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Die Ungehobelten und Vollstrecker im Management

Oft gehören sie zu den „besten Nachwuchsmanagern“, die von Karrieremagazinen gekürt werden. Sie werden von Unternehmen teuer eingekauft, weil sie es verstehen, den Konzernumsatz zu mehren. Mit unsichtbaren Werten haben sie ein Problem, weil sie nicht greifbar sind. Und so verhalten sie sich auch: Sie beherrschen kaum die Grundregeln des täglichen Umgangs, können nicht grüßen und sprechen nur mit Menschen, die ihnen nützlich sein könnten. Sie „investieren“ in diese Beziehungen, aber nur so lange sie sich sicher sind, dass sie etwas mit „Gewinn“ zurück erhalten. Ihre Mitarbeiter nennen Sie „Humankapital“. Solche Nachwuchsmanager erhalten ihre Trophäen meistens beim Gala-Dinner. Sie wollen häufig keine Kinder, weil sie ihre Karriere stören und ihnen Zeit nehmen, die sie für den Beruf brauchen.

Häufig betonen sie ihre simplen Umgangsformen und zwingen Mitarbeiter sofort zum vertraulichen „Du“, obwohl das Vertrauen noch nicht gewachsen ist. Man erkennt sie meistens an ihrem grauen Business-Anzug, aus dem sie sich nicht befreien können. Schon in den 1950er Jahren kritisierte der Modemacher Heinz Oestergaard, dass die „Männer als Armee der grauen Mäuse durch die Welt gingen. Kein Mut, keine Farbigkeit“. Auch wenn sie äußerlich unauffällig sind, so erkennt man sie spätestens an ihrem Verhalten, daran, wie sie anderen begegnen. Bereits Moritz Freiherr von Knigge schrieb in seinem Beitrag „Neue Sehnsucht nach alten Werten“: „Nehmen wir an, Sie sind in einem kleinen Restaurant, und da sitzt eine Gesellschaft, ein paar Damen und ein paar Herren, die gerade von einer Dichterlesung oder einem Theaterbesuch kommen. Sie unterhalten sich auf kulturell höchstem Niveau, sind alle perfekt gekleidet und essen vielleicht sogar gerade Hummer, der ja ein synonym für das technisch richtige Essen ist. Aber mit gutem Benehmen hat das noch gar nichts zu tun. Achten Sie darauf, wie diese Menschen mit dem Servicepersonal umgehen. Dann wissen Sie, woran sie sind.“

Da einige von ihnen in der Armee ausgebildet wurden, sehen sie aus, als hätten sie einen Stock verschluckt. Ihr Schritt ist zielsicher und fest. Ihr Büro ist stets aufgeräumt und mit Fotos versehen, die ihnen in „Dankbarkeit“ von ihren Mitarbeitern übergeben wurden. Sie entwickeln lieber Lernprogramme für ihre Mitarbeiter, als sich wirklich mit ihnen zu beschäftigen und ihre Nähe zu suchen. In ihrem weiträumigen Büro sitzen sie mit dem Rücken zur Tür, durch die die Mitarbeiter eintreten. Sie müssen dann minutenlang warten, bis sie sich zur Begrüßung umdrehen. Mitten im Gespräch stehen sie auf, gehen entweder zurück zum Schreibtisch oder verlassen das Büro, um dem Gast zu zeigen, dass das Gespräch beendet ist. Im Geschäftsalltag wird nur der mit Handschlag begrüßt, der gerade von ihnen gebraucht wird.

Ihre wirkliche Meinung halten sie immer zurück – um es sich nicht mit gleichrangigen Vorstandskollegen zu verderben, werden ungenießbare Mitarbeiter mit den besten Pralinen gefüttert und mit Lob überschüttet: „Ich freue mich besonders, dass Sie kommen!“ Die Anständigen aber, die das auch einfordern, erhalten als Antwort: „Aber das brauchen Sie doch nicht!“ Die Vorstandsetagen wechseln sie alle Jahre wieder. Sie schreiben ihren Mitarbeitern Mails ohne Anrede und Grußformel. „Thanks“. Die Anfangsbuchstaben ihres Namens sind das Minimum. Mehr sind und haben sie nicht.

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Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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