Feedback mit Freude: So erreichen Sie Ihre Mitarbeiter wirklich
Dass Feedback ein wesentlicher Teil im Lernprozess ist, ist keine neue Erkenntnis. Wenn wir in einem Fach besser werden wollen, müssen wir die eigenen blinden Flecke aufdecken und uns aus der Komfortzone hinausbewegen. Trotzdem ist die Begeisterung bei vielen Menschen eher gedämpft, wenn ihnen Feedback angeboten wird. Ein Grund dafür mag sein, dass viele Menschen danach Kritik erhalten, sei es zu einem Vorgehen oder zu einer Sache.
Hier liegt ein Missverständnis zugrunde: Feedback ist nicht dasselbe wie Kritik!
Während Kritik selten motiviert oder inspiriert, unterstützt konstruktives Feedback das Wachstum und die Entwicklung. Allerdings nur dann, wenn es so vorgetragen wird, dass die Empfänger es auch annehmen und umsetzen können.
Das „Feedback-Sandwich“ ist eine sehr beliebte Methode, um den Mitarbeitenden beim Lernprozess zu unterstützen. Dabei wird versucht, negative Kritik in positive und anerkennende Worte zu verpacken, wie in zwei weiche Brötchenhälften, damit die negative Rückmeldung bei der Person nicht auf Widerstand stößt.
Viele Berater und Trainer empfehlen diese Vorgehensweise, wenn die Frage gestellt wird, wie Mitarbeitende im Lernprozess unterstützt werden können. Allerdings bin ich der Meinung, dass es keine gute Idee ist, das Feedback-Sandwich für konstruktive Rückmeldungen einzusetzen. Es funktioniert nicht nur einfach nicht, es kann sich sogar schädlich auf die Produktivität der Mitarbeitenden auswirken.
Die Probleme dabei
1. Wenn Menschen etwas Positives hören, warten sie unbewusst auf das berühmte „Aber“, das in den meisten Fällen auch prompt folgt. Dadurch wirkt ein Lob schnell schal und vor allem unaufrichtig. Es steigert vielmehr die Skepsis; die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Feedbackgeber sinkt. Der motivierende Effekt verpufft. Denn die Menschen erwarten, dass der eigentliche Schlag erst kommt und nehmen deswegen das Gesagte gar nicht wahr.
2. Menschen erinnern sich daran, was in einem Gespräch als Erstes und als Letztes passiert ist – der Mittelteil wird einfach beschönigt (die Forschung nennt dies den Primär-Effekt). Wenn Sie mit positivem Feedback beginnen und enden, passiert es sehr leicht, dass die Kritik in der Mitte als solche abgewertet oder verschönert wird.
Das Feedback-Sandwich hilft also dem Feedbackgeber dabei, sich besser zu fühlen, aber den Empfänger bringt es nicht weiter. Selbst wenn die Absichten gut sind und niemand gern die Gefühle anderer verletzt, wirkt diese Art des Feedbackgebens noch dazu meist herablassend.
Das muss aber nicht sein. Im Folgenden beschreibe ich vier Schritte, die ich gern einsetze:
1. Sagen Sie gleich zu Beginn, warum Sie Feedback geben
Starten Sie mit einer Einleitung wie: „Haben Sie ein paar Minuten Zeit? Ich würde Ihnen gern Feedback geben. Ich habe sehr hohe Erwartungen an Sie, und ich bin mir sicher, dass Sie diese erreichen können.“ Anstatt sich angegriffen zu fühlen, bekommt die Person das Gefühl, dass Sie hinter ihr stehen und an ihre Zukunft glauben. Menschen sind offen für Anregungen, wenn sie davon ausgehen können, dass sie ihnen helfen. Außerdem wird durch diese Einleitung das Gehirn darauf vorbereitet, dass tatsächlich etwas Konstruktives folgt. Wenn Sie auf Ihre Frage ein Ja erhalten, haben Sie nicht nur die Erlaubnis bekommen, sondern auch die Neugierde im anderen geweckt. Allein durch diesen Satz geben Sie der Person das Gefühl, selbst entscheiden zu können.
2. Benennen Sie genau das, was Sie auch tatsächlich gesehen und gehört haben
Streichen Sie alle Wörter weg, die nicht objektiv sind. Menschen geben ihnen unterschiedliche Bedeutungen. So macht es einen Unterschied, ob sie hören: „Sie sind nicht zuverlässig“ oder „Sie sagten, dass ich noch an diesem Tag eine E-Mail dazu bekommen würde, aber ich habe sie noch immer nicht erhalten.“ Auch bei positivem Feedback hilft es, genau zu sein und zu spezifizieren, was die andere Person vermehren oder verringern kann.
3. Denken Sie an die Wirkungsaussage
Erklären Sie, wie sich das Verhalten auf Sie persönlich bzw. Ihre Arbeit ausgewirkt hat. Sie könnten zum Beispiel sagen: „Weil ich die E-Mail nicht bekommen habe, konnte ich dem Kunden nicht Bescheid geben.“ Oder: „Ihre Vorleistung hat mir geholfen, den Kunden vom Konzept zu überzeugen.“ Eine solche Aussage stellt zwischen den einzelnen Punkten eine Beziehung und einen Zusammenhang her.
4. Schließen Sie mit einer Frage ab
Großartige Feedbackgeber schließen ihre Nachricht mit einer Frage. Sie sagen etwas wie: „Nun, wie sehen Sie das?“ Solche Fragen helfen dabei, dass aus einem Monolog ein Dialog mit einer gemeinsamen Problemlösungssituation wird.
Feedback ist Lernen und sollte im Idealfall auf beiden Seiten Freude machen. Das „Sandwich“ ist eine veraltete Empfehlung – sie ist auf die Fähigkeiten und Unsicherheiten von Führungskräften ausgerichtet, von denen erwartet wird, dass sie durch regelmäßige Rückmeldungen den Mitarbeitern helfen, ihre Leistung zu verbessern. Wenn Sie stattdessen den vier Empfehlungen folgen, haben Sie wirklich die Möglichkeit, jedem Mitarbeiter zum Erfolg zu verhelfen. Wie stark wäre unsere Welt, wenn die Menschen keine Angst hätten, Risiken einzugehen oder selbstständig zu denken – wenn sie sich vielmehr sogar freuen könnten, von und mit anderen durch Feedback zu lernen?