Dünne Luft im Olymp – und warum eine Karriere im Unternehmen genauso spannend sein kann

Influencer:in ist kein Beruf. Jedenfalls kein klassischer. Jede:r kann Online-Marketing, was es im Kern bedeutet, auf eigene Faust machen. Ohne vorgeschriebene Ausbildung, Abschlüsse oder Lizenzen, und meist ohne großen finanziellen Aufwand. Ziel: ein Social Media-Star werden. Denn erst ab einer Followerzahl von mindestens 20.000 können Influencer:innen mit ihren Einnahmen aus Werbepartnerschaften und Ähnlichem ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Selbst wenn der Druck groß ist – das eigene Leben wird in der Community gläserner, und jeden Tag muss neuer, möglichst reichweitenstarker Content online gestellt werden –, ist die Aussicht auf virtuellen Ruhm und das vermeintlich leichte Geld hochattraktiv. Allein in Deutschland teilen sich inzwischen mehr als 500.000 Influencer:innen der Generation Z die Aufmerksamkeit ihrer Follower. Ältere Influencer:innen und eine schier unendliche Zahl aus dem Ausland kommen hier hinzu. Der Markt wird bereits als gesättigt bewertet, was den Druck zur Originalität und Trendwahrnehmung noch erhöht. Schnell bekommt dann ein „Traumberuf“ Kratzer.

Influencer:innen sind in der Regel freiberuflich, und damit sehr stark Markt- und Interessensschwankungen ausgesetzt, wenn sie ihrer Tätigkeit ernsthaft und in Vollzeit nachgehen. Der Hype um Influencer-Marketing, also gesponsorte Inhalte, in den Netzwerken und der Bloggersphäre hat nachgelassen. Authentische Kunden-Inhalte sind gefragter. Unternehmen taktieren daher zurückhaltender, inwieweit sie professionelle Markenbotschafter:innen nutzen, um Kaufimpulse auszulösen. Die Sache ist inflationär: Wer für fast alles und jeden wirbt, büßt die Realness seines Contents ein.

Dauerhaft als Influencer:in ein gutes Einkommen? Die Chancen dafür stehen statistisch gesehen leider schlecht. Junge Menschen, die Blogs reizvoll finden oder schon mit eigenen Audio- und Videoinhalten Erfahrung haben, sollten sich bei der Karriereplanung eher in den angrenzenden Bereichen, zuvorderst in der IT-Branche, umsehen. Ein guter Rat. Warum?

  • Die Berufsperspektiven für IT-Professionals sind und bleiben aufgrund der digitalen Transformation hervorragend. Ein zukunftssicherer Hafen.

  • Auch als Junior kann man mit einem hohen Einstiegsgehalt und betrieblichen Benefits rechnen, Tendenz – schnell – steigend.

  • Teamkultur statt einsame:r Blogger:in und Scheinwelt.

  • Es wird nie langweilig. Aufgaben und Anforderungen im IT-Bereich verändern sich beständig. Neugier und Kreativität bei aktuellen Fragestellungen pushen die Karriere.

  • Und ja, die Work-Life-Balance ist kein Problem. Nur Influencer:innen kennen keinen Feierabend, was irgendwann keinen Spaß mehr macht.

Dass wir uns nicht missverstehen. Influencer:innen leisten viel, plumpe Schleichwerbung ausgenommen, und sie haben dazu beigetragen, Reichweite neu zu definieren. Aber es ist wie in der Musikbranche: Sehr viele können singen, jedoch nur sehr wenige tun dies erfolgreich vor einem Millionenpublikum. Allein die Makro- und Mega-Influencer:innen (mit mehr als einer Million Followern) haben es wirklich geschafft. Die Messlatte liegt hoch, und im Olymp ist die Luft verdammt dünn. Spannender und reeller kann es sein, eine Leitfigur im Unternehmen zu werden. Kommunikativ und mit fassbarem Einfluss. Und dass man einen kleinen privaten Blog nebenbei schreibt, mit Tipps für die Fitness oder über den letzten Urlaub, kann einem keiner verbieten.

Martin Krill schreibt über HR Themen, Digitalisierung und KI

Martin Krill ist seit knapp 23 Jahren für HAGER Executive Consulting tätig und wurde 2004 zum geschäftsführenden Gesellschafter berufen. Er besetzt gehobene Vertriebs- und Management-Positionen vorwiegend in der Technologiebranche und ist Experte für HR Themen rund um die Digitalisierung und KI.

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