Freude und Genuss in Fülle: Wie wir die Kurve kriegen
Unsicherheit und Ängste nahmen zu, die Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, auf Reisen und Gastronomiebesuche musste weitgehend verzichtet werden - und doch verloren viele Menschen nicht ihren Humor, weil er ihr Leben erträglicher machte und in ein helleres Licht rückte. So erging es auch Schauspielerin Elena Uhlig.
Im ersten Lockdown sagte sie zu ihrem Partner, dem Schauspieler Fritz Karl, dass der Narr auch in schwierigen Zeiten „aufspielen und das Volk unterhalten“ muss. Irgendwann sagte er genervt: „Dann setzen wir uns jetzt vor diese weiße Wand.“ Sie hielt die Kamera, und er sagte: „Dann red!“ Das tat sie über den Tag 5 im Lockdown. Nach 30 Sekunden brach sie ab: „Du musst was sagen.“ - Er: „Nee. Ich sag nix.“ Dieses Video stellte sie dann auf Instagram, wo es schnell geteilt wurde. Zu Beginn hatte sie 6000 Follower, eine Woche später waren es schon 10.000, heute weit über 100.000. Es geht ihnen nicht um Millionen Follower, sondern um jene, die wenigstens einmal am Tag lachen möchten. Elena Uhlig führte dann eine Art Videotagebuch, das zum Kult wurde und in die Petition „Rettet Herrn Karl!“ mündete: Sie als aufgedrehte Ehefrau und Fritz Karl als schweigender Mann.
Beide improvisierten und zeigten sich regelmäßig, waren als Künstler während des Lockdowns also präsent. Die positiven Reaktionen haben sie angespornt, weiterzumachen. Als sie nach 47 Tagen mit dem Tagebuch aufhörte, begann die Social-Media-Karriere erst richtig – dank ihres Improvisationstalents und der Talk-Sendung „Uhligs stilles Örtchen – endlich mal in Ruhe reden“ sonntags auf Instagram, in dem sie mit Prominenten wie Henning Baum, Guido Maria Kretschmer, Jürgen von der Lippe oder Annette Frier spricht. Die Toilette ist der einzige Ort, wo sie sich abschließen kann und Ruhe hat.
Es ist sofort spürbar, dass sie keine Angst (mehr) vorm Scheitern hat. Das war allerdings ein langer Prozess, zu dem auch vor einigen Jahren die Erkenntnis gehörte, dass ihr ihre Figur egal ist – auch wenn sie sich manchmal fragt: „Warum bist ausgerechnet du, eine 45-Jährige, die Konfektionsgröße 44/46 hat, ausgezogen, das Internet zu erobern?“ Weil die Zeit reif dafür ist – und Reife hat mit Fülle und Vollendung zu tun, die wir für Freude und Lebensgenuss brauchen. Und darum ging es bereits in ihrem Buch: "Mein Gewicht und ich – Eine Liebesgeschichte in großen Portionen", in dem ebenfalls Rezepte verzeichnet sind.
„Frau Uhlig“ ist Volksschauspielerin, die eben genauso ist, wie viele andere Frauen auch - nicht dünn und ausgemergelt wie andere Schauspielkolleginnen oder Models. Ihre Definition von Schönheit berücksichtigt Eigenart und Mannigfaltigkeit und propagiert keinen körperlichen Idealzustand. Fitnessstudios, „die wie Pilze aus dem Boden sprießen“, sind für sie „Pickel der modernen Zeit“, eine „Hochstilisierung der Wirtschaft“. All das braucht sie nicht für eine positive Ausstrahlung und Sex-Appeal - selbst wenn vielleicht ein paar mehr Kilo zu viel „drauf“ sind. „Echte“ Frauen wie sie haben ihren Typ akzeptiert und verschwenden keinen Gedanken daran, dass Attraktivität eine Frage der (schmalen) Figur sein könnte. In jedem Pölsterchen steckt Leben. Elena Uhlig ist ein Genuss-Mensch, der gern kocht und isst. Ihr Motto im Leben:
Das Leben genießen geht für sie nur mit einem gut gefüllten Kühlschrank. Schlimmer als Liebeskummer ist für Elena Uhlig Essensentzug. "Den Mann übersteht man, das wird einem schnell klar", schreibt sie. "Wenn man an nichts anderes mehr als an Essen denken kann, hat man den Mann überstanden." Das Leben ist für sie auch viel zu kurz für Diäten und anstrengende Sportstunden. Kurz vor ihrem 40. Geburtstag machte sie Schluss mit dem Schlankheits- und Diätenwahnsinn, auch wenn er den Anforderungen der Filmbranche nicht entspricht. "Es muss auch Schauspielerinnen wie mich geben."
Bekannt wurde sie vielen mit der Serie "Mit Herz und Handschellen" an der Seite von Henning Baum. Dabei war sie auch im Film "Alles auf Zucker" und in der Komödie "Keinohrhasen". Sie spielte mit in "Klassentreffen" und in Serien wie "Heldt", "Dr. Klein" und "Soko München". Außerdem war sie in "Der Junge muss an die frische Luft" unter der Regie von Oscar-Preisträgerin Caroline Link im Kino zu sehen sowie im Improvisationsfilm "Klassentreffen" (2019). Sie hat vier Kinder und lebt mit ihrer Familie in München. Auch dies gehört zu ihrer „Liebesgeschichte in großen Portionen“.
Darin beschreibt sie nicht nur die Lust am Essen, sondern auch den Alltag, zu dem es irgendwann auch gehörte, den Personal Trainer gegen lange Spaziergänge auszutauschen (die aber führen nicht bergauf - es sei denn, eine Seilbahn hilft, und das Ziel ist in Form eines Wirtshauses leicht erreichbar). „Warum muss es immer mehr sein? Warum ist man nie zufrieden? Warum muss man immer an die Grenzen gehen? Warum reicht nicht einfach spazieren?“ Wer sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, sollte auch die Kurve zum Bauch bekommen – und das ist Elena Uhlig auf bemerkenswerte Weise gelungen:
Sie kritisiert zu Recht, dass es Biene Maja und Pumuckl schon vor Jahren an den Bauch ging – sie wurden für das Fernsehen nämlich verschlankt. Und so fehlen ihnen auch Ausstrahlung, Seele und das eigene Navigationsinstrument. Vor diesem Hintergrund ist ihr Buch auch ein Plädoyer für die richtige Entscheidungsfindung: „HÖR AUF DEINEN BAUCH!“ Damit ist sie nicht allein. Gemeinsam mit dem Unternehmer, Personalexperten und Autor Werner Neumüller habe ich viele Beispiele zusammengetragen, die diese Ansicht unterstützen: So sagte der Gründer und Investor Frank Thelen vor einigen Jahren: „Und man hat eine Nase, um den Mist zu riechen, und einen Bauch, um zu fühlen, ob es passt.“ Für Werbung, so der Unternehmer Erich Sixt, sollten keine großen Komitees gebildet werden, denn das geht auf jeden Fall schief. Das muss „aus dem Bauch heraus“ entschieden werden.
Weiterführende Informationen
Elena Uhlig: Mein Gewicht und ich. Eine Liebesgeschichte in großen Portionen. Knaur Verlag, München 2016.
Karin Padinger: Die Intuition lügt nie. In: Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.
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