Fünf Tipps zum Netzwerken, wenn Sie Smalltalk hassen
Firmen-Events dienen auch dem Netzwerken. Doch diese oftmals eitle Mischung aus Schaulaufen und Kontaktdatensammeln stößt viele Leute ab. So überstehen Sie das Ganze selbstbewusst und gut gelaunt.
Lassen Sie den Gruppendruck ab.
„Das Beste an der Pandemie war, dass die ganzen Abendveranstaltungen ausgefallen sind.“
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Das hat mir vor einiger Zeit ausgerechnet ein befreundeter Kommunikationsberater gesagt. Er hat mir auch erklärt, warum: In seinem Job war er darauf angewiesen, die Veranstaltungen für Neukundenakquise zu nutzen. Weil es seine Konkurrenz auch tat. Als ihm nun niemand mehr zuvorkommen konnte, weil die Veranstaltungen allesamt ausfallen mussten, war plötzlich all der Zwang weg, nach Terminlage in Partylaune zu sein.
Und der Mann ist ein gestandener Profi-Netzwerker. Wie kommt es also, dass selbst eingefleischte Smalltalker den Business-Smalltalk oftmals als Belastung empfinden?
Antwort: „Business-Smalltalk“ ist ein Vorstellungsgespräch bei Aperol Spritz.
Und das stupst uns in eine Bittsteller-Rolle. Es geht dabei oft nicht darum, einen anderen Menschen aus Neugier kennenzulernen, sondern sich selber in kürzester Zeit in allen vorteilhaften Facetten zu präsentieren. Eine Art Balzritual im Job. Dabei schwingt immer mit: „Wie wirke ich gerade?“ Job-Events fühlen sich für viele deshalb an wie eine anstrengende Pflichtübung. Für andere wiederum nicht. Diese Mischung aus bereits super Vernetzten, die alle drei Sekunden jemand anderem um den Hals fallen, und denen, die nicht so recht wissen, wie sie dabei jemals mithalten können sollen, kann bei Letzteren für Unsicherheit sorgen: „Leiste ich hier zu wenig?“ Deshalb:
Tipp Nummer 1: Suchen Sie sich Verbündete – indem Sie sagen, was Sie gerade empfinden
Das Gefühl, den Top-Vernetzten unterlegen zu sein, schlägt schnell um in: „Alles blöde Lackaffen hier.“ Und das ist schade. Machen Sie sich klar: Sie sind freiwillig hier. Und Sie sind nicht alleine davon betroffen, den Sozial-Druck als Belastung zu empfinden. Ich kenne niemanden, der das Schaulaufen richtig gut findet. Alle halten es für eine Muss, einige kaufen sich extra neue Klamotten, gehen vorab schnell noch zum Friseur, üben Begrüßungsfloskeln. Das stresst. Weil wir in eine seltene Rolle schlüpfen: die des Jetzt-oder-nie-Selbstdarstellers.
Ich war einmal auf der Echo-Preisverleihung und weil ich nicht im Musik-Geschäft arbeite, habe ich mich auf der Aftershow-Party wie ein stiller Zuschauer gefühlt. Ich kannte die meisten Gäste nur aus dem Fernsehen. Meiner Begleitung ging es ganz genauso. Da kam der Drummer einer weltberühmten Band zu uns und fragte: „Kommt ihr euch auch so doof vor hier?“
Das war der absolute Eisbrecher. Er war auf der Suche nach gleichsam Aufgeschmissenen fündig geworden. Wir haben uns dann richtig gut zu dritt unterhalten.
Nicht alle werden sich auf solchen Events immer doof vorkommen. Insofern: Fingerspitzengefühl. Aber spielen Sie ruhig mit offenen Karten: „Ich bin nicht gut im Power-Netzwerken. Alle anderen offenbar schon. Wie ist es mit Ihnen?“
Die Kombination daraus, vermeintliche Schwächen zuzugeben, und ja gerade das Gegenteil zu beweisen, ist charmant, finde ich.
