Die sieben wichtigsten Trends, die in Deutschland die Industrie verwandeln werden
Gleich ob Autos, Computer, Kaffeemaschinen oder Kinderspielzeug, fast alles, was wir im Alltag benutzen, wird von industriellen Produktionsunternehmen erzeugt. Kein Wunder, dass die Fertigungsindustrie oft als Schlüsselbaustein der Gesellschaft beschrieben wird.
Der Fertigungssektor hat sich im Verlauf der Jahrhunderte stetig weiterentwickelt, von menschenzentrieren Herstellungsmethoden zu maschinenabhängigen Fertigungsstraßen und hochgradig automatisierten Produktionsstätten, die wir unsere heutige Produktionslandschaft prägen. Und dieser Teil der Wirtschaft ist auch weiterhin einem fortwährenden Wandel unterworfen. Einige miteinander verbundene Strömungen treiben gemeinsam einen Transformationsprozess im Fertigungssektor voran, den man unter dem Begriff „Industrie 4.0“ zusammenfassen könnte. Sieben dieser Trends tragen nachhaltig zur Gestaltung der Industrie 4.0 bei.
1. Trend: Das Industrielle Internet der Dinge (IIoT)
Das Industrielle Internet der Dinge (IIoT) ist eine Unterkategorie des Internets der Dinge (IoT), von dem Sie gewiss schon gehört haben. Hier werden miteinander verknüpfte Geräte in der Fertigung und im industriellen Umfeld zur Sammlung von Daten eingesetzt – Daten, die der Optimierung von Herstellungsprozessen dienen.
Ein primäres Beispiel für die Interkonnektivität von IIoT-Geräten sind Sensorsysteme. Die von den Sensoren erfassten Daten, mit denen die Produktionsauslagen ausgestattet sind, bieten den Herstellern präzisere Informationen über die Leistungsfähigkeit ihrer Ausrüstungen, optimieren den Wartungsprozess, reduzieren die Ausfallzeiten der Anlagen und liefern sogar Prognosen, wann Reparaturen fällig werden könnten. Was uns zum nächsten Trend im Fertigungssektor führt.
2. Trend: Prädiktive Instandhaltung
In einem industriellen Kontext bezieht sich die prädiktive Instandhaltung auf die Nutzung von Sensordaten und Künstlicher Intelligenz (KI), um Fehleranfälligkeiten bei Produktionsanlagen und deren Komponenten im Vorfeld mittels Mustererkennung zu orten. Dahinter verbirgt sich die Idee, besser zu verstehen, wann eine Anlage oder ein Ersatzteil mit hoher Wahrscheinlichkeit Probleme bereiten wird, sodass die Hersteller vorausschauend handeln und ihre Ausrüstung effizienter warten können.
Und dieses Konzept ist nicht auf neue, technisch ausgefeilte Produktionsanlagen beschränkt. Siemens hat solche Sensorsysteme auch bei älteren Motoren und Transmissionsriemen verwendet – mittels Analyse der von ihnen gelieferten Daten kann der Mischkonzern nach eigenen Angaben den Zustand einer Maschine genauer einschätzen, Fehler oder Unregelmäßigkeiten beizeiten entdecken und Reparaturen ausführen, bevor sie zum Stillstand kommt. Das zeigt, wie prädiktive Instandhaltungsprozesse auch bei älteren Maschinen von Nutzen sein können.
3. Trend: Digitale Zwillinge
Digitale Zwillinge, oder Digital Twins, können zur Simulation physischer Prozesse oder Objekte gleich welcher Art eingesetzt werden. In einem Fertigungsumfeld könnte man damit beispielsweise neue Produktdimensionen abbilden oder digitale Kopien einer Produktionsanlage in einer Werkshalle testen, um zu sehen, wie sie unter bestimmten Bedingungen funktioniert. Auch bei der Visualisierung und Simulation ganzer Lieferketten leistet diese innovative Technologie mit ihren Modellen der repräsentierten Objekte oder Prozesse gute Dienste. Bis 2022 könnten annähernd 70 Prozent der Hersteller digitale Zwillinge zur Durchführung von Simulationen und Evaluationen einführen – was auf die Transformationswirkung dieses Zukunftstrends hinweist.
Mithilfe von digitalen Zwillingen war Boeing, Hersteller von Luft- und Raumfahrttechnik, in der Lage, die Erstausrüsterqualität der Ersatzteile um 40 Prozent zu verbessern. 2018 sagte Dennis Muilenburg, der damalige CEO des Konzerns, voraus, dass sich diese Technologie im Verlauf des nächsten Jahrzehnts zum größter Treiber der Produktionseffizienz entwickeln würde.
