Flughafen Atlanta: Geschäftsreisende und Expats müssen sich auf harte Kontrollen einstellen und sollten sich vorbereiten, wenn sie in die USA fliegen. Foto: REUTERS
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Einreise in die USA: Das müssen Geschäftsreisende und Expats jetzt wissen

Harte Kontrollen, Papiere, Pre-Clearance-Verfahren: Ein Jurist gibt Ratschläge zum Business-Trip in die USA – und erklärt, warum sogar Social-Media-Posts der Kinder kritisch sein können.

Düsseldorf. Wer geschäftlich in die USA reist oder von einem deutschen Unternehmen für einen längeren Arbeitseinsatz dorthin entsendet wird, ist verunsichert: Die Grenzbeamten wenden Kontrollregeln unter Präsident Donald Trump resoluter an.

Das Auswärtige Amt hat seine Reise- und Sicherheitshinweise für die USA ergänzt. Es warnt vor möglichen Festnahmen sowie Abschiebungen und weist darauf hin: „Elektronische Datenträger“ wie Smartphones und Laptops dürfen durchsucht und gegebenenfalls einbehalten werden.

Deryck Jordan ist geschäftsführender Anwalt der Kanzlei Jordan Counsel in Berlin und berät Mandanten zum US-Einwanderungsrecht. Er erklärt, wie sich Geschäftsreisende und Expats auf verschärfte Befragungen und umfassendere Gerätechecks durch Grenzbeamte vorbereiten sollten – und welche Rechte Einreisende haben.

US-Einreise: Welche Probleme können auftreten – trotz gültiger Dokumente?

„Visa und Esta-Genehmigungen erlauben die Reise nach Amerika, aber nicht automatisch die Einreise“, weist Anwalt Jordan auf eine wichtige juristische Feinheit hin.

Alle Reisenden müssten eine Einwanderungs- und Zollkontrolle passieren. Diese prüfe, ob sie legal einreisen dürfen und keine Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit darstellen. Außerdem werde kontrolliert, ob mitgebrachte Gegenstände, wie elektronische Geräte und deren Inhalte, den gesetzlichen US-Bestimmungen entsprechen.

Wie ist das übliche Kontrollprozedere an der US-Grenze?

Allein der Grenzbeamte entscheidet, ob Reisende einreisen dürfen. Bei der ersten Kontrolle stellt er einfache Fragen, zum Beispiel nach dem Reisezweck und der Aufenthaltsdauer.

Was viele nicht wissen: „Diese Beamten können auch auf viele Datenbanken zugreifen, die Informationen von verschiedenen Behörden enthalten. Dazu gehören das US-Außenministerium und Strafverfolgungsbehörden“, sagt der amerikanische Jurist.

So könnten elektronische Notizen von Konsularbeamten in der US-Botschaft in Berlin oder in den US-Konsulaten in Frankfurt und München, die während des Visumantrags gemacht wurden, zu weiteren Fragen bei der Ankunft am Flughafen in Amerika führen.

Jordan sagt: „Überzeugen die Antworten nicht, kann der Reisende zur ‚Secondary Inspection‘ geschickt werden.“ Diese Zweitkontrolle könne neben einer eingehenderen Prüfung der Dokumente und Befragung auch den Check von Gegenständen beinhalten. Ein weiterer Beamter könne dabei zusätzliche Datenbankabfragen durchführen.

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Was genau passiert, wenn die Einreise verweigert wird?

„Gibt es Gründe, die gegen eine Einreise sprechen, kann der Grenzbeamte dem Reisenden die Möglichkeit geben, seine Einreiseabsicht selbst zurückzuziehen. Dann wird die Person an den Abflugort zurückgeschickt“, erläutert Jordan.

In schwerwiegenderen Fällen, in denen strafrechtlich gegen den Reisenden ermittelt wird, erfolgt ein „Verhör in Gewahrsam“. Etwa dann, wenn ein Haftbefehl vorliegt.

Nur dann hätten Festgenommene das Recht auf einen Anwalt und das Recht zu schweigen. „Ausländer, die an der US-Grenze festgenommen oder inhaftiert werden, müssen außerdem über die Möglichkeit informiert werden, das nächstgelegene Konsulat oder die nächstgelegene Botschaft benachrichtigen zu lassen.“

Wie lange kann man bei Einreiseproblemen festgehalten werden?

