Romantische Momente, wie dieser, sind in vielen langjährigen Beziehungen selten geworden. - dpa
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„Für eine steile Karriere erntet man Anerkennung, für ein erfülltes Sexualleben nicht“

Warum es uns schwerfällt, die Beziehung über den Job zu stellen und wie eine glückliche Beziehung dennoch gelingt. Tipps von der Paartherapeutin.

WirtschaftsWoche: Als Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr Ehemann Daniel Holefleisch Ende November ihre Trennung bekanntgaben, war die Reaktion von vielen: Kein Wunder bei einem so einnehmenden Job. Schließen sich Top-Karrieren und eine erfüllte Beziehung aus?

Helga Odendahl: Ich habe das auch gedacht, ehrlich gesagt. Die beiden waren lange verheiratet, haben zwei gemeinsame Kinder und sehr herausfordernde Jobs. In solchen Konstellationen kommt die Paarbeziehung oft zu kurz.

Warum?

Die Partner wollen gute Eltern sein, sie legen großen Wert auf ihre Karriere. Sie wollen ihren Job gut machen. Das Liebesleben stellen sie dann hinten an. Das hat auch eine gesellschaftliche Dimension. Wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Für eine steile Karriere erntet man Anerkennung, für ein erfülltes Sexualleben nicht.

Jetzt sind nicht alle Menschen Bundesministerin oder Top-Manager. Wie häufig erleben Sie in Ihrer Praxis, dass der Job der Grund für eine Scheidung ist?

Es gibt meistens nicht den einen Grund. Auch Kinder und der Anspruch an uns selbst sind eine Belastung für jede Beziehung. Aber natürlich, wenn jemand sehr stark auf seinen Job fokussiert ist, abends nach Hause kommt und keine Energie mehr hat, nach einem Acht- oder Zehn-Stunden-Tag Zärtlichkeiten auszutauschen, kann das einer Beziehung schaden.

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Sie sagen „kann“. Es muss also nicht so kommen?

Es gibt Paare, die haben sich damit arrangiert, vor allem als Eltern zu funktionieren oder sich gegenseitig im Job zu unterstützen. Das geht so lange gut, bis das einer Seite nicht mehr reicht.

Wie reagiert dann die andere Seite?

Auch für die kommt das meistens nicht völlig überraschend. Aber derjenige, der sehr viel Wert auf seinen Job legt, ihn gerne macht, schon viel für den Aufstieg gegeben hat, wird nicht willens sein, seine Karriere von einem Tag auf den anderen aufzugeben. Diese Menschen haben Jahre lang ihre Befriedigung aus abgearