Entspannungsmethoden & Prävention: Wer früh vorbeugt, ist später besser dran
Gesundheitsprogramme rund um Stressbewältigung und Entspannung zum Innehalten boomen. Auch das Gesundhaus i-Tüpferl in Steindorf bietet verschiedene Angebote sowie zahlreiche Veranstaltungen und Kurse zum Thema. Doch was unterscheidet die verschiedenen Angebote, und wie wirksam sind die Entspannungsmethoden?
Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson
Die Progressive Muskelentspannung (PME; auch progressive Muskelrelaxation, PMR, progressive Relaxation, PR, oder Tiefenmuskelentspannung) ist eine Entspannungsmethode, bei der durch die willentliche An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen ein Zustand tiefer Entspannung im gesamten Körper erreicht werden soll. Entwickelt wurde sie vom US-amerikanischen Arzt Edmund Jacobson. Er fand heraus, dass seelische Erkrankungen mit einer Anspannung der Muskeln zusammenhängen. Die gezielte Entspannung der Muskeln verringert ihm zufolge die Aktivität von Nerven - gleichzeitig nimmt die psychische Anspannung ab. Im Jahr 1929 veröffentlichte er seine Ergebnisse und seine Theorie der abwechselnden Anspannung und Entspannung als Therapie. Auch begleitend im Rahmen einer Psycho- und Verhaltenstherapie, in der Geburtsvorbereitung, Rehabilitation oder Zahnmedizin kann progressive Muskelentspannung genutzt werden. Progressiv (voranschreitend) ist das Training, weil der Übende mit fortschreitender Praxis und schrittweise immer besser lernt, die wichtigen Muskelgruppen wahrzunehmen und zu entspannen. Ursprünglich umfassten die Übungen nach Jacobsen 30 Muskelgruppen. Inzwischen haben sich deutlich kürzere Anwendungen etabliert, die die gleiche Wirkung haben.
Ziele der progressiven Muskelentspannung:
Achtsamkeit für die empfundenen Unterschiede zwischen Anspannung und Entspannung
Reduzierung von Angst- und Schlafstörungen, Schluckbeschwerden, Verspannungen der Muskulatur und gastrointestinale Störungen
Ausgeglichenheit
Erholung
Konzentration
Wahrnehmen von Muskelanspannung und Verminderung dieser Anspannung
Beruhigung des vegetativen Nervensystems durch Steigerung der Aktivität des Parasympathikus und Verminderung der Aktivität des Sympathikus
positive Beeinflussung der Psyche über die Muskulatur.
Die Übungen im Gesundhaus i-Tüpferl werden unter Anleitung durchgeführt. Die Dauer einer Übungseinheit ist unterschiedlich. Durchgeführt werden sie von Annemarie Binder, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Traumatherapeutin, Feeling-Seen-Therapeutin, Neurofeedbacktherapeutin.
Autogenes Training
Das autogene Training nutzt die menschliche Fähigkeit, sich Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen so plastisch vorzustellen, dass sie darauf körperlich reagieren (Autosuggestion). Äußere Reize werden ausgeblendet, so dass ein Zustand der Ruhe erreicht wird. Alle Übungen werden durch Ruhevorstellungen begleitet. Nach den Übungen stellt sich das vegetative Nervensystem um und schaltet von Spannung auf Entspannung. Einige Krebspatienten machen die Erfahrung, dass sie mit Hilfe des Trainings die Nebenwirkungen der Chemotherapie besser vertragen, weniger Schmerzen haben und Ängste gelindert werden. Im Vergleich zu anderen Entspannungsverfahren ist eine längere Übungsphase erforderlich.
Im Gesundhaus i-Tüpferl leitet u. a. Annemarie Binder, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Traumatherapeutin, Feeling-Seen-Therapeutin, Neurofeedbacktherapeutin die Autogenes-Training-Kurse sowie Schnupper-Abende.
Tai Chi und Qi Gong
Tai Chi und Qi Gong haben ihre Wurzeln im Taoismus: Qi Gong als ein System der Traditionellen chinesischen Medizin und Tai Chi als eine innere Kampfkunst (traditionell kann ein guter Arzt ebenso gut die Akupunkturnadel führen wie das Schwert). Im Fokus stehen die Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit sowie die Kultivierung der Lebensenergie „Qi“.