Es komme nicht selten vor, dass Reisende mehrere Stunden in der Zweitkontrolle verbringen, berichtet der Jurist.

Welche Ursachen könnten zu Festnahmen oder Abschiebungen führen?

Die USA beschränken Finanztransaktionen mit oder Reisen in bestimmte Länder. Reisende, die zuvor den Iran, Irak, Jemen, Libyen, Kuba, Somalia, Sudan oder Syrien besucht haben und entsprechende Stempel in ihrem Pass haben, sollten sich nicht wundern, wenn sie zur Zweitkontrolle geschickt werden, so der Jurist.

Und er warnt: „Nutzen solche Reisenden Esta-Genehmigungen und kein Visum, ist es wahrscheinlich, dass ihnen die Einreise in die USA verweigert wird.“

Was genau ist denn der Unterschied zwischen einer Esta-Genehmigung und einem klassischen Visum?

Das elektronische System zur Reisegenehmigung (Esta) mache die Beantragung eines B1-Visums für Geschäftsreisen oder eines B2-Visums für Touristen in einem amerikanischen Konsulat beziehungsweise der Konsularabteilung einer US-Botschaft überflüssig, erläutert Jurist Jordan.

Die maximale Aufenthaltsdauer, die ein US-Grenzbeamter einem Reisenden mit einem B1-Visum in die USA gewähren kann, betrage 180 Tage. Die maximale Aufenthaltsdauer für einen Reisenden mit Esta betrage dagegen nur die Hälfte.

Wegen des einfacheren Beantragungsverfahrens wählten viele Geschäftsleute die Onlinevariante, weiß Jordan. Das reiche durchaus aus, um zu Business-Meetings in die USA zu reisen, sagt der Jurist.

Wann kann eine Esta-Genehmigung bei Geschäftsreisen problematisch sein?

Stelle ein US-Grenzbeamter zum Beispiel fest, dass der Reisende mehr Zeit in den USA als im Ausland verbringe, könne er ihm zwar die Einreise gestatten, ihn aber anweisen, vor seiner nächsten Reise ein geeigneteres Visum zu beantragen. „Das ist nicht ohne“, sagt der Anwalt. Werde dieser Visumantrag abgelehnt, kann der Reisende auch das Esta-Verfahren nicht mehr nutzen.

Welche Berufsgruppen müssen fürchten, dass ihr Visumsantrag abgelehnt wird?

Freiberufler und digitale Nomaden, die heute hier und morgen da arbeiten, müssen befürchten, dass ihr Visumsantrag für die USA abgelehnt wird. Es gibt laut Jurist Jordan kein spezielles US-Visum für digitale Nomaden, und freiberufliche Arbeit sei mit einem B1-Geschäftsvisum nicht erlaubt. Diese Berufsgruppen hätten es schwer, US-Beamte davon zu überzeugen, dass ihre Haupteinnahmen nicht in den USA erzielt werden.

Warum kann es kritisch sein, wenn das Notebook oder das Smartphone untersucht werden soll?

US-Grenzbeamte können Reisende auffordern, ihre elektronischen Geräte zur Kontrolle vorzulegen. Geschäftsreisende haben oft Zugang zu sensiblen Informationen, wie den Geheimnissen ihres Arbeitgebers und vertraulichen Daten von Geschäftspartnern. „Damit stecken sie in einem Dilemma, da es ihnen möglicherweise vertraglich untersagt ist, solche vertraulichen Informationen oder Geschäftsgeheimnisse an Dritte weiterzugeben“, sagt der Jurist.

Deryck Jordan: Der Rechtsanwalt berät Geschäftsreisende zu US-Einreisebestimmungen. Foto: Jordan Counsel

Was passiert, wenn man sich weigert, sein Gerät auszuhändigen oder Passwörter einzugeben?

„Reisende, die sich weigern, ihre elektronischen Geräte durchsuchen zu lassen, riskieren, dass US-Grenzbeamte diese vorübergehend beschlagnahmen“, warnt Anwalt Jordan. Dies gelte auch, wenn der Reisende den Flughafen verlassen dürfe.

Für ausländische Besucher mit Esta oder Visum bestehe das Risiko, dass ihnen die Einreise in die USA verweigert wird. Zudem könnten sie in Zukunft gezwungen sein, ein Visum zu beantragen, anstatt Esta zu nutzen.

