Streit und mentaler Stress unter Kolleg•innen können sehr belastend sein. - ©SIphotography / GettyImages

Frag Dein XING! „Wie kann ich im Team streiten ohne Stress?“

Statt über Sachfragen zu diskutieren, ging es am Ende wieder einmal nur um persönliche Befindlichkeiten und das Vorhalten alter Rechnungen. Wie wir hitzige Situationen beruhigen können und lernen konstruktiv zu streiten, erklärt eine Expertin.

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In Diskussionen mit Kolleg•innen wird es manchmal persönlich und ganz schön heftig. Das nervt und strengt mich sehr an. Wie kann ich lernen, konstruktiv und ohne Stress zu streiten?
Reinhild Fürstenberg ist Expertin für gesunde Führung, Job & Karriere und Mental Health.
Reinhild Fürstenberg ist Expertin für gesunde Führung, Job & Karriere und Mental Health.

Lieber XING Nutzer,

Deine Frage ist klasse und gerade in diesen besonderen Zeiten äußerst relevant. Streit und mentaler Stress unter Kolleg•innen können tatsächlich sehr belastend sein und wirken sich direkt auf unsere Kraft und Leistungsfähigkeit aus. Ich finde es deshalb enorm wichtig, am Arbeitsplatz ein angenehmes und gesundes Klima zu schaffen, in dem sich alle Teammitglieder wohl fühlen und man Themen und Projekte gestärkt vorbringen und umsetzen kann.

Die folgenden Tipps können helfen, offen, wohlwollend und konstruktiv in den Austausch zu gehen.

  • Jedes Team braucht einen Gong! Und das meine ich wörtlich – wobei es z.B. auch eine Klingel oder ein ähnlicher Ton sein kann. Wenn sich ein Teammitglied in einer Diskussion nicht wohl fühlt, weil es im Meeting vielleicht zu persönlich geworden ist, schlägt es den Gong. Jetzt gibt es eine Minute Pause – alle atmen einmal durch und fokussieren sich wieder auf das Thema des Meetings. Wenn Bedarf ist, kann anschließend auch eine kurze Feedbackrunde eingebaut werden. Das bringt das Team wieder dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

  • Störungen haben immer Vorrang. Sachliche Themen mit Ausdauer und Herzblut zu diskutieren und auch mal anderer Meinung zu sein, ist völlig in Ordnung. Schwierig wird es erst dann, wenn Emotionen ins Spiel kommen und der Austausch unsachlich wird. Es ist deshalb wichtig, erst das Problem aufzudecken und dann das Sachthema in Ruhe wieder anzugehen.

  • Es muss nicht gleich für jede Anspannung eine Lösung gefunden werden. Es genügt, das Problem erstmal zu benennen und offen zu sagen, was uns verletzt oder gestört hat. Später kann man sich in Ruhe Zeit nehmen, um den Konflikt angemessen zu besprechen.

  • Bevor eine Diskussion eskaliert, lohnt es sich außerdem, erstmal in die Beobachter-Rolle zu schlüpfen und zuzuhören. Tief ein- und auszuatmen und bewusst Einfluss auf sein Handeln zu nehmen: Muss ich meine Meinung gerade kundtun?

  • Der Klassiker ist immer wieder ein guter Rat: Ehrliche, erklärende Ich-Botschaften senden, statt zu beschuldigen (statt „Du hörst mir ja nie zu“ eher „Ich fühle mich gerade nicht verstanden und alleingelassen mit unseren gemeinsamen Aufgaben“). Das sorgt für mehr Verständnis und Kompromissbereitschaft und wirkt deeskalierend.

  • Die Vergangenheit ist Vergangenheit. Es hilft nicht, immer wieder alte Verhaltensmuster („Du hast Dich ja noch nie konstruktiv in unsere Aufgaben eingebracht!“) anzuprangern. Am besten bleibt man im Hier und Jetzt und schürt nicht unnötig Frust.

  • Ist man in Gesprächen selbst emotional, sollte man ruhig bleiben und keine wichtigen Entscheidungen treffen. Oft bringt es schon etwas, eine Nacht drüber zu schlafen und am nächsten Morgen frisch gestärkt ans Thema zu gehen.

  • Wichtig ist es auch, auf die eigene Sprache zu achten. Spreche ich mit einer positiven und wohlwollenden Grundausrichtung? Oder bin ich vielleicht provokativ und beleidigend in meiner Wortwahl?

  • Wenn sich eine Diskussion unaufhaltsam zuspitzt, lohnt es sich zudem, sich einmal auf die Fakten zu konzentrieren. Sprich: Worum geht es in unserem Meeting überhaupt, was wollen wir erreichen und was ist unser gemeinsames Ziel?

  • Häufig kann ein zusätzliches Gespräch im kleinen Kreis oder unter 4 Augen den Konflikt bereits mindern: Man ist in einem direkteren Austausch und hat Ruhe und Zeit für die Belange des Gegenübers.

  • Halten die Spannungen dauerhaft an und lassen sich diese innerhalb des Teams nicht lösen, muss die Führungskraft eingebunden werden und aktiv unterstützen. Oft hilft es schon, eine neutrale Meinung von außen einzuholen.

Wichtig ist es, rechtzeitig zu erkennen, dass stressbelastete Beziehungen, ob privat oder am Arbeitsplatz, schlecht für unsere mentale Gesundheit sind. Forschungen zeigen, dass gute und harmonische Beziehungen uns glücklicher und gesünder machen und wir dadurch länger leben. Soziale Verbindungen haben laut Experten einen wesentlichen Einfluss auf unser Immunsystem. Ständig in Konflikt zu sein, wirkt sich nur nicht auf unseren Körper, sondern auch auf unser Gehirn aus. Wird dieser belastende Zustand nicht gelöst, führt das zu Störungen. Das sehen wir immer wieder in unseren Beratungen.

Andererseits lässt sich aus Konflikten und der Zusammenarbeit im Team auch eine Menge mitnehmen. Ich bezeichne die Arbeitswelt als „Schule des Lebens“. Das bedeutet, dass man sich in kritischen Momenten mit Kolleg•innen auch selbst hinterfragen sollte: Habe ich mich richtig verhalten? Was kann ich vielleicht ändern? So bleibt der Konflikt kein reiner Konflikt und wir lernen etwas daraus, was wir für andere Situationen nutzen können.

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Wer schreibt hier?

Reinhild Fürstenberg ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin des Fürstenberg Instituts. Seit 1989 unterstützt die diplomierte Gesundheitswissenschaftlerin Unternehmen und Organisationen dabei, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte nachhaltig zu verbessern. Die XING Insiderin schreibt über gesunde Führung, Job & Karriere und Mental Health und wurde für ihre Beiträge als TopMind 2021 ausgezeichnet.

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