Die Macht über die eigene CEO-Brand ist Verhandlungssache - © Petar Chernaev/Getty Images

Fall Herbert Diess: Was passiert mit der CEO-Brand, wenn Vorstände gehen?

„Herbert Diess tritt als Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns ab.“ Diese Nachricht ging vor einigen Tagen durch die Presse.

Wenige deutsche Vorstände sind so präsent auf Social Media wie Herbert Diess. Für uns ein Anlass, hier einmal die Frage zu klären: Was passiert eigentlich mit einer sehr präsenten CEO-Brand, wenn diese Person das Unternehmen verlässt?

Eine Frage, die immer wichtiger wird, wenn man bedenkt, dass die durchschnittliche Verweildauer von Vorständen in Unternehmen seit Jahren sinkt. Im deutschsprachigen Raum liegt sie laut der CEO Success Study von PwC bei etwa 6,2 Jahren.

Was feststeht: Ein CEO, der auf Social Media aktiv ist, insbesondere eines DAX-Konzerns, ist nie losgelöst von der Marke, den Themen und der Strategie des Unternehmens. Auch wenn ein Vorstand mal spontan (wirkende) Beiträge zu Events oder Reisen veröffentlicht wie Diess, geht sowas in der Regel durch einige Hände. Seien es externe Berater oder interne Kommunikationsexperten.

Deswegen ist insbesondere am Anfang der Amtszeit oder spätestens, wenn die Person auf Social Media aktiv wird, eine klare Positionierung wichtig. Dazu schreibe ich hier demnächst.

Diese Positionierung samt dem persönlichen Social Media Account (insbesondere wenn er neu aufgesetzt wird) steht immer im Dienste des Unternehmens. Teilweise müssen Manager ihre Accounts sogar löschen, wenn sie das Unternehmen verlassen.

Eine CEO-Brand ist ein Asset und damit Verhandlungssache

Markus Härlin, Head of Inhouse Consulting Sales & Negotiation bei HAYS, schreibt sehr treffend:

„Tina Turner wollte bei ihrer Trennung von Ike Turner ,nur‘ ihren Namen und die Rechte an ihren Songs behalten. Eine kluge Frau – denn ,Anna Mae Bullock‘ (ihr Geburtsname) klingt nun mal nicht so schmissig. Der Rest ist Geschichte – also lerne von Tina: Du bist im Business Dein Werk, Deine Legacy und Dein guter Name. Das ist die Essenz des Personal Branding!“

Wenn sich Manager und Unternehmen trennen, wird über viele Dinge verhandelt. Die Trennungsgeschichte sollte dabei mindestens genauso wichtig sein wie die Abfindung! Denn sie bestimmt darüber, wie die Reise in Zukunft aussieht. Oder um es mit den pointierten Worten von Markus Härlin zu sagen:

„Die Frage ist nämlich: Bist Du aufrecht ,from good to great‘ auf etwas Neues zugegangen? Oder haben sie Dich als inkompetente Socke schmählich vom Hof gejagt?“

Wenn die Story steht und die offizielle Pressemitteilung veröffentlicht ist, gilt es, diese auch selbst zu kommunizieren – idealerweise über die eigenen Social-Media-Kanäle, die man dank einer guten Verhandlung (oder eines klugen Vertrags bei Amtsantritt) behalten darf.

Der rote Faden: Welche Themen bleiben, welche gehen?

Ebenfalls wichtig: Entscheiden, welche Themen bleiben und welche gehen. Das hängt natürlich auch davon ab, ob man schon eine neue Tätigkeit im Blick hat. Idealerweise hat man auch während seiner Amtszeit nicht einfach nur als verlängerte Werkbank der Marketingabteilung fungiert und ausschließlich Corporate Content geteilt – sondern auch eigene Themen kommuniziert, die einem wichtig sind. Mit einer persönlichen Note, die dennoch zum Unternehmen und zur Rolle passt.

Beispiel: Janina Kugel ist 2019 als Personalvorständin bei Siemens raus. Seit dem ist sie „Aufsichtsrätin, Advisor und Speaker“ und nach wie vor sehr aktiv auf Social Media und schreibt u.a. über die Themen Women in Leadership, Zukunft der Arbeit, Change und Diversity. Themen, die sie auch schon während ihrer Zeit als CHRO bei Siemens bespielt hat.

LinkedIn-Post von Janina Kugel
LinkedIn-Post von Janina Kugel

Anders sieht es bei Dieter Zetsche aus. Seit seinem Ausscheiden als Daimler-Chef, ist es ruhig geworden auf seinem LinkedIn-Profil. Der letzte Beitrag zeigt die „Staffelübergabe“ an den neuen Chef Ola Källenius. Dabei hat er noch über 248.000 Follower – aber nur vier Kontakte. Diese wurden anscheinend von der Kommunikationsabteilung gelöscht nach dem Ausscheiden.

Aktuell gibt es Berichte, dass Dieter Zetsche als stellvertretender Vorsitzender den SPAC Kensington Capital Acquisition Corp IV der gleichnamigen Investmentfirma Kensington Capital leiten soll. Mal schauen, ob dann auch seine LinkedIn Aktivität wieder auflebt.

LinkedIn Post von Dieter Zetsche
LinkedIn Post von Dieter Zetsche

FAZIT

Eine CEO-Brand kann nach dem Ausscheiden viele Wege einschlagen. Entweder sie lebt erfolgreich weiter, weil man von Anfang Themen vertreten hat, die einem wichtig und somit authentisch sind. Themen, die auch losgelöst von den Unternehmensthemen weitergeführt werden können.

Oder man gibt mit dem Schlüssel auch sein Social-Media-Profil ab. Eine Auszeit vertragen natürlich auch LinkedIn und XING, sofern die Abschiedskommunikation gelungen ist. Doch was kommt danach?

Das hängt unter anderem davon ab, was man als Nächstes machen möchte. Im Ruhestand möchte nicht jeder weiterhin in der Öffentlichkeit stehen. Doch wenn man weiterhin als Aufsichtsrat, Business-Mentor, Business-Angel oder Dozent agieren möchte, kann eine starke Personal Brand dabei helfen, auch nach dem CEO-Posten ein aktives Netzwerk zu pflegen und spannende Projekte an Land zu ziehen.

Marina Zayats schreibt über Personal Branding, CEO Branding

Marina Zayats ist Gründerin von Schaffensgeist - der Beratung für digitale Souveränität. Sie berät Führungskräfte und Vorstände beim Aufbau ihre Personal Brand und dem souveränen Auftritt - digital und analog. Sie ist Autorin des Buches "Digital Personal Branding" (Springer Gabler Verlag).

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