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Führungskräfte überzeugen: So begeistern Sie Ihren Chef für Ihre Ideen

Viele Ideen und Verbesserungsvorschläge werden abgeblockt – nicht weil sie schlecht sind, sondern aus Angst oder Bequemlichkeit. Wissenschaftler haben herausgefunden, mit welchen Strategien Sie Ihren Chef geschickt überzeugen.

Von Ethan Burris

Sie haben eine großartige Idee, wie Sie ein Produkt so verbessern könnten, dass Ihr Unternehmen Geld spart. Oder denken über neue Prozesse nach, die ihr Team produktiver machen würden. Sie haben einen klugen Plan ausgeheckt, um eine drohende Krise abzuwenden. Die Sache hat nur einen Haken: Sie wissen nicht, wie Sie Ihren Chef oder Ihre Chefin darauf ansprechen sollen, oder – schlimmer noch – Sie haben es bereits versucht, ohne Erfolg.

Trotz zahlreicher Untersuchungen über den Wert von Innovationen und Problemlösungen, die von unten aus dem Team heraus entstehen, tun sich viele Menschen extrem schwer damit, ihren Vorgesetzten Feedback zu geben oder ihnen einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Einer Umfrage unter US-Angestellten zufolge fühlen sich 70 Prozent nicht wohl bei dem Gedanken, ihrem Chef oder ihrer Chefin gegenüber ein Problem anzusprechen, selbst wenn es wichtig ist.

85 Prozent aller Beschäftigten, das zeigt eine Studie von 2003, halten gute Ideen zurück, weil sie sich nicht trauen, diese zu äußern. Und wenn sie es tun, werden sie überhört. Denn Vorschläge von Teammitgliedern führen in der Regel nicht zu Veränderungen. So ergab eine Studie von Accenture, dass knapp drei Viertel der Ideen, die über entsprechende Onlinetools in Unternehmen eingereicht wurden, versandeten und nie realisiert wurden. Eine andere Untersuchung aus dem Klinikbereich ergab, dass von 200 vorgebrachten Ideen die meisten sofort verworfen und nicht einmal ein Viertel jemals implementiert wurde.

Seit zwei Jahrzehnten untersuche ich, auf welchen Wegen Mitarbeiter aufgefordert oder unaufgefordert Verbesserungsvorschläge einreichen und wie Vorgesetzte darauf reagieren. Ich habe festgestellt, dass zwei Faktoren ausschlaggebend sind für einen erfolgreichen Pitch: Zum einen das nötige Selbstbewusstsein, den eigenen Vorschlag überhaupt vorzubringen. Zum anderen ist die Fähigkeit gefragt, eine Idee so zu formulieren, dass sie vom jeweiligen Vorgesetzten wohlwollend aufgenommen wird. Manche Führungskräfte mögen von Natur aus eher verschlossen und unnahbar sein. Dennoch, das zeigen Studien, steht die Mehrheit der Chefs und Chefinnen Ideen und Vorschlägen offener gegenüber, als man meint – vorausgesetzt, sie werden richtig angesprochen.

Meine Kollegen und ich haben Unternehmen aus dem Gesundheitswesen, der Gastronomie, der Öl- und Gasindustrie, sowie IT- und Finanzdienstleister untersucht. Wir sind dabei auf mehrere Strategien gestoßen, mit denen Sie sich Gehör verschaffen und damit sowohl die Performance Ihres Unternehmens als auch Ihre eigene Arbeitssituation verbessern können. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Denkweise Ihrer direkten Vorgesetzten zu verstehen – quasi in ihre Köpfe hineinzuschauen. Auf diesem Wege finden Sie heraus, wie Sie die Entscheidung dieser Menschen beeinflussen können – und identifizieren die (seltenen) Fälle, in denen es besser ist, die eigene Führungskraft zu übergehen und sich direkt an die nächste Hierarchiestufe zu wenden.

Wieso Chefs sich unsicher fühlen

Bei der Entscheidung, ob sie eine Idee oder ein Problem ansprechen sollten, denken die meisten Menschen zuerst an sich selbst. Sie überlegen: Will ich wirklich die Blamage riskieren, mir eine Abfuhr zu holen? Wird mein Chef oder meine Chefin mich für einen Nörgler, Schwarzseher oder Aufwiegler halten? Die wenigsten berücksichtigen bei Ihren Überlegungen das Ego ihres Vorgesetzten und wie sich dieser mit dem Vorschlag fühlen wird.

