Ein Rücktritt darf nicht wie ein Beziehungsdrama wirken
Wer sein Amt aufgeben will, sollte das gut vorbereiten, sonst droht Schaden
Oft unterschätzt wird, wie man die Betroffenen angemessen dazu informiert
Wer keine guten Gründe nennt, hinterlässt schnell verbrannte Erde
Wenn eines momentan modern, zumindest sehr aktuell ist, dann ist es der Rücktritt. Mit sofortiger Wirkung oder perspektivisch, aus eigenem Antrieb oder halb erzwungen, absehbar oder plötzlich und unerwartet. Aktuelle Beispiele dafür haben uns zuletzt Frau Kramp-Karrenbauer, Herr Klinsmann oder Kardinal Marx geliefert.
Nur sehr eingeschränkt können wir in diesen konkreten Fällen beurteilen, was der letzte, entscheidende Auslöser für den sehr persönlichen Schritt war, von ihrem jeweiligen Amt zurückzutreten. Und zum Schluss muss es derjenige selbst am besten wissen.
Doch wann ist ein Rücktritt gelungen? Dann, wenn es eine eigene Entscheidung war, die wohlüberlegt abgewogen wurde und als beste Alternative umgesetzt wird. Er ist zusätzlich gelungen, wenn er Menschen im engeren Umfeld nicht völlig unvorbereitet trifft, im Zweifel maßlos enttäuscht und ratlos zurücklässt. Mit anderen Worten: Vermeiden Sie so abzutreten, wie man sich im schlimmsten Fall aus einer schlechten Beziehung verabschieden würde.
Ein schlecht gemachter Rücktritt kann Ihrem Ansehen dauerhaft schaden Negative Folgen für die persönliche Zukunft beziehungsweise ein Schaden für das persönliche Ansehen ist vor allem dann zu befürchten, wenn die geeignete Kommunikation einer solchen Entscheidung durch den Zurücktretenden ausbleibt. „Geeignet“ bedeutet, dass direkt betroffene Personen oder Institutionen auch direkt vom Zurücktretenden mit nachvollziehbaren Gründen informiert werden, anstatt sie bloß über dritte oder öffentliche Kanäle davon wissen zu lassen. Letzteres führt zu Recht zu Enttäuschungen und auch zu der Frage, wie ein solcher Mensch in der Zukunft handeln wird.
Ein Rücktritt ist also dann gelungen:
Wenn die Entscheidung adäquat abgewogen wurde
Wenn ich mit mir selbst im Reinen bin
Wenn es die unmittelbar Beteiligten nicht völlig unvorbereitet trifft
Wenn ich den Rücktritt begründe
Wenn ich nicht als „beleidigte Leberwurst“ die Situation beschreibe und nicht aus einer „Trotzreaktion“ handele
Wenn ich keine verbrannte Erde hinterlasse durch unnötiges Nachtreten
Wenn ich persönlich informiere in der zeitlichen Hierarchie vom Meistbetroffenen bis zur Öffentlichkeit
Vermeiden Sie den klassischen Fehler einer Trennung
Vertrauen und Verlässlichkeit sind in diesem Kontext folglich wichtige Aspekte. Der überwiegende Teil von uns liebt die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit von Mitmenschen oder Chefs. Gefühlte Enttäuschungen durch einen Bruch der Verlässlichkeit führt zu erheblichem Vertrauensverlust und der Sorge, auch in Zukunft von der Person negativ überrascht zu werden. Daher empfinden es die meisten Menschen als besonders schlimm, im Nachhinein zu erfahren, dass die betreffende Person schon länger mit der Entscheidung zum Rücktritt gerungen hat – dies aber für Außenstehende nicht erkennen ließ. Wie in einer langjährigen Beziehung, bei der zum Trennungszeitpunkt gesagt wird, dass man schon seit vielen Jahren nicht mehr glücklich ist, dies nur niemals wirklich thematisiert hat.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe größten Respekt vor Entscheidern, die von ihren Ämtern zurücktreten, obwohl sie es vielleicht nicht müssten. Diejenigen jedoch, die mutwillig egoistisch diejenigen zurücklassen, die an sie geglaubt und sich auf sie verlassen haben, sollten sich nicht wundern, wenn sie bei anderen auf Unverständnis für ihre Entscheidung treffen und ihnen Rücksichtslosigkeit und Vertrauensbruch angekreidet werden. Denn: Es geht auch anders.
Ein Paradebeispiel für einen aus meiner Sicht gelungenen Rücktritt in jüngster Zeit liefert Jean-Francois van Boxmeer von der Brauerei Heineken in den Niederlanden. In Zeiten guter Geschäfte und wachsender Umsätze kündigt er mit Vorlauf seinen Rücktritt an, weil er an die Sinnhaftigkeit eines Generationswechsels glaubt, obwohl dies mit seinen 58 Jahren sicher noch nicht zwingend anstünde. Er hatte dies schon länger geplant und gleich dafür gesorgt, dass eine Nachfolge aufgebaut und auch mit dem Rücktritt benannt wurde. Die Kommunikation intern wie auch extern verlief reibungslos. Er wird das Unternehmen mit erhobenem Haupt verlassen.
Dass ein solcher Rücktritt aus eigenem Antrieb und in guten Zeiten einfacher ist als in Krisensituationen, ist unbestritten. Dennoch kann er so gelingen, dass die eingangs beschriebenen Kriterien für einen „guten Rücktritt“ erfüllt sind.