Digitale Geschäftsmodelle für die Industrie
Smarte Druckluft
In der Industrie wird fast überall Druckluft eingesetzt, die allerdings einen sehr schlechten Wirkungsgrad von gerade einmal fünf Prozent aufweist. „Die meiste Energie geht durch Leckage-Verlust verloren. Sie pfeift einfach irgendwo raus“, schreibt Ulrike Böhm in ihrem Buchbeitrag „Ein Mittelständler digitalisiert sich – Von Erfolgen, Hürden und Nachhaltigkeit“, der im Herbst 2020 in der 2. Auflage des deutschen Standardwerks „CSR und Digitalisierung“ erscheinen wird. Die Autorin geht hier der Frage nach, wie Druckluft und digital zusammenpassen, und was das mit Energieeinsparung zu tun hat.
Beschrieben wird der Weg des Unternehmens zu einer neuen Software, die den Namen „LOOXR“ (gesprochen: Luxär) erhielt und die mehr Licht (Lux = Einheit für Beleuchtungsstärke) in die Druckluft (air = Luft) bringen will: So wurde die Weiterentwicklung der Software in einem bereichsübergreifenden Team vorangebracht. Mit Hilfe des „Business Model Canvas“ wurde an der Entwicklung eines passenden Geschäftsmodells gearbeitet und parallel die Software weiterentwickelt. Der Kundenkontakt stand dabei immer im Fokus. Ständig wurde Anpassungen vorgenommen „und schließlich die grundlegende Entscheidung getroffen, für die Weiterentwicklung und den Vertrieb der Software ein eigenständiges Unternehmen zu gründen“, so Ulrike Böhm, die seit 2006 beim Druckluft- und Pneumatikspezialisten Mader arbeitet, einem Mittelständler mit rund 90 Mitarbeitern. Vor einigen Jahren übernahm sie die neu geschaffene Stabsstelle Change Management und betreut darüber hinaus weiterhin die Pressearbeit.
Erst die Ausgliederung in ein eigenständiges Unternehmen hat es ermöglicht, die potenzielle Kundengruppe zu erweitern - so öffneten sich auch Türen bei Drucklufthändlern. Das Spin-off „LOOXR GmbH“, das 2018 gegründet wurde, richtet sich an Energieeffizienzbeauftragte, Instandhaltungsleiter, Druckluftverantwortliche, Produktionsleiter und Geschäftsführer. Im Zentrum steht die Software „LOOXR Druckluft 4.0“. Im gesamten Druckluftsystem liefert moderne Sensortechnik reale Messdaten in Echtzeit. Diese werden im Looxr-Portal zusammengefasst, analysiert, visualisiert und automatisiert interpretiert werden. Aus den Informationen zum aktuellen Ist-Zustand des Systems werden konkrete Empfehlungen zu dessen Optimierung abgeleitet mit folgenden Zielen:
• Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit bei optimaler Nutzung der Druckluftstation
• vorausschauende Instandhaltung
• Reduktion von Energie- und Betriebskosten.
Leckagen werden über Sensoren erfasst, und die Daten werden in eine Cloud übertragen. Dort wird über eine App virtuell dargestellt, dokumentiert und überwacht. Daraus ergeben sich für den Kunden Handlungsempfehlungen. „Der Verlust wurde bisher nicht wirtschaftlich bewertet. Jetzt kann man es nachrechnen“, sagt Werner Landhäußer, Gesellschafter der Mader GmbH & Co. KG und Co-Founder der LOOXR GmbH mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen. Er verweist auf eine Drucklufteinsparung von bis zu 50 Prozent und eine „deutlich bessere Energieeffizienz“.
Den ersten nachhaltigen Erfolg konnte das Unternehmen weniger als ein Jahr nach seiner Gründung verbuchen: Es wurde 2019 mit dem „Umwelttechnikpreis Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. In der Kategorie Mess-, Steuer- und Regelungstechnik belegte das junge Unternehmen beim Wettbewerb der Umwelttechnik-Innovationsführer in Baden-Württemberg den 3. Platz. Bei der Verleihung der Handelsblatt-Energy-Awards in der Kategorie Industrie kam das Unternehmen unter die besten drei von 152 Firmen.
Unter dem Titel „Digitale Geschäftsmodelle für die Industrie – Mader für smarte Druckluft“ hat das baden-württembergische Landeswirtschaftsministerium einen Film über Mader und Looxr bei Youtube eingestellt.
Weiterführende Informationen:
Ulrike Böhm: Ein Mittelständler digitalisiert sich – Von Erfolgen, Hürden und Nachhaltigkeit. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werrner Landhäußer. 2. Aufl. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2020.
Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
Ulrike Böhm: Wie ein Mittelständler zum „Klimaretter“ wird – die Fortsetzung der Geschichte zum Mader-Effekt. In: CSR und Energiewirtschaft. In: CSR und Energiewirtschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werbner Landhäußer. 2. Auflage, Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.