Die Zukunft in der Ernährung: zwei Trends die die Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion transformieren
Um die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, muss die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 um 68 Prozent gesteigert werden. Und das ist nicht die einzige Herausforderung: ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass die Mittelschicht zunimmt, was im Allgemeinen einen erhöhten Bedarf an Fleisch im Vergleich zu Getreide und Gemüse mit sich bringt.
Die verstärkte Nachfrage nach Nahrungsmitteln, insbesondere nach Fleisch, zu befriedigen stellt eine enorme Belastung für unseren bereits angeschlagenen Planeten dar, vor allem wenn man bedenkt, dass 26 Prozent der gesamten weltweiten Treibhausgasemissionen auf das Konto der Nahrungsmittelindustrie gehen. (Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Bodennutzung sind mit 18,4 Prozent daran beteiligt; der Rest wird von Branchen wie Verpackungsindustrie, Kühltechnik und Transportwesen verursacht.)
Die vermutlich einfachste Lösung, die auf der Hand liegt, wäre der Übergang zu einer pflanzenbasierten Ernährung. Studien belegen, dass der Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte die wirksamste Möglichkeit für jeden Einzelnen von uns darstellt, zur Entlastung der Umwelt beizutragen. Doch Milliarden von Menschen buchstäblich über Nacht zu motivieren, sich künftig ausschließlich vegan zu ernähren, dürfte bestenfalls unwahrscheinlich sein. Der Verzehr von Fleisch und Milchprodukten ist letztlich in den meisten Kulturen fest verankert.
Somit ist klar, dass wir dringend neue, innovative Lösungen für den Umbau der Landwirt und Nahrungsmittelproduktion brauchen. Die beiden nachfolgenden grob skizzierten Trends könnten dazu beitragen, unser Ernährungssystem zu revolutionieren.
1. Trend: Die Entwicklung neuer Anbaumethoden
Die Entwicklung neuer Anbaumethoden könnte der Agrarindustrie helfen, ihre Umweltschäden zu reduzieren und gleichzeitig die Produktivität zu steigern. Während frühere schrittweise Fortschritte in der Landwirtschaft weitgehend von mechanischen Verbesserungen (sprich größere, bessere Maschinen) oder genetischen Durchbrüchen (besseres Saatgut, wirksamere Düngemittel) getrieben wurden, wird die nächste große Transformation von digitalen Tools angestoßen werden. Dazu gehören beispielsweise:
Die Automatisierung – der Einsatz von Robotern, Drohnen und autonomen Traktoren, die zu einer Effizienzsteigerung der Landwirtschaft führen.
Die Präzisionslandwirtschaft – der Einsatz von Bewässerungssystemen, Düngemitteln und Pestiziden in variablen Mengen, abgestimmt auf die bedarfsgerechte Bewirtschaftung der Ackerflächen anstelle einer undifferenzierten Anwendung zu bestimmten Zeiten, in bestimmten Mengen und mit bestimmter Ausbringungsdichte.
Ein anschauliches praktisches Beispiel für die Präzisionslandwirtschaft ist die Zusammenarbeit zwischen der israelischen Firma Phytech und dem Schweizer agrochemischen Unternehmen Syngeta. Sie haben gemeinsam ein Monitoring-System entwickelt, das mit Hilfe von Sensoren Pflanzenwachstum und Bodenfeuchtigkeit überwacht und ein gezieltes Eingreifen der Landwirte ermöglicht, um gute Ernteergebnisse zu erzielen und die Gesundheit der Ackerflächen auch auf lange Sicht zu gewährleisten.
Hier einige weitere Schlüsseltrends, die man im Blick behalten sollte:
Mehr regionale, urbane Landwirtschaft in städtischen Ballungsgebieten – das bedeutet, die Produktion von Nahrungsmitteln in unmittelbarer Nähe zu den Verbrauchern, wodurch lange Transportwege entfallen.
Vertikale Landwirtschaft (der Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln in mehreren übereinander gelagerten Ebenen) und Hydroponik (der Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln in nährstoffreichem Wasser) – beide Methoden benötigen weniger Wasser, Erdreich und Raum als der traditionelle Ackerbau. In dieser umweltfreundlichen Nische hat die weltweit größte vertikale Farm in Newark, New Jersey gezeigt, dass diese Form der Landwirtschaft auch in großem Stil betrieben werden kann, mit beeindruckenden Ergebnissen. Die Gründer der AeroFarm haben erklärt, dass sie 390mal mehr Erträge pro Quadratmeter erzielen als mit einer traditionell bewirtschafteten Ackerfläche.
2. Trend: Die Entwicklung neuer Produktionsmethoden in der Nahrungsmittelindustrie (insbesondere Fleisch)
Wussten Sie, dass ein Drittel der Ackerflächen für den Anbau von Nahrungsmitteln für Nutztiere statt für Menschen verwendet werden? Eine Statistik, die nachdenklich stimmt. Mit der Entwicklung und Förderung neuer, innovativer Methoden der Fleischerzeugung ließe sich das Land zunehmend für den Anbau von Getreide für die menschliche Ernährung nutzen – was angesichts des explosiven Wachstums der Weltbevölkerung in Zukunft mit Sicherheit immer dringlicher wird.
Hier kommen die kultivierten (im Labor gezüchtetes tierliches Gewebe) und pflanzenbasierten Fleischalternativen ins Spiel. Was die pflanzlichen Fleischersatzprodukte betrifft, zeichnet sich jetzt bereits ab, dass der Markt boomt. Fast-Food-Ketten wie Burger King haben pflanzenbasierte Burger als festen Bestandteil ihres Menüs eingeführt, und der Pionier der veganen Fleischersatzprodukte, Beyond Meat, legte einen der erfolgreichsten Börsengänge der Geschichte hin: Der Wert des Unternehmens stieg von 1,5 Milliarden US-Dollar bei Börseneinführung in weniger als drei Monaten auf 13 Milliarden US-Dollar. Schätzungen zufolge könnten die Fleischalternativen bis 2029 einen Anteil von 10 Prozent an der weltweiten Fleischproduktion erreichen.
Für diejenigen, die sich nicht auf pflanzenbasierte Fleischersatzprodukte umstellen wollen, könnte sich kultiviertes Fleisch – rein genetisch echtes Fleisch, aber aus Zellkulturen gewonnen – als zukunftsfähige Alternative erweisen. Echtes Fleisch ohne Massentierhaltung und Tierschlachtungen? Klingt gut. Ein Anfang ist bereits gemacht, und erste Anzeichen deuten darauf hin, dass sich der Markt – und die staatlichen Aufsichtsbehörden – mit dem Gedanken anzufreunden beginnen. 2020 gab Singapur als erster Stadtstaat im Labor erzeugtes Fleisch zum Verkauf frei.
Auch das Potenzial des 3D-Drucks könnte eine Rolle in der Nahrungsmittelproduktion der Zukunft spielen. Das in Barcelona ansässige Startup Nova Meat gilt als Wegbereiter im Bereich der 3D-gedrucken pflanzenbasierten Nahrungsmittel und hat bereits das erste vegane „Steak“ mit Hilfe dieser Technologie vorgelegt, das allem Anschein nach die faserige Textur echter Fleischsorten aufweist.
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