuert die Energiekosten für Wärme und Verkehr. Ihr konzeptionelles Defizit: Es fehlt das Cap (Obergrenze)!
Darüber hinaus ist der EU-ETS mit dem Problem behaftet, dass, je stärker die Zertifikate rationiert werden bzw. sich verteuern, emissionsintensive Betriebe zunehmend bestrebt sind ihre Produktion ins Ausland zu verlagern (Carbon Leakage), wo weniger strenge Umweltauflagen gelten. Über Importe gelangen dann die klimaschädlichen Produkte wieder in unseren Wirtschaftsraum und konterkarieren unsere Bemühungen um Klimaschutz. Beim Modell des ECO verhindern Border Adjustments Carbon Leakage, da importierte Güter konsequent in den ECO-Kreislauf integriert werden. Auch durch (klimaschädliche) Importe kann innerhalb des ECO-Wirtschaftsraumes nicht über das vereinbarte Gesamtemissionsbudget konsumiert werden.
Zudem erfasst der EU-ETS lediglich 40-45% aller EU-weiten Treibhausgase, denn es müssen nur Industriezweige mit einer Heizleistung größer als 20 Megawatt teilnehmen, was etwa nur 12.000 Betriebe betrifft. Das Modell des ECO erfasst, sektorübergreifend, 100 % der konsumbedingten Emissionen aller teilnehmenden Länder. Es wird also die Gesamtheit aller Treibhausgase entlang der kompletten Wertschöpfungskette erfasst und über das zusätzliche ECO-Preisschild transparent abgebildet. Die Nachteile einer Verteuerung des klimaschädlichen Konsums fallen damit weg. Auf diese Weise wird die Klimaschädlichkeit aller Dinge direkt und auf einen Blick ersichtlich und vergleichbar. Diese Möglichkeit haben wir derzeit nicht, da der Aufpreis durch CO2-Steuer oder weitergereichte Zertifikatskosten im wirtschaftlichen Gesamtpreis untergeht. Die ECO Klimawährung hat noch weitere Vorteile bzgl. Manipulationssicherheit der CO2-Bilanzierung, soziale Aspekte, staatlicher administrativer Aufwand und einiges mehr. An dieser Stelle würde es den Rahmen sprengen diese alle aufzuführen.
Der ECO-Preis bildet sich automatisch entlang der Wertschöpfungskette. Denn die spezifischen Mengen an CO2, die durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entstehen, werden mit Beginn der Förderung durch den ECO auf jeder Rechnung ausgewiesen. Diese CO2-Äquivalente sind wissenschaftlich eindeutig definiert und im ECO-Preis abgebildet. Somit muss kein Glied der Wertschöpfungskette seine Emissionen bilanzieren. Der Gegenwert von 10 ECO für ein Kilogramm CO2 wird mit Beginn der Lieferkette übermittelt, zu den verschiedenen Teilnehmern weitergereicht, und interpretationsfrei aufaddiert. Diese Summe bildet exakt und manipulationssicher die Menge an CO2 ab, die während der Herstellung entstanden ist. Selbst die Emissionen jeder noch so kleinen im Produkt enthaltenen Schraube wird durch den ECO erfasst und abgebildet. Auch kleinste Veränderungen innerhalb der Wertschöpfungskette wirken sich sofort und transparent auf den ECO-Preis am Endprodukt aus, den wir als Konsumenten bezahlen.
Der entscheidende Grund, warum die ECO-Preisbildung manipulationssicher ist, liegt darin begründet, dass Unternehmen bewusst vom Handel an der Klimabörse ausgenommen sind. Somit entsteht für Firmen keinerlei Interesse höhere ECO-Preise auszuweisen, als sie selbst durch die Bezahlung der Vorstufen verauslagt haben. Denn dieser Überschuss an ECO kann nicht kapitalisiert werden. Weiter noch: höhere ECO-Preise bedeuten einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Mitbewerbern, die ihre Produkte zu einem kleineren ECO-Preis anbieten können. Ein zu niedriger ECO-Preis hingegen funktioniert auch nicht, da das Unternehmen zu wenig ECO einnimmt und dadurch die Rechnungen der Vorstufen nicht mehr bezahlen kann. Diese Firma wäre demnach bald ECO-insolvent. Folglich ist der ausgewiesene ECO-Preis sehr detailscharf und immer realistisch.
