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Fristlos kündigen – wann ist das möglich?

Eine fristlose Kündigung ist in Deutschland nur in Ausnahmefällen zulässig. Doch manchmal ist sie notwendig, um Dich vor einem „unzumutbaren“ Arbeitsverhältnis zu schützen. Dies gilt übrigens für Arbeitgeber·innen und Arbeitnehmer·innen gleichermaßen.

Wenn ein Arbeitsverhältnis gekündigt wird, gilt normalerweise eine Frist. Eine solche ordentliche Kündigung kann aus verschiedensten Gründen erfolgen. Vielleicht suchst Du neue berufliche Herausforderungen, Du erlebst private Veränderungen oder das Unternehmen steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten?! Die Fristen bei einer solchen ordentlichen Kündigung betragen meist einige Wochen bis wenige Monate, was beiden Seiten ausreichend Zeit gibt, um sich auf die neue Situation vorzubereiten. Aber was, wenn das Arbeitsverhältnis für Dich nicht mehr tragbar erscheint?

Die fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer·innen

Du wirst von Deinen Kolleg·innen gemobbt, erfährst sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz oder siehst Deine Gesundheit bedroht? In solchen und weiteren drastischen Fällen ist eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer·innen nicht nur zulässig, sondern manchmal zum Selbstschutz sogar notwendig. Die fristlose Kündigung wird auch als außerordentliche Kündigung bezeichnet und der Name macht bereits deutlich: In außergewöhnlichen Fällen darfst Du ohne Frist kündigen, sprich Du kannst den Arbeitsplatz sofort und ohne rechtliche Konsequenzen verlassen. Dafür muss es aber einen schwerwiegenden Grund geben. Hierzu regelt das Bürgerliche Gesetzbuch im Paragraf 626:

„Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“.

Wichtig zu wissen ist auch, dass Du von diesem Recht nur innerhalb von zwei Wochen Gebrauch machen kannst, nachdem der legitime Kündigungsgrund eintrat und Du davon Kenntnis erlangt hast. Zudem musst Du die Kündigung schriftlich einreichen und den Kündigungsgrund erläutern. Aber wie können solche schwerwiegenden Gründe aussehen? Hier einige Beispiele:

  • wiederholt ausbleibende oder verspätete Gehaltszahlungen

  • Mobbing, Bossing oder (sexuelle) Belästigung am Arbeitsplatz

  • Gesundheitsgefährdung am Arbeitsplatz (unzureichender Arbeitsschutz)

  • schwere Verstöße gegen den Arbeitsvertrag wie das Erzwingen illegaler Handlungen

Es gibt jedoch auch Grauzonen, in denen Du die Vorgesetzten zuerst informieren und ihnen die Chance geben musst, die Missstände zu beheben – oder in denen Du zuerst prüfen musst, ob „mildere Mittel“ möglich sind. Daher kann es für Laien schwierig sein, die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung mit Sicherheit festzustellen. Es empfiehlt sich deshalb, Dir im Zweifelsfall anwaltlichen Rat einzuholen, um Fehler bei der außerordentlichen Kündigung und damit auch rechtliche Konsequenzen im Nachhinein zu vermeiden.

Übrigens: Es gibt Ausnahmefälle, in denen eine fristlose Kündigung jederzeit und ohne drastischen Grund möglich ist. Dies gilt beispielsweise in der Probezeit. Zudem können die Kündigungsfristen für eine ordentliche Kündigung bei Kleinunternehmen kürzer sein. Auch deshalb lohnt es sich, Dich vorab durch eine·n Fachanwält·in beraten zu lassen.

Dürfen auch Arbeitgeber·innen außerordentlich kündigen?

Dass nur Arbeitnehmer·innen fristlos kündigen dürfen, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Auch Arbeitgeber·innen dürfen ein Arbeitsverhältnis sofort beenden, falls es für sie unzumutbar geworden ist. Hierbei gelten dieselben Regeln, wie die Schriftform mit Nennung des Kündigungsgrunds. Das Unternehmen muss außerdem prüfen, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen, wie eine Abmahnung. Liegt jedoch ein schwerwiegender Verstoß gegen den Arbeitsvertrag vor, so ist eine außerordentliche Kündigung durchaus zulässig. Typische Beispiele sind:

  • Diebstahl von Firmeneigentum

  • Betrug wie die Manipulation von Abrechnungen

  • Arbeitsverweigerung oder „Blaumachen“

  • Beleidigung oder Bedrohung von Vorgesetzten, Kolleg·innen, Kund·innen, o. ä.

  • Verrat von Betriebsgeheimnissen

  • Sexuelle Belästigung oder Gewaltanwendung beziehungsweise -androhung

  • Alkohol- oder Drogenkonsum

  • Eigenmächtige Beurlaubung

Auch für Unternehmen ist es wichtig, die Rechtmäßigkeit der außerordentlichen Kündigung vorab zu prüfen, entweder durch interne oder externe Fachkräfte. Spätestens, wenn Du eine Abmahnung erhältst, riskierst Du also beim nächsten schwerwiegenden Fehlverhalten eine fristlose Kündigung.

Fristlose Kündigung abwenden mit diesen Tipps

Egal, ob Du selbst fristlos kündigen möchtest oder eine außerordentliche Kündigung durch Deine·n Arbeitgeber·in befürchtest: Die beste Lösung für beide Seiten wäre es, die Kündigung noch rechtzeitig abzuwenden. Hier daher einige Tipps, wie Du vorgehen kannst, wenn das Arbeitsverhältnis zu leiden beginnt:

  • Suche das Gespräch mit Deinen Vorgesetzten sowie gegebenenfalls den betroffenen Personen, beispielsweise bei Mobbingvorfällen. Manchmal lassen sich Missverständnisse aus dem Weg räumen oder einvernehmliche Lösungen finden.

  • Hole Dir Hilfe beim Betriebsrat, einer Gewerkschaft oder auch einem Anwalt, um Dich beraten zu lassen und vielleicht Alternativen zu finden, an die Du bislang noch nicht gedacht hattest.

  • Ziehe einen Aufhebungsvertrag in Erwägung, um eine fristlose Kündigung in Deinem Lebenslauf zu verhindern – und vielleicht sogar noch eine Abfindung zu erhalten.

  • Aus der Arbeitgeberperspektive kann auch eine Abmahnung oder eine Versetzung eine alternative Lösung zur fristlosen Kündigung sein; je nach Einzelfall.

Während sich die fristlose Kündigung in einigen Fällen noch abwenden lässt, sind die Gründe in anderen Situationen so schwerwiegend und vielleicht auch unerwartet, dass die fristlose Kündigung der einzig sinnvolle Weg ist. Schlussendlich liegt es an Dir, die verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander abzuwägen und zu entscheiden, ob oder wie Du das Arbeitsverhältnis beenden möchtest.

Hast Du schon einmal außerordentlich gekündigt oder eine fristlose Kündigung erhalten? Oder hast Du weitere Gedanken und Tipps zum Thema? Vielen Dank für Deinen Kommentar!

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