Die Führungsrolle ist an hohe Erwartungen geknüpft. Chefs und Chefinnen sollen stets gut informiert sein und immer oder zumindest fast immer wissen, was zu tun ist. Das kann dazu führen, dass Führungskräfte sich unsicher fühlen und deshalb weniger offen sind für die Ideen von Teammitgliedern. Bei einer Umfrage unter hoch qualifizierten Führungskräften – Chemikern, Geologen, Geophysikern, Erdöl- und Umweltingenieuren, Schichtführern und leitenden Angestellten – in einem multinationalen Öl- und Gasunternehmen stellten wir fest, dass viele von ihnen trotz überdurchschnittlich guter Ausbildung kein Vertrauen in die eigenen Führungskompetenzen hatten. Je weniger Selbstwertgefühl Führungskräfte haben, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre Mitarbeiter um Rat fragen, wie eine andere Untersuchung zeigt. Konkret sank die Wahrscheinlichkeit um 35 Prozent pro einem Punkt weniger Selbstvertrauen auf einer fünfstufigen Skala. Eine Folgestudie mit mehr als 130 Managern aus unterschiedlichsten Branchen ergab, dass unsichere Vorgesetzte Teammitglieder, die Verbesserungsvorschläge äußerten, um 21 Prozent schlechter bewerteten – und deren Ideen um 14 Prozent seltener umsetzten – als Führungskräfte, die sich in ihrer Rolle wohlfühlten.

Sprechen Sie Ihren Chef oder Ihre Chefin, wenn möglich, unter vier Augen an.

Selbst bei Chefs und Chefinnen, die Feedback und Ideen gut annehmen können, kann es nicht schaden, auf deren Ego und mögliche Unsicherheiten Rücksicht zu nehmen. Das ist möglich, ohne sich manipulativ oder wie ein Schleimer zu fühlen. Im Idealfall haben Sie, bevor Sie Ihren Vorgesetzten eine Idee vorschlagen, bereits die Basis dafür geschaffen, das heißt Vertrauen und Wohlwollen aufgebaut. Ihrem Chef gegenüber positives Feedback zu geben und Dankbarkeit zu äußern, kann in dieser Hinsicht sehr nützlich sein – vorausgesetzt, es ist ehrlich gemeint und kommt nicht erst kurz vor Ihrem Pitch. Das kann eine ganz simple Bemerkung sein, etwa "Ihre Präsentation hat mir wirklich gut gefallen" oder "Danke für Ihre Unterstützung heute im Meeting".

Wie Untersuchungen von Adam Grant, Sharon Parker und Catherine Collins zeigen, achten Führungskräfte sehr darauf, ob ihre Mitarbeiter eher für sich selbst sorgen oder an andere denken. Indem Sie Kolleginnen und Kollegen im Alltag unterstützen, signalisieren Sie, dass Ihre Vorschläge darauf abzielen, dem Unternehmen als Ganzes zu dienen – und damit auch der Position Ihres Vorgesetzten. Laut einer Studie unter Leitung von Leslie John von der Harvard Business School hilft es, die Uneigennützigkeit Ihrer Motive explizit zu betonen, wenn Sie Ihrem Chef einen Vorschlag unterbreiten. Insbesondere dann, wenn Sie etwas kritisieren, vermag eine kurze Vorbemerkung wie "Ich denke, es ist in Ihrem Sinne, dass ..." dazu beizutragen, dass Sie nicht abgestraft werden als Überbringer schlechter Nachrichten.

Sprechen Sie Ihre Führungskraft wenn möglich unter vier Augen an. Laut einer Studie von Sofya Isaakyan von der Rotterdam School of Management und Kollegen fühlten sich Managerinnen und Manager um 30 Prozent weniger bedroht, wenn Mitarbeiter ein Face-to-Face-Gespräch suchten, als wenn die Vorschläge in Anwesenheit anderer Mitarbeiter vorgebracht wurden.

