Walter Sinn, Christina Ellringmann: Die 48-Jährige war bei Bain & Company bislang Partnerin für die Versicherungswirtschaft. Foto: HB, PR
Premium

Führungswechsel bei Bain – Christina Ellringmann folgt Walter Sinn

An die Spitze der drittgrößten Managementberatung weltweit rückt in Deutschland erstmals eine Frau. Wer ist die neue oberste „Bainie“? Und was macht der bisherige Chef künftig?

Düsseldorf. Seine Zeit schien nie zu Ende zu gehen. Walter Sinn führt das Deutschlandgeschäft der drittgrößten Beratung weltweit, Bain & Company, seit 2014 und damit seit mehr als elf Jahren.

Doch nun soll im Oktober vorerst Schluss für ihn sein. Die Nachfolge tritt mit Christina Ellringmann eine Frau an, die schon jetzt zum engsten Führungskreis zählt und auch international bei Bain ein Amt hat.

Der Abtritt von Sinn beruht weder auf Alter noch auf Erfolglosigkeit. Und in den Ruhestand verabschiedet sich der 59-Jährige auch noch nicht. „Sie werden es nicht glauben, aber ich liebe die Beratung“, erklärt Sinn im Gespräch mit dem Handelsblatt. Deshalb werde er zwar das Amt des Deutschlandchefs aufgeben, aber weiter für die Beratung tätig sein.

Sinn übernimmt die für ihn neu geschaffene Funktion des Chairman für Deutschland und Österreich, eine Art Aufsichtsrat. Diese Position gibt es bei Bain bisher nur auf globaler Ebene. Dort füllt das Amt der frühere CEO Manny Maceda aus.

Zudem will sich Sinn wieder der eigentlichen Beratung widmen. Seine Seniorität hält er für einen Vorteil bei der Akquise von Aufträgen, insbesondere in der Finanzindustrie und bei Private-Equity-Gesellschaften. Vor seiner Tätigkeit für Bain war er für die Boston Consulting Group (BCG) tätig.

Verschiedene vorige Führungsrollen

Die neue oberste „Bainie“, wie sich die Berater der Gesellschaft gern nennen, wird Christina Ellringmann. Die promovierte Betriebswirtin übernimmt das Amt zum 1. November. Sie wurde vom Nomination Committee der internationalen Unternehmensberatung als neue Managing Partner berufen.

Die 48-Jährige hat sich bisher als Partnerin für die Versicherungswirtschaft einen Namen gemacht. Seit ihrem Einstieg 2002 hat Ellringmann Firmenangaben zufolge „in verschiedenen Führungsrollen maßgeblich zur Weiterentwicklung des Unternehmens beigetragen“. Bereits 2012 wurde sie zur Partnerin ernannt.

Derzeit verantwortet Ellringmann die Praxisgruppe Versicherungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. International ist sie Mitglied des Bain Compensation and Promotion Committees. Dieses organisiert die Weiterentwicklung der Partnerschaft auf globaler Ebene und entscheidet mit über Beförderungen und Vergütungen.

Sinn hat Bain-Umsatz hierzulande verdreifacht

Die Ära von Sinn bei Bain war nicht nur lang, sie gilt auch als sehr erfolgreich. Eigenen Angaben zufolge hat er den Umsatz der Beratung hierzulande verdreifacht. Im September verkündete Sinn für das Jahr 2024 ein zweistelliges Plus in Deutschland und international. Nun ergänzt er im Gespräch: „Und 2025 sind wir auch wieder glänzend ins Jahr gestartet.“

Absolute Zahlen für einzelne Regionen nennt Bain nicht, ebenso wie die Konkurrenten von McKinsey und der Boston Consulting Group (BCG). Bain hält sich auch in Bezug auf den weltweiten Umsatz bedeckt. Schätzungen zufolge setzt Bain weltweit rund sieben Milliarden Dollar um und liegt damit deutlich hinter McKinsey mit zuletzt 16 Milliarden Dollar (2023) und BCG mit knapp 13,5 Milliarden Dollar (2024).

Walter Sinn habe die deutsche Beratungslandschaft im vergangenen Jahrzehnt geprägt „wie kein Zweiter“, sagt Branchenexpertin Bianka Knoblach. Die Entwicklung von Bain unter seiner Ägide sei „beeindruckend“, so die Geschäftsführerin der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Managementberatung (WGMB).

Die Marke Bain sei hierzulande „stark wie nie zuvor“. Die Kundenzufriedenheit sei beachtlich. Der Umsatz von Bain habe sich seit 2014 verdreifacht, der der gesamten deutschen Beratungsbranche „nur“ verdoppelt. Knoblach ergänzt: „Es ist klug von Bain, Herrn Sinn in neuer Rolle an Bord zu behalten und nun wieder stärker in die unmittelbare Arbeit mit den Kunden einzubinden.“

Bestätigung der Strategie für Vielfalt

Klar ist aber auch: Der Druck auf Walter Sinn, endlich Platz für eine neue Führungsfigur zu machen, war zuletzt hoch. Schließlich sind die Zeiten für das Beratungsgeschäft herausfordernd. Zum einen brauchen Unternehmen Unterstützung bei ihren aktuellen Transformationen. Zum anderen drückt die Stagnation auf die Ausgabebereitschaft der Kunden.

Dass eine Frau auf Sinn folgt, ist auch kein Zufall. Er hatte sich in seiner Amtszeit für mehr Vielfalt eingesetzt und etwa eine Initiative wie das Female Allstar Board mit der Handelsblatt Media Group gegründet oder Vereinbarkeitsberaterinnen wie Julia Neuen verpflichtet.

„Ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe“, sagt Ellringmann auf Anfrage. Ihr Anspruch sei es, auch künftig mit Branchenkompetenz, Umsetzungskraft und strategischer Tiefe messbaren Mehrwert für die Kunden zu schaffen.

Dem Versprechen von Bain, die unternehmerischste der großen Beratungen zu sein, will Ellringmann treu bleiben. Anders als andere führende Beratungen lässt sich Bain nach Leistung honorieren und nicht nach Tagessätzen. Sie betont: „Im Mittelpunkt steht bei uns das Ergebnis.“

Die anderen 130 Partnerinnen und Partner der Beratung in den insgesamt sieben Büros in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben Ellringmann zwar nicht gewählt, wie eine Partnerin berichtet, sie seien aber zu Wort gekommen und gehört worden.

„Wir freuen uns sehr, dass Christina Ellringmann die neue Chefin wird. Sie war in den vergangenen Jahren eine unserer Leistungsträgerinnen und kann auch andere begeistern und mitnehmen“, so die Partnerin weiter. „Sie trifft alle Anforderungen.“

👉 Das Handelsblatt wird 79 – und Sie feiern mit!

👉 Das Handelsblatt wird 79 – und Sie feiern mit!

Führungswechsel bei Bain – Christina Ellringmann folgt Walter Sinn

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelsblatt schreibt über Substanz entscheidet

Das Handelsblatt ist das führende Wirtschaftsmedium in Deutschland. Rund 200 Redakteure und Korrespondenten sorgen rund um den Globus für eine aktuelle, umfassende und fundierte Berichterstattung. Über Print, Online und Digital kommunizieren wir täglich mit rund einer Million Leserinnen und Lesern. NEU: Diese Seite bietet Premium-Mitgliedern eine Auswahl der besten Artikel vom Handelsblatt direkt hier.

Artikelsammlung ansehen