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Digitale Handwerker: Übung macht den Meister

Wer bislang kein Handwerker seines eigenen Lebens war, der wird auch kein digitaler Handwerker werden, denn dazu gehört es, vieles selbst zu machen und keinen Vorschuss zu erhalten.

Self-Publishing hat auch mit Selbstbestimmung zu tun, die dort beginnt, wo man selbst eine Entscheidung trifft und die Konsequenzen trägt. Wenn Self-Publisher ihren eingeschlagenen Weg bedingungslos verfolgen, leidenschaftlich, unabgelenkt und mit voller Energie, werden sie auch erfolgreich sein. Den Preis bezahlen sie selbst. Der Managementautor Reinhard K. Sprenger widmet sich in seiner „Ode an die Vorfreude" einem der wichtigsten Themen der Nachhaltigkeit: dem Üben. Er reflektierte in der WirtschaftsWoche (19.8.2016) den Satz, der ihn seit frühen Jugendtagen begleitet hat: „Ein Meister ist, der übt." Das zeichnet die wirklich „Großen" aus: Sie sagen niemals, dass sie etwas vollkommen beherrschen, sie bereiten sich ein Leben lang vor, wollen sich ständig verbessern und ruhen sich nicht auf vergangenen Erfolgen aus. Der Dünkel der Hierarchie, dass es die anderen sind, die lernen und üben müssen, ist ihnen fremd. Was immer nachhaltig gelingen soll, braucht Disziplin und Übung - doch ohne Freude ist beides nichts.

Das gilt auch für Self-Publishing, insbesondere E-Books. Diese Produkte sind nicht minderwertiger als andere – schließlich werden sie mit der gleichen Aufmerksamkeit geschrieben und umgesetzt wie ein richtiges Buch. Dabei sollte die wichtige Trennlinie gute Qualität oder schlechte Qualität sein. Leider wird häufig von Verlagen noch nicht verstanden, dass beispielsweise mit preiswerten E-Books völlig neue Käuferschichten angesprochen und für das Lesen gewonnen werden können. Für das Kunstprojekt „KARL. Reflections“ von der Fotokünstlerin Nicole Simon sollte das Potenzial der Digitalisierung nachhaltig genutzt werden. Am Beginn wurde gefragt, welche sinnvollen Tools zur Verfügung stehen.

Nur mit Offenheit für das Neue lassen sich auch Chancen erkennen und der Nutzen erklären, wie Kunst auf verschiedenen Kanälen funktioniert. Dass sich im ersten Schritt für die Realisierung eines E-Books entschieden wurde, hat auch den Grund, dass Produktionsweisen oft sehr langsam und Verlagsdebatten über Buchtitel und Cover oft zäh sind. Die Beteiligten wollten schwerfälligen Verlags-Lokomotiven überlegen sein, blitzschnell reagieren und das Projekt immer aktuell halten. Self-Publishing hat sich bei mir aus dem Bloggen heraus entwickelt – es ist für mich ein öffentliches Denk- und Schreibtraining, das fortwährend aktuelle Entwicklungen und Dinge umkreist. Mit jedem neuen Text wird die Denkposition verändert, wird Neues mit Altem verknüpft, werden Themen wiederholt getestet - eine Geduldsarbeit in unruhigen Zeiten.

So bleiben Wirtschaftsthemen blutlos, wenn sie nicht mit ähnlichen Schwerpunkten aus anderen Bereichen verbunden werden. Das zeigt sich an einem Thema wie Wissen und Können besonders gut, weil hier ihre Anschlussfähigkeit schon oft gezeigt wurde: Auch der Managementvordenker Niels Pfläging plädiert in seinen Publikationen über Komplexithoden für eine reflektierte Erfahrung in Form von Üben bzw. disziplinierter Praxis. Oft sei dazu ein Meister erforderlich, „also jemand, der bereits ein Könner ist und in der Lage, Schüler anzuleiten". Heute bedeutet Wissen laut Pfläging „Sinn machen" und Können „Wissen machen". Werkzeuge zum Lernen sind für ihn Studieren, Erfahrung oder etwas beigebracht zu bekommen. Pfläging weist zudem nach, dass zur Lösung komplexer Probleme Wissen heute oft nicht mehr ausreicht. Denn es ist „ein Kind der Vergangenheit", das einer sich ständig wandelnden Welt die Zukunft nicht sichern kann.

Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie bisher unbekannte Probleme lösen können und auf ihre Weise Lebenshandwerker und Lebenskünstler sind. Was sie erreichen möchten, bestimmen sie selbst. Sie leben in ihren magischen Momenten radikal aus ihrem Inneren heraus, handeln nach ihrer inneren Überzeugung und sind frei von äußeren sozialen Zwängen. Dabei kommt es darauf an, in einigen wenigen Sachen gut, besser und großartig zu sein und nicht in vielen Gebieten diverse Ziele anzustreben.

  • Alexandra Hildebrandt und Nicole Simon: Gut verlegt: Zum neuen Verhältnis von analog und digital am Beispiel des Kunstprojekts „KARL. Reflections“. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2021.

  • Nicole Simon (Fotografie) und Alexandra Hildebrandt (Text): KARL. Reflections. Kindle Edition 2020.

  • Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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