Die Übernutzung planetarer Grenzen beruht auf unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem, dessen DNA auf Wachstum basiert. Es wäre idealistisch anzunehmen, dass wir dies zeitnah ändern könnten. Daher haben wir uns auf eine Lösung konzentriert, die klimafreundliche Konsum- und Mobilitätsalternativen in ausreichender Menge zur Verfügung stellt. Denn nicht der Konsum an sich ist das Problem, sondern dessen fossiler Ursprung. Natürlich müssen wir uns auch um Lösungen für andere begrenzte Ressourcen, wie zum Beispiel Wasser bzw. den Erhalt der Biodiversität bemühen. Doch wir glauben, dass die Reduktion von Treibhausgasen das zeitkritischste Problem darstellt.
Sobald alle Produkte und Dienstleistungen mit einem separaten ECO-Preisschild gekennzeichnet sind, werden wir die Klimaschädlichkeit aller Dinge miteinander vergleichen können. Da wir aufgrund unserer begrenzten Emissionsbudgets auf einen kleinen ECO-Preis achten, belohnen wir automatisch die Hersteller, die bereits klimafreundlich produzieren und sorgen dafür, dass Mitbewerber gleichziehen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Klimaschädliche Produkte verkommen zu Ladenhütern. Somit entsteht durch die große Menge an Konsumenten und deren verändertes Kaufverhalten ein viel höherer Transformationsdruck auf die Industrie und dadurch viel schneller klimafreundliche Konsum- und Mobilitätsalternativen, als durch kleinteilige, ordnungsrechtliche Maßnahmen seitens der Politik. Denn die Technologien, die dazu in der Lage sind, mit dem geringsten Aufwand und dem niedrigsten Preis die bestmögliche Emissionsreduktion zu bewirken, kommen, nach marktwirtschaftlichen Regeln, ganz automatisch zur Anwendung.
Der ECO soll als ökologisches Grundeinkommen allen Bürgern monatlich und kostenlos in gleicher Höhe ausgezahlt werden. Da mit Einführung zunächst noch nicht genügend klimafreundliche Konsum- und Mobilitätsalternativen zur Verfügung stehen, könnte man das ECO-Budget erstmal höher ansetzen, um dann später, mit zunehmender Defossilisierung der Industrie, dieses „Überschwingen“ entsprechend auszugleichen. Insofern sollte die monatliche ECO-Menge für den durchschnittlichen Lebensstandard ausreichen. Fossiler Überkonsum, wie beispielsweise ein Langstreckenflug, müsste dann durch den Erwerb zusätzlicher ECO an der Klimabörse realisiert werden. Für größere Anschaffungen, wie zum Beispiel der Bau eines Hauses, wären auch Darlehen in realistischem Umfang denkbar. Im Grunde verhält sich der ECO wie der Umgang mit normalem Geld. Auch hier habe ich in der Regel nur ein begrenztes Kontingent zur Verfügung, welches ich mir einteilen muss.
Verteuerungen, z.B. durch die CO2-Steuer, betreffen ausschließlich uns Verbraucher. Dies gilt im Wesentlichen auch für durchgereichte Zertifikatskosten der Industrie, die auf den Endpreis der Produkte aufgeschlagen werden. Insofern haben Unternehmen kaum einen Anreiz in die Transformation ihrer Herstellungsprozesse zu investieren. Und wir Verbraucher bezahlen den Aufpreis zwar widerwillig, aber wir bezahlen ihn – auch aufgrund fehlender Alternativen. Auch milliardenschwere Subventionen bzgl. fossiler Energieträger (alleine in Deutschland ca. 65 Milliarden Euro im vergangenen Jahr) bewirken ihr übriges.
MasterLink zu den wichtigsten Webseiten: https://heylink.me/SaveClimate.Earth/
Angela Hanson, Jens Hanson: Exit-Strategie Klimawährung ECO. Mit persönlichen Emissionsbudgets das Klimaziel erreichen. oekom Verlag, München 2024. (Das Hörbuch zur „Exit-Strategie Klimawährung ECO“ ist seit dem 19. August auf allen bekannten Audiobook Plattformen erhältlich und im online Buchhandel.)
Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.