Und schließlich: Versuchen Sie, Ihre Ideen so zu verpacken, dass die Übereinstimmung mit den Zielen des Unternehmens deutlich wird. Vielleicht beziehen Sie sich auf eine frühere Bemerkung Ihres Vorgesetzten wie: "Sie haben schon häufiger erwähnt, dass Sie großen Wert auf intuitives Design legen. Ich hätte da eine Idee, wie man die User Experience von Produkt X verbessern könnte." Oder: "Ich musste vorhin an die E-Mail denken, in der Sie die Wichtigkeit von Diversity, Gleichberechtigung und Inklusion betonen, und ich frage mich, ob wir nicht noch mehr bewirken könnten, wenn wir unser Recruiting von A nach B verlagern."

Viele Menschen, die eine Idee vorbringen, werfen dabei zwei unterschiedliche Botschaften zusammen: die Vorteile, die es bringen würde, eine Sache künftig anders zu machen, und die Risiken, die es birgt, nichts zu unternehmen. Dieses Vorgehen schadet dem Anliegen jedoch.

In fünf Studien mit Führungskräften aus mehreren Dutzend Branchen fanden meine Kollegen und ich heraus, dass Manager eher Botschaften zustimmen, die sich auf einen Aspekt beschränken: entweder eine Chance oder eine potenzielle Gefahr. Eine Kombination aus beiden erhielt in der Regel am wenigsten Unterstützung.

Im Rahmen einer der Studien analysierten wir mehr als 850 Ideen, die von 350 Mitarbeitern eines Klinikkonsortiums im Mittleren Westen der USA eingereicht wurden: Vorschläge zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, der Qualität der Pflege, der Patientenzufriedenheit und der Patientensicherheit. Wir fanden heraus, dass Managerinnen und Manager bei Vorschlägen, die sowohl eine Chance als auch ein Risiko benannten, mehr Aufwand betreiben mussten, um die Art und Schwere des Problems und die vorgeschlagene Lösung zu verstehen sowie nachzuvollziehen, warum der neue Plan besser war als der Status quo.

Das Mehr an Informationen bedingte häufig eine zusätzliche gründliche Überprüfung und beeinflusste, wie die Führungskraft die Idee bewertete – was letztlich oft dazu führte, dass diese abgelehnt wurde. Umgekehrt wurden Vorschläge, die nur eine Seite aufzeigten, deutlich häufiger aufgegriffen und mit größerer Wahrscheinlichkeit befürwortet.

Welche Seite sollten Sie nun hervorheben? Laut unserer Forschung ist es hilfreich herauszufinden, ob die Vorgesetzten, die Sie im Blick haben, eher "aufstiegsorientiert" sind (sprich sich auf Ziele, Visionen und die Zukunft fokussieren sowie auf Sieg spielen) oder aber "präventionsorientiert" (das bedeutet, sie sind in Habachtstellung und vollauf damit beschäftigt, alle Risiken im Blick zu haben und Einbußen zu vermeiden). Dementsprechend sollten Sie Ihre Vorschläge formulieren.

Eine aufstiegsorientierte Managerin wird hören wollen, dass eine Idee eine neue und spannende Chance darstellt, die großes Potenzial birgt. Ein präventionsorientierter Manager dagegen muss wissen, wie die Idee dazu beitragen kann, Problemen oder Verlusten vorzubeugen. Unser Forschungsprojekt, das etliche Studien und insgesamt mehr als 800 Führungskräfte einschloss, zeigt, dass eine auf die Persönlichkeitsstruktur der Führungskraft zugeschnittene Botschaft die Wahrscheinlichkeit, dass eine Idee unterstützt wird, um 15 bis 18 Prozent erhöhen kann.

Es gibt leider kein Patentrezept, sicher zu erkennen, wie jemand tickt, aber bei den meisten Menschen gibt es sehr deutliche Hinweise. Legt Ihr Chef gesteigerten Wert darauf, dass Regeln eingehalten, Standardarbeitsanweisungen befolgt und die Unternehmensrichtlinien hochgehalten werden? Ist er akribisch, was die Ausarbeitung und Umsetzung von Plänen angeht? Perfektionistisch und detailverliebt und immer darauf bedacht, dass nichts schiefgeht? Wenn ja, liegt sein Schwerpunkt höchstwahrscheinlich auf Prävention.

Oder haben Sie eine Chefin, die gern jede Menge Projekte in Angriff nimmt, sie aber nicht unbedingt zu Ende führt? Redet sie oft darüber, was die Zukunft wohl so bringen wird? Zieht sie es vor, dass andere sich um Details kümmern? Lässt sie kleinere Fehler durchgehen? Falls das zutrifft, ist Ihre Vorgesetzte mit sehr großer Wahrscheinlichkeit aufstiegsorientiert.

Selbst wenn Führungskräfte den Wert einer Idee erkennen, gibt es keine Garantie, dass sie diese auch wirklich unterstützen – schließlich gibt es jede Menge andere Themen, die alle weit oben auf der Prioritätenliste stehen. Insofern ist es hilfreich, mögliche Hindernisse zu antizipieren, anzusprechen und zu erklären, wie diese überwunden werden können. Bei Studien in einer großen Krankenhausambulanz, einer Immobilienfirma und einem Rüstungsunternehmen haben wir festgestellt, dass Manager eine von Mitarbeitern entwickelte Idee in der Regel anhand von drei Fragen bewerten:

  • Welche finanziellen und personellen Ressourcen werden für die Umsetzung benötigt?

  • Wie schwierig wird es sein, die Unterstützung Außenstehender zu gewinnen?

  • Lohnt es sich, Zeit, Energie und politisches Kapital zu investieren?

Alle drei Punkte sollten Sie in Ihrem Pitch ansprechen. Betrachten wir das mahnende Beispiel eines Arztes, der den Vorschlag unterbreitete, den Patientenstrom in der Notaufnahme effektiver zu lenken. Dazu sollten zusätzliche Pflegekräfte eine Ersteinschätzung der Patienten vornehmen. Die Idee hatte erkennbare Vorteile (beispielsweise würden die Patienten schneller eine möglicherweise lebenswichtige Versorgung erhalten), doch die Mehrkosten klangen immens: Eine Umsetzung würde vermutlich zusätzliches Personal und eine Umstellung der Dienstpläne erfordern sowie zu Engpässen bei qualifiziertem Personal in anderen Bereichen des Krankenhauses führen, etwa auf der Intensivstation und im OP-Bereich. Der Arzt hatte diese Hürden nicht ausreichend bedacht, bevor er damit zu seinem Vorgesetzten ging, und so wurde die Idee schnell verworfen.

Betonen Sie, wie gut Ihre Idee zu den Werten und der Strategie Ihrer Firma passt.

Eine Krankenschwester, mit der wir sprachen, berichtete Ähnliches. Sie schlug ein besseres System für den Umgang mit psychiatrischen und alkoholisierten Patienten vor, die in der Notaufnahme immer wieder für Überlastung sorgten. Da ihr Plan jedoch die Abstimmung mit verschiedenen externen Parteien erforderte – Polizei, Sozialdienst, politische Entscheidungsträger und andere –, die jeweils unterschiedliche Kontaktpunkte mit der Klinik hatten, sah ihr Chef keine Möglichkeit, das Ganze umzusetzen. Hätte sie sich Gedanken darüber gemacht, wie diese Abhängigkeiten gehandhabt werden könnten, hätte ihr Vorschlag wahrscheinlich bessere Chancen gehabt.

Besser lief es im Fall eines anderen Arztes, der bei der Präsentation eines Problems und der möglichen Lösung die Managementaspekte im Auge behielt. Da sein Klinikum das einzige Traumazentrum mit Maximalversorgung in der Region war, war die Medienaufmerksamkeit regelmäßig hoch – von Reportern ebenso wie von Fotografen, die über schlagzeilenträchtige Verletzungen berichten oder lokale Berühmtheiten bei der Behandlung ablichten wollten. Manager, Pflegekräfte und Ärzteschaft mussten kostbare Zeit von ihren eigentlichen Aufgaben abziehen, um sich mit den Presseleuten auseinanderzusetzen. Anstatt der Klinikleitung vorzuschlagen, zusätzliches spezielles PR-Personal einzustellen oder ein aufwendiges und kostspieliges Prozedere für den Umgang mit den Medien zu entwickeln, machte der Arzt einen ganz simplen Vorschlag: an der Zufahrt zur Ambulanz eine Sichtschutzwand zu errichten, die die Patienten vor den Fotografen abschirmt. Das Ganze kostete lediglich ein paar Tausend Dollar, erforderte keinerlei Personaleinsatz und löste ein Problem.