4. Trend: Automatisierung und Dark Factories
Dank Künstlicher Intelligenz (KI) können Produktionsanlagen heute immer mehr Aufgaben übernehmen, die früher Menschen vorbehalten waren. Es ist daher sinnvoll, Maschinen auch im Fertigungssektor verstärkt einzusetzen.
Die Automatisierung kann den Herstellern zahlreiche Vorteile bieten, beispielsweise Produktivitätssteigerungen (Maschinen ermüden nicht), größere Präzision bei der Ausführung der Aufgaben und Kostensenkungen. Möglicherweise werden sogar vollautomatische Fabriken Einzug halten, die sogenannten „Dark Factories“, in denen für die Verrichtung der Arbeit kein Licht erforderlich wäre, weil sie ohne direkte menschliche Eingriffe stattfindet.
5. Trend: Roboter und Cobots
Einer der wichtigsten Wegbereiter der Automatisierung ist der Einsatz von Robotern. Doch es gilt festzuhalten, dass nicht alle Roboter menschliche Arbeitskräfte ersetzen sollen – viele sind darauf ausgelegt, menschliche Arbeitsabläufe lediglich zu erleichtern oder zu optimieren. Es gibt beispielsweise Roboter-Exoskelette, die Fließbandarbeitern helfen, schwere Produktkomponenten zu heben und damit das Sicherheitsrisiko zu verringern. Und es gibt kollaborative, „intelligente“ Roboter, die sogenannten Cobots, die auf eine nahtlose Zusammenarbeit mit Menschen programmiert sind.
Roboter und Cobots können Herstellern bei der Effizienzsteigerung unterstützen. Das war beim Autohersteller Nissan der Fall, der die industriellen, kollaborierenden Roboterarme von Universal Robots in seinem Motorenwerk in Japan einsetzte, um Probleme mit der Einhaltung der Produktionszeiten (vor allem aufgrund des Fachkräftemangels) zu überwinden. Das Unternehmen setzte außerdem Cobots ein, die Mitarbeiter unter anderem beim Einbau des Triebwerkeingangs entlasteten.
6. Trend: 3D-Druck
Mit zunehmender Kosteneffektivität, Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit der 3D-Druckverfahren werden immer mehr Hersteller in der Lage sein, Produkte mithilfe von 3D-Druckmethoden zu fertigen – die weniger Material verbrauchen und weniger Abfall erzeugen als traditionelle Produktionsmethoden. Der 3D-Druck wird vermutlich auch ein neues Zeitalter der Personalisierung einläuten, denn maßgeschneiderte Produkte lassen sich ohne Blick auf potenzielle Skaleneffekte, sprich Größenvorteile, erzeugen. Dazu kommt, dass 3D-Drucktechnologien als Treiber der Innovation gelten, da sie eine schnellere Entwicklung von Prototypen ermöglichen.
Airbus nutzt das Potenzial der 3D-Drucktechnologie seit mehr als fünfzehn Jahren und gilt damit als einer der 3D-Druckpioniere in der Fertigungsindustrie. Der weltweit größte Flugzeughersteller setzt dieses Verfahren auch auf lokaler Ebene für die bedarfsgerechte Produktion von digitalen Ersatzteilen, beispielsweise Spannvorrichtungen und Armaturen, ein.
7. Trend: Smarte, nachhaltigere Produkte
Die Entwicklung von smarten, miteinander verknüpften IoT-Geräten verändert nicht nur die Produktionsmethoden, sondern auch die Produkttypen. Inzwischen hat es den Anschein, als gäbe es nahezu von allen Erzeugnissen eine „intelligente“ Version, angefangen bei Staubsaugern bis hin zur Toiletten, ein Trend, der keinerlei Anzeichen einer Verlangsamung aufweist. Deshalb werden die Hersteller in Zukunft vermutlich gezwungen sein, Möglichkeiten zu erkunden, ihren Kunden die smarten Produkte anzubieten, die sie erwarten.
Dazu kommt, dass immer mehr Verbraucher Produkten den Vorzug geben, die nachhaltig, wiederverwendbar und recycelbar sind. Die Wegwerfkultur der Vergangenheit neigt sich hoffentlich ihrem Ende zu, ein weiterer Faktor, den Hersteller berücksichtigen sollten.
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