Greencard-Inhaber, die sich der Durchsuchung ihrer elektronischen Geräte widersetzen, riskierten, dass der Grenzbeamte Zweifel an ihrem Status äußere. Ihnen werde die Einreise in die USA zwar erlaubt, jedoch müssten sie möglicherweise vor einem Einwanderungsrichter erscheinen.

Schützt es vor Kontrolle, wenn ein Notebook zum Beispiel von der Fluglinie im aufgegebenen Koffer transportiert wird?

„Nein, bei einer Zweitkontrolle kann auch aufgegebenes Gepäck durchsucht werden“, sagt Jordan.

Wie sollten sich Geschäftsreisende mit Ihrem Arbeitgeber auf kritische Situationen vorbereiten?

„Unternehmen können Standardverfahren entwickeln, um vertrauliche Informationen sicher über die US-Grenze zu transportieren“, sagt Jurist Jordan.

Ein Arbeitgeber könnte von Mitarbeitern, die häufig in die USA reisen, verlangen, dass sie alle vertraulichen Dateien und Apps, die darauf zugreifen, vor der Einreise ausschließlich auf Cloud-Servern speichern.

Das Unternehmen könne dann einen Pool von Laptops bereitstellen, die von USA-Reisenden gemeinsam genutzt würden. Um so sicherzustellen, dass sich auf keinem einzelnen Gerät sensible Daten befänden.

Was bedeutet eine Ablehnung für künftige Einreiseversuche?

„Wird einem Reisenden die Einreise verweigert, heißt das nicht automatisch, dass er nie wieder in die USA reisen darf“, sagt der Anwalt. Allerdings könnten die Betroffenen wahrscheinlich nicht mehr das Online-Genehmigungsverfahren nutzen. Stattdessen müssten sie ein US-Visum beantragen.

Lassen sich Probleme bei der Einreise später bereinigen?

Manchmal müssten Reisende wegen falscher Informationen in einer Datenbank eine zweite Kontrolle durchlaufen. Kläre sich das Missverständnis, sollte die nächste Einreise glattlaufen. Komme es dagegen immer wieder zu eingehenderen Befragungen, lasse sich beim sogenannten „Traveler Redress Inquiry Program“ eine Korrektur beantragen.

Bekommen Geschäftsreisende, die abgewiesen werden, Reisekosten erstattet?

„Wenn jemand nicht in die USA einreisen darf, muss die Fluggesellschaft ihn zurückbringen“, sagt Jurist Jordan. Je nach Ticket könne die Fluggesellschaft versuchen, die Kosten vom Passagier zurückzubekommen.

Betroffene könnten dann ihrerseits versuchen, das Geld von ihrer Reiseversicherung zurückzufordern. Anwalt Jordan sieht dafür allerdings nur geringe Chancen.

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Kann man die Einreise in die USA bereits vor Abflug aus Europa sicherstellen?

Bei der Vorabfertigung („Preclearance“) führen US-Grenzbeamte an ausländischen Flughäfen eine Erst- und Zweitkontrolle durch, bevor Reisende das Flugzeug überhaupt besteigen. Derzeit gibt es in Europa zwei Vorabfertigungspunkte: im irischen Dublin und Shannon. Allerdings gilt auch hier laut Anwalt: „Wer die Durchsuchung elektronischer Geräte verweigert, dem kann das Boarding verboten werden.“

Gibt es Besonderheiten, auf die deutsche Expats vorbereitet sein sollten?

Jurist Jordan sagt, dass Mitarbeiter, die ins Ausland entsandt werden, oft ihre Familien mitbringen. Kinder von Expats, die 21 Jahre oder älter sind, könnten mit einem Studentenvisum in die USA reisen. Es sei wichtig zu wissen, dass das US-Außenministerium eine neue Richtlinie prüfe. Diese soll vorschreiben, die Social-Media-Aktivitäten aller Antragsteller für Studentenvisa zu überprüfen.

Anwalt Jordan erklärt, dass negative Ergebnisse solcher Social-Media-Suchen auch die Familienmitglieder des Antragstellers indirekt betreffen könnten. Zum Beispiel: Postet ein deutscher Student in den sozialen Medien etwas, das nach Ansicht des US-Außenministeriums gegen amerikanische Interessen verstößt, könnte sein Studentenvisum widerrufen werden. Jordan erklärt weiter: „Wenn der Elternteil diesen Beitrag geliked hat, ist es theoretisch möglich, dass auch sein Geschäftsvisum widerrufen wird.“

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