Diese Beispiele zeigen: Es lohnt sich, wenn Sie sich Gedanken darüber machen, welche Probleme ihre Idee aufwerfen könnte. Und zwar bevor Sie auf Ihren Vorgesetzten zugehen. Mag sein, dass Ihre anfangs für brillant gehaltene Idee deshalb im Papierkorb landet – im Allgemeinen aber stärkt die Berücksichtigung möglicher Hindernisse eine Argumentation. Beschreiben Sie in Ihrem Pitch, wie Budgets und Mitarbeiter für Ihre Idee umgeschichtet werden können, ohne andere Projekte oder Geschäftsbereiche unnötig zu belasten. Sprechen Sie mit Kolleginnen und Kollegen, die Ihre Idee unterstützen könnten, überlegen Sie, wie Sie sie in das Projekt einbinden könnten. Und vergessen Sie nicht zu betonen, wie sehr Ihre Idee mit den Werten und der Strategie Ihres Unternehmens konform geht – und warum es sich für Ihren Vorgesetzten lohnen könnte, sich dafür starkzumachen.

Angenommen eine Mitarbeiterin möchte ihren Chef überzeugen, das Team auch nach der Pandemie im Homeoffice arbeiten zu lassen. Wenn das Unternehmen besonders auf Einsparungen bedacht ist, sollte sie sich eher auf die wirtschaftlichen Vorteile wie geringere Mietkosten konzentrieren. Propagieren das Unternehmen und die Führungsebene hingegen Mitarbeiterzufriedenheit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, könnte sie die Vorteile betonen, die sich aus dem Wegfall langer Arbeitswege ergeben.

Greifen Sie die zentralen Werte des Unternehmens auf. Diese spiegeln sich oft in den konkreten Vorgaben, nach denen Ihr Vorgesetzter beurteilt wird. Durch den Fokus auf die passenden Werte können Sie Ihre Ideen so präsentieren, dass der Mehraufwand lohnenswert erscheint. Eine von David Mayer geleitete Studie hat gezeigt, dass in werteorientierten Unternehmen Mitarbeiter, die sich bei Verbesserungsvorschlägen auf die Unternehmenswerte beriefen, um 24 Prozent erfolgreicher waren als diejenigen, die dies nicht taten.

Viele Menschen äußern ihre Idee, ohne zuvor andere Teammitglieder um Rat oder Unterstützung zu bitten. Laut einer von mir durchgeführten Studie sprachen fast 60 Prozent der Befragten direkt mit ihren Vorgesetzten, bevor sie ihre Ideen mit Kollegen diskutiert und deren Meinung eingeholt hatten. Das erscheint überraschend, vor allem wenn man bedenkt, dass Führungskräfte, die über die Relevanz eines Problems entscheiden müssen, sich oft als Erstes die Frage stellen, ob viele Menschen davon betroffen sind.

Viele Stimmen wirken immer überzeugender als eine einzelne. Verbündete verleihen Ihrem Anliegen zusätzliche Glaubwürdigkeit. Bevor Sie sich an Ihren Chef wenden, sollten Sie Ihre Gedanken mit Ihrem Team besprechen und gemeinsam überlegen, wie sich Ihr Pitch noch wirkungsvoller präsentieren lässt. Fragen Sie auch nach, ob Sie die Unterstützung Ihrer Kollegen und Kolleginnen erwähnen dürfen oder ob sie vielleicht sogar bereit wären, die Idee gemeinsam mit Ihnen vorzustellen. Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Mitarbeiter, die bei ihrem Pitch den Rückhalt anderer erwähnen, um 15 bis 20 Prozent effektiver sind als diejenigen, die nur in ihrem eigenen Namen sprechen.

Sie könnten sogar in Erwägung ziehen, ein einflussreiches Teammitglied zu bitten, Ihre Idee an Ihrer Stelle zu präsentieren. Eine Kollegin, die über mehr Fachwissen verfügt oder eine bessere Beziehung zu Ihrer Chefin hat, könnte überzeugender sein als Sie. Am besten ist natürlich, wenn Sie für diesen Job jemanden gewinnen, der von der Änderung nicht persönlich profitiert. Das lässt die Argumente noch glaubwürdiger erscheinen, schließlich hält der oder die Betreffende für Sie den Kopf hin. In einer demnächst erscheinenden Studie zeigen meine Mitautoren und ich, dass Menschen, die sich für andere einsetzen, um 57 Prozent erfolgreicher sind als diejenigen, die für sich selbst eintreten.

Sich zusammenzutun hat noch einen weiteren Vorteil: Es kann den Unmut, den der Vorgesetzte möglicherweise empfindet, auf mehrere Schultern verteilen. Untersuchungen von Leslie John zeigen, dass wir Menschen dazu neigen, diejenigen niederzumachen, die uns Dinge sagen, die wir nicht hören wollen. Der Überbringer der Nachricht wird abgestraft. Je zahlreicher Sie sind, desto weniger Ärger bekommt jeder Einzelne ab. Suchen Sie sich also besser gleich mehrere Verbündete.

Wenn Sie sich in die Lage Ihres Vorgesetzten versetzen, erkennen Sie auch eher die Fälle, in denen ihm selbst die Hände gebunden sind. Es ist sinnlos, Themen bei jemandem anzusprechen, der nicht die Befugnis hat, etwas zu verändern.

So sprach beispielsweise ein Restaurantmitarbeiter seinen Schichtleiter auf die niedrigen Löhne von Teammitgliedern an, die schon seit Jahren im Unternehmen tätig waren und im Vergleich zu neuen Beschäftigten mit weniger Erfahrung deutlich schlechter verdienten. Ihm wurde schnell klar, dass sein Vorgesetzter keinerlei Einfluss auf die Gehaltspolitik hatte. Diese lag bei der Personalabteilung, und wenn er die Angelegenheit an die falsche Person herantrug, führte das eher zu Frustration als zu positiven Veränderungen.

Überlegen Sie, bevor Sie eine Idee oder Kritik anbringen, was tatsächlich in den Zuständigkeitsbereich Ihres Chefs fällt oder ob es geeignetere Ansprechpartner gibt. Wer hat die Entscheidungsbefugnis? Die Personalabteilung? Das Facility-Management? Die Chefin Ihres Vorgesetzten?

Um eines klarzustellen: Ich empfehle nicht, Ihren Chef einfach zu übergehen, wenn Sie glauben, dass er nicht handeln kann oder will. Das ist in den allermeisten Fällen höchst unklug, vor allem in hierarchisch geprägten Unternehmen oder wenn Ihr Vorgesetzter besonders sensibel ist. Versuchen Sie besser, Ihren Chef als Verbündeten zu gewinnen, der Ihre Idee an die richtige Abteilung oder an die nächsthöhere Stelle weitergibt. Appellieren Sie an Ihre Führungskraft in ihrer Rolle als Mitstreiter, und bitten Sie um Hilfe, Ihren Vorschlag so zu gestalten, dass er bei den Entscheidungsträgern ankommt.

Suchen Sie Gelegenheiten für informelle Gespräche mit Chefs und Chefinnen, bei denen Sie Ihre Idee platzieren können. Sprechen Sie sie, sobald die Homeoffice-Zeit vorbei ist, in der Kantine, im Aufzug oder auf einer Feier an. Chefs, die von Mitarbeitern anberaumte Termine gern abblocken, werden spontane Gespräche wahrscheinlich als weniger "bedrohlich" erleben, ja vielleicht sogar beachtenswert finden.

Die Schuld für verpasste Gelegenheiten liegt jedoch nicht immer bei der Geschäftsleitung. Um Ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge gut zu verkaufen, sollten Sie mögliche Vorbehalte berücksichtigen. Und verpacken Sie Ihre Vorschläge so geschickt, dass Sie zu einem echten Vorreiter des Wandels werden. © HBP 2022

Der Autor

Ethan Burris ist Professor und Director des Center for Leadership and Ethics an der McCombs School of Business der University of Texas in Austin.

Dieser Artikel erschien erstmals in der April-Ausgabe 2022 des Harvard Business managers.

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