Das elektrische Kei-Car soll für den Konzern ein wichtiges Segment erobern.
Premium

Ein Elektroauto für 12.000 Euro: So planen Nissan und Mitsubishi Motors den Einstieg ins Billigsegment

Günstige Elektroautos sind in Europa sehr selten. Die japanischen Autohersteller Nissan und Mitsubishi machen vor, wie es gehen könnte.

Tokio Gerade im Einstiegssegment ist die Auswahl für Käufer eines Elektroautos überschaubar. Das Ende des VW E-Up ist beschlossene Sache, ein günstiger Nachfolger ist frühestens für 2025 angekündigt. Allein der Dacia Spring bewegt sich dank Kaufprämie in etwa auf dem Preisniveau eines Verbrenner-Kleinwagens.

In Japan bieten nun zwei Autohersteller eine Alternative an. Bei Nissan heißt das Modell „Sakura“, bei Mitsubishi hört es auf den Namen „eK X“. Mit einem Preis von etwa 12.000 Euro (1,7 Millionen Yen) nach Abzug der staatlichen Zuschüsse kann sich die Basisversion mit günstigen Verbrennern messen. Die Vollversion steht mit 21.000 Euro im Katalog – bietet dann allerdings auch einen 360-Grad-Kamerablick und Fahrassistenten für halbautonomes Fahren auf der Autobahn.

Beide gehören zu dem in Japan wichtigen Segment von Kleinwagen für die Stadt, den sogenannten Kei-Cars mit maximal 3,40 Meter Länge, 1,48 Meter Breite sowie bei Verbrennern 660 Kubikzentimeter Motoren mit 64 PS. Während die europäischen Hersteller bei Elektroautos vor allem auf Premium-Autos setzen, bieten die Japaner den chinesischen Rivalen auch im Einstiegssegment die Stirn.

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

In Japan ist das lukrativ: Schon heute fahren dort 31 Millionen Kei-Cars. Als preiswerte Auslieferungsfahrzeuge im Ortsverkehr sind Kei-Cars auch in der lokalen Logistik wichtig. Besonders beliebt sind sie bei den selbstständigen Fahrern und kleinen Unternehmen mit unter 20 Beschäftigten, die immerhin 70 Prozent der 60.000 Logistikunternehmen ausmachen.

Zudem sind sie vor allem im ländlichen Raum und den Vororten verbreitet. Nur elektrisch hatte das Segment bislang wenig zu bieten.

Für ihren Vorstoß im Billigsegment haben die japanischen Hersteller von den Chinesen gelernt. Im größten Automarkt der Welt kommen Billigstromer wie der Wuling Hong Guang Mini längst auf beachtliche Verkaufszahlen, erklärt der Autoanalyst Chris Richter von der CLSA in Tokio.

Allein 2021 wurde der chinesische Billigstromer 426.500-mal verkauft. „Nissan und Mitsubishi haben die Idee für Japan adaptiert“, urteilt Richter. „Sie haben viel gelernt, das sich auf Schwellenländer übertragen lässt, in denen die Kosten ebenfalls eine große Rolle spielen.“ Ob Nissan den Sakura allerdings auch außerhalb von Japan anbieten wird, verrät der Hersteller bislang nicht.

Kleine Batterien, günstiger Preis

Mit dem Sakura will Nissan zunächst den bisher von Hybriden dominierten japanischen Markt mit erschwinglichen Elektroautos erobern. Daher habe das Team jedes Detail überprüft, um alle überflüssigen Kosten zu sparen, erklärt Riho Suzuki, die Produktmanagerin für den Sakura. Das wichtigste war die Batterie, das teuerste Bauteil eines Elektroautos.

Der Innenraum des Billigstromers ist spartanisch gehalten.
Der Innenraum des Billigstromers ist spartanisch gehalten.

Hier setzt das Unternehmen vor allem auf seine Erfahrung mit dem Nissan Leaf. Das Kompaktauto war über Jahre das meistverkaufte Elektroauto der Welt – wurde zuletzt aber von Konkurrenten wie dem Tesla Model 3 deutlich abgehängt. Die Batterietechnik aus dem Leaf kommt nun auch im Sakura zum Einsatz – allerdings mit der deutlich geringeren Kapazität von 20 Kilowattstunden.

Mit der kleineren und damit günstigeren Batterie soll der Sakura auf eine Reichweite von bis zu 180 Kilometern kommen. Allerdings ohne Autobahnfahrten: Kei-Cars würden zumeist nur für relativ kurze Fahrten in der Stadt oder auf dem Land eingesetzt, meint Suzuki. Die Batterie biete eine „gute Balance zwischen täglicher Nutzung und den Kosten“. Gebaut wird der Sakura – anders als Billigstromer wie der Dacia Spring oder der Smart EQ – nicht in China, sondern in Japan.

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Eine Testfahrt in Yokohama zeigt, dass ein kleiner Motor verbunden mit einer kleinen Batterie innerstädtisch durchaus Fahrspaß bringt. Denn der Sakura wiegt nur etwas mehr als eine Tonne – und damit halb so viel wie die Standardversion eines Tesla Model 3. Trotz des schwachen Motors ist die Beschleunigung daher überzeugend.

Mit einem günstigen Einstiegsauto könnte Nissan eine Lücke im Angebot schließen, die aktuell nur von wenigen Herstellern bedient wird. „Im Moment konzentrieren sich die meisten westlichen Hersteller auf das Gleiche wie Tesla“, erklärt Autoanalyst Richter. Auch Nissan hatte mit dem Ariya zuletzt ein elektrisches SUV auf den Markt gebracht, das vor allem Premium-Kunden überzeugen will.

Das Modell ist besonders schmal und hoch, da es in japanischen Städten auch von vielen Lieferdiensten eingesetzt werden.
Das Modell ist besonders schmal und hoch, da es in japanischen Städten auch von vielen Lieferdiensten eingesetzt werden.

Doch Autos mit großer Batterie und großer Reichweite sind meist auch entsprechend teuer. In das kostensensible Einstiegssegment wagt sich bislang weder der Elektropionier Tesla noch Konzerne wie Volkswagen. Dabei haben die etablierten Autokonzerne hier einen strategischen Vorteil, meint Autoanalyst Richter: „Ein großer Hersteller kann sich viel leichter auf Nischen konzentrieren als eine viel kleinere Marke wie Tesla.“

Und ein Problem könnte den Durchbruch der elektrischen Kei-Cars auch im Heimatmarkt noch verzögern: Viele Japaner schrecken vor dem Kauf von reinen Stromern zurück, weil nur wenige der kostenpflichtigen Parkplätze der Wohnblöcke oder privater Parkplatzanbieter Stromanschlüsse bieten.

Und auch die chinesische Konkurrenz schielt längst auf das lukrative Einstiegssegment in Japan: BYD (Build Your Dreams) will Anfang 2023 mit Elektroautos in Japan starten.

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Jetzt Handelsblatt Premium zum Vorteilspreis sichern - Zum Angebot

Ein Elektroauto für 12.000 Euro: So planen Nissan und Mitsubishi Motors den Einstieg ins Billigsegment

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelsblatt schreibt über Substanz entscheidet

Das Handelsblatt ist das führende Wirtschaftsmedium in Deutschland. Rund 200 Redakteure und Korrespondenten sorgen rund um den Globus für eine aktuelle, umfassende und fundierte Berichterstattung. Über Print, Online und Digital kommunizieren wir täglich mit rund einer Million Leserinnen und Lesern. NEU: Diese Seite bietet Premium-Mitgliedern eine Auswahl der besten Artikel vom Handelsblatt direkt hier.

Artikelsammlung ansehen