Qi Gong als ein Gesundheitssystem
Qi Gong ist ein Oberbegriff für eine große Anzahl von einzelnen Atem-Übungen. Häufig werden sie zu einem Set zusammengefasst. Die Übungen werden meist im Stehen, aber auch im Sitzen oder Liegen ausgeführt. Der Übende verbindet die Bewegung mit Bewusstsein und einer bestimmten Atmung. Die Bewegungen werden mehrfach wiederholt. Qi Gong ist mehrere tausend Jahre alt. Es ist älter als Tai Chi und wurde entwickelt, um Menschen zu helfen, gesund zu bleiben bzw. zu werden. Die Lebensenergie „Qi“ ist in einem gesunden Körper in Harmonie (Yin und Yang sind ausgeglichen). Bei Beschwerden bzw. Krankheiten sind Yin und Yang nicht mehr im Gleichgewicht. Mit Qi Gong, das meist nur im Stehen praktiziert wird, sollen energetische Dysbalancen ausgeglichen werden.
Tai Chi als eine Kampfkunst
Tai Chi ist ein vielfältiges Kampfkunstsystem, das aus Meditation, stillem und bewegtem Qi Gong, den Tai Chi Formen und Partnerübungen besteht. Es ist ein komplettes und in sich geschlossenes Kampf- und Gesundheitssystem. Das zentrale Element des Tai Chi ist die Handform, eine Folge von langsam ausgeführten Bewegungen, die fließend ineinander übergehen und sich zu einem scheinbar unendlichen Fluss von Bewegungen verbinden. Ziel ist es, den Übenden im Kampf zu schulen. Die Bewegungen der Tai Chi Form sind beispielsweise eine Folge von Angriffs- und Abwehrtechniken. Nachdem die Kampfkünste ihren militärischen Wert verloren haben, wurde Tai Chi öffentlich unterrichtet und hauptsächlich als Gesundheitssystem genutzt, das zu mehr Ruhe und Entspannung führt. Tai Chi hilft, sich mehr zu bewegen und den gesamten Körper sanft zu aktivieren.
Das ist bei Beeinträchtigungen zu beachten:
Bei diesen Erkrankungen bzw. Beschwerden sollte die Progressive Muskelentspannung nicht zum Einsatz kommen: akute Psychose und schwere Depression, bestimmte Krankheiten von Organen wie schwerer verlaufende Atemwegserkrankungen oder, stark erniedrigter Blutdruck, bei Panikstörungen, Problemen mit der Realitätswahrnehmung, Angst vor Erkrankungen sowie Neigung zu Zwängen ist eine genaue fachliche Abwägung wichtig, bevor mit den Übungen begonnen wird. Auch ist eine Abklärung der Eignung der Entspannungsmethode bei körperlichen Erkrankungen im Allgemeinen ratsam, wie etwa Diabetes. Patienten, die unter Schmerzen leiden oder durch die Krebsbehandlung körperlich beeinträchtigt sind, sollten vorab die Tai Chi- und Qi Gong-Übungen mit ihrem Arzt absprechen.
Im Gesundhaus i-Tüpferl führt Karin Feichter die Qigong-Kurse durch.
Veranstaltungskalender Gesundhaus i-Tüpferl
Weiterführende Informationen:
Gesundheit und Prävention: Bedeutung, Anwendungsspektrum und Wirkung der Osteopathie
Nachhaltigkeit und Gesundheit: Warum wir mehr Körperkompetenz brauchen
Christine Bergmair: Zukunftssicheres Umsetzen von Entwicklung und Gesundheit im Kontext von SDG 11 am Beispielprojekt i-Tüpferl. In: Zukunft Stadt: Die globale und lokale Bedeutung von SDG 11. Wie die sozialökologische Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft gelingen kann. Handlungsempfehlungen – Chancen – Entwicklungen. Hg. von Alexandra Hildebrandt, Matthias Krieger und Peter Bachmann. SpringerGabler. Berlin, Heidelberg 2025.
Edmund Jacobson: Entspannung als Therapie. Progressive Relaxation in Theorie und Praxis. 3. Aufl., Pfeiffer Verlag, München 1996.