Gehen oder Bleiben? Vielen Angestellten ist nicht klar, wie viel Einbuße durch den vorzeitigen Jobausstieg entsteht. - imago images
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Früher in die Rente: Wie viel Abfindung Sie für die Frührente brauchen

In Zeiten von Personalabbau stehen oft ältere Mitarbeiter im Fokus. Mit ausreichender Abfindung können sie Einbußen bei einer Frührente ausgleichen. Wie viel? So finden Sie es heraus, in fünf Schritten.

Der Münchner Autobauer BMW will Tausende Stellen abbauen. Damit das möglichst wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in existenzielle Nöte bringt, können „rentennahe Altersaustritte“ gegen Abfindung vorgezogen werden.

Damit steht BMW nicht allein. Viele Unternehmen setzen in der Coronakrise auf einen möglichst „sozialverträglichen“ Stellenabbau. Übersetzt heißt das meist, dass vor allem Ältere gehen müssen.

Zwar sind die bei betriebsbedingten Kündigungen eigentlich besser geschützt, weil neben der Dauer der Betriebszugehörigkeit, möglichen Unterhaltspflichten und einer Schwerbehinderung auch das Alter in die erforderliche Sozialauswahl einfließt. Doch oft versuchen Arbeitgeber die betriebsbedingte Kündigung mit freiwilligen Lösungen zu vermeiden, auch um Prozessrisiken aus dem Weg zu gehen. Und in der Praxis sind Arbeitnehmer mit Anfang 60 eben eher bereit, mehr oder weniger freiwillig auszusteigen. Bleiben nur noch wenige Jahre bis zur Rente, können sie diese Zeit eher überbrücken – und Einbußen im Idealfall per Abfindung ausgleichen. Doch was ist dabei zu beachten und wie viel Abfindung ist nötig?

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Wann eine Frührente möglich ist

Entscheidend ist dabei, wann und zu welchen Konditionen die Rente vorzeitig starten kann. Gegen Abschlag ist das meist mit 63 Jahren möglich („Rente für langjährig Versicherte“). Dafür sind 35 Versicherungsjahre nötig. Neben Jahren mit normalen Rentenbeiträgen zählen beispielsweise auch Kindererziehungszeiten und für die Rente relevante Anrechnungszeiten wegen Krankheit, Schwangerschaft und Ausbildung mit. Anrechnungszeit heißt, dass für diese Zeit zwar kein Beitrag gutgeschrieben wird, die Zeit aber trotzdem als relevant angesehen wird. Damit kann sie dann eben zum Beispiel bei Wartezeiten mitzählen. Jeder Monat, um den die Rente im Vergleich zum regulären Beginn vorgezogen wird, kostet 0,3 Prozent der aufgebauten Rentenansprüche („Rentenabschlag“).

Spätestens ab 50 kann dieser Abschlag gegen Einmalzahlung vorab ausgeglichen werden. Bei einem „berechtigten Interesse“ geht es auch schon früher. Kein Abschlag fällt an, wenn Versicherte sogar auf 45 Versicherungsjahre kommen („Rente für besonders langjährig Versicherte“). Hier ist aber nicht nur die erforderliche Anzahl an Versicherungsjahren höher (45 statt 35 Jahre), es wird auch strenger gerechnet. Zeiten, in denen der Versicherte arbeitslos war, fließen zum Beispiel nicht unbedingt ein. Auch Ausbildungszeiten zählen hier in aller Regel nicht mit.

Tipp: Meist ist es möglich für einzelne Ausbildungsjahre nachträglich freiwillig Rentenbeiträge einzuzahlen. Die Jahre vom 16. bis 17. Geburtstag sowie Studien- und Ausbildungsjahre ab dem 25. Geburtstag werden normalerweise bei der Rente überhaupt nicht berücksichtigt. Das können Versicherte mit den freiwilligen Beiträgen ändern. Bis zum 45. Geburtstag können sie für die Jahre freiwillig Beiträge nachzahlen. Dann wirken wenigstens diese Jahre sich auf die Rentenhöhe aus und zählen meist auch bei der Wartezeit auf eine abschlagsfreie Frührente mit. Viele haben das Thema allerdings erst auf dem Schirm, wenn es für die Nachzahlung zu spät ist.

Der frühestmögliche Beginn der abschlagsfreien Frührente hängt vom Geburtsjahr ab: Alle Jahrgänge vor 1953 konnten mit 63 Jahren starten. Mit jedem folgenden Jahrgang steigt die Grenze um zwei Monate; ab Jahrgang 1964 sind es 65 Jahre. Abschlagsfrei heißt allerdings nicht: ohne Einbuße. Im Vergleich zum regulären Rentenstart fällt die Rente etwas geringer aus, weil die Frühruheständler kürzer eingezahlt haben. Die so nicht aufgebauten Rentenansprüche können sie nicht herbeizaubern.

Wie sich eine Zwischenphase überbrücken lässt

Oft wird auch der nahtlose Übergang vom Arbeitsleben in den Frühruhestand nicht möglich sein. Eine Phase mit Arbeitslosigkeit lässt sich dann womöglich nicht vermeiden. Ab 58 Jahren können so meist bis zu zwei Jahre überbrückt werden, solange besteht maximal Anspruch auf Arbeitslosengeld. Bei freiwilliger Jobaufgabe kann allerdings eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohen, eigentlich bis zu zwölf Wochen. Bei einer zwölfwöchigen Sperrzeit mindert sich der Anspruch jedoch um mindestens ein Viertel. Damit können ältere Arbeitnehmer mit Anspruch auf zwei Jahre Arbeitslosengeld sogar ein Viertel davon verlieren, also sechs Monate.

Um das zu vermeiden läuft es in der Praxis oft so, dass der Arbeitgeber erst eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht. Der Mitarbeiter erhebt dann innerhalb der dreiwöchigen Frist Kündigungsschutzklage. Beide Seiten einigen sich anschließend vor Gericht per Vergleich mit entsprechender Abfindung. Erfolgt der Austritt aus dem Unternehmen dabei nicht schneller als gemäß der geltenden Kündigungsfrist, soll das Sperrzeitrisiko letztlich auf null reduziert werden. Eine Einigung im Gütetermin setzt zudem keinen Anwalt voraus und führt auch zu keinen Gerichtskosten.

Wie viel Abfindung nötig ist

Bleibt die entscheidende Frage: Wie viel? Wie viel Abfindung muss der Arbeitgeber zahlen, damit der Mitarbeiter keine Einbuße im Vergleich zur regulären Beschäftigung hat? Ziel des Mitarbeiters wird es sein, diese Einbuße per Abfindung komplett auszugleichen. Meist läuft es bei Verhandlungen letztlich auf einen Teilausgleich hinaus, bei dem Verluste eher akzeptiert werden, je mehr Mitarbeiterin oder Mitarbeiter an einem vorzeitigen Jobausstieg interessiert ist.

Die genaue Rechnung hängt stark vom Einzelfall ab: Wenn eine abschlagsfreie Rente möglich ist, ist weniger Abfindung nötig als bei abschlagspflichtiger Frührente. Und wenn ein Teil der Abfindung für den Ausgleich von Rentenabschlägen eingesetzt wird, sinkt die nötige Abfindung ebenfalls, weil der Arbeitgeber diese Einzahlung praktisch steuer- und sozialabgabenfrei vornehmen kann, wie wir hier beschrieben haben. Eine Überbrückung mit einer Phase in Arbeitslosigkeit lässt die nötige Geldsumme noch weiter sinken, weil sozusagen externes Geld ins Spiel kommt: das Arbeitslosengeld.

Für eine überschlägige Berechnung braucht es eigentlich nur die aktuellste Rentenauskunft und die Gehaltsabrechnung. Ein Beispielfall illustriert dann die Berechnung.

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