Tipp Nummer 2: Legen Sie für sich fest, was Sie persönlich von der Veranstaltung erwarten
Wenn Sie aufs Networking verzichten können, dann lösen Sie sich mit klarer Kante von diesem Anspruch und genießen Sie, dass Sie Feierabend haben. Für Sie ist die Party eine echte Party. Wollen Sie es doch darauf ankommen lassen, den Abend produktiv für Ihre Karriere zu nutzen, dann setzen Sie die Latte so an, dass Sie sie mit Lässigkeit überwinden können. Zum Beispiel: „Der Geschäftsführerin unseres besten Kunden möchte ich zumindest kurz hallo sagen und mich vorstellen. Danach einfach mal sehen...“
Tipp Nummer 3: Setzen Sie durch Ihre Fragen Smalltalk-Maßstäbe
Wer fragt, führt. Ordnen Sie sich nicht den von Ihnen kritisierten Konventionen unter, sondern bieten Sie ein Gespräch an, wie es Ihnen selber gefällt.
Die Art Ihrer Fragen wird das Gespräch dann prägen. Hüten Sie sich dabei vor vorgenommenen Fragen, die die Leute irritieren könnten, weil sie wirken, als wollten Sie die Kommunikation oberlehrerhaft umkrempeln.
„Was interessiert Sie an mir?“
„Was würden Sie gerne von sich preisgeben, wenn das hier kein Job-Event wäre?“
Würde ich das hören, würde ich denken: Nichts!
Ich würde die persönlicheren Fragen vielmehr ableiten von dem, was Sie über den Job Ihres Gegenübers wissen. So entwickelt sich das Gespräch im besten Fall vom oberflächlichen Smalltalk zu einem anregenden Kennenlernen (wenn beide wollen):
„Ah, Sie haben Büros in Berlin, München und London. Und wo fühlen Sie sich am wohlsten?“
An den dann folgenden Antworten erkennen Sie, wie weit der Andere Lust hat, sich zu öffnen. Geben Sie auch selber etwas über sich selber preis, um zu zeigen: Wir können persönlich sprechen.
„Ich bin ja eher der Kleinstadtmensch. Großstädte machen mir Angst. Das hat was mit einem Erlebnis in meiner Teenagerzeit zu tun…“
Machen Sie auch keinen Hehl daraus, wenn Sie sich durch den Kontakt berufliche Vorteile versprechen. Wenn Sie dies deutlich kennzeichnen, wirkt dies ehrlich und damit vertrauenswürdig: „Übrigens noch ein Satz zum Beruflichen: Für mich ist es sehr spannend, dass Sie in der Personalabteilung arbeiten. Denn ich biete Fortbildungen im Bereich Präsentieren an. Darf ich Ihnen den Link zu meinem Profil schicken?“
Tipp 4: Sehen Sie großzügig über die Kontakt-Panik der Anderen hinweg
Da unterhalten Sie sich gerade angeregt, plötzlich sieht Ihr Gegenüber jemand anderen, entschuldigt sich und weg ist er. Es gibt erhebendere Momente im Leben. Aber erwarten Sie keine identischen Erwartungen auf allen Seiten. Vielleicht wittert hier jemand den ganz großen Wurf – ohne Sie. Stattdessen mit derjenigen, die da gerade an der Bar steht. Schmunzeln Sie sich über diesen filmreifen Moment hinweg und nehmen Sie diese gegenläufige Prioritätensetzung nicht persönlich.
Tipp 5: Sehen Sie das Ganze als allseits bekanntes Spiel
Smalltalk ist ja nicht per se etwas für oberflächliche Ignoranten. Einfach mal mit gestanzten Floskeln einander näher zu kommen, macht uns den Start einfacher. Die typischen Themen Wetter, die Musik heute Abend, das Essen am Buffet, Job, wer trinkt was – all das sind sozial stillschweigend vereinbarte Routinen, die uns Sicherheit geben. Weil kaum etwas schiefgehen kann. Wer auf die Frage einer bislang Unbekannten: „Wie geht es Ihnen?“ antwortet: „Schlecht. Meine Lieblingstante hatte vergangene Woche einen Autounfall“, wird wohl für Irritationen sorgen.
Genießen Sie die Unverfänglichkeit der ersten Minuten. Und dann beherzigen Sie Tipp 3: Prägen Sie nach und nach das Gespräch mit Ihren Fragen.
Und wenn Sie merken, dass Ihr Gegenüber kein Interesse hat, etwas von sich preiszugeben oder etwas aus Ihnen herauszukitzeln – dann hat es nicht an Ihnen gelegen. Und dann haben Sie auch nichts verpasst.
Aber vielleicht werden dank Ihres neuen Smalltalk-Stils und der neuen inneren Haltung solche Job-Events für Sie ja künftig die besten Partys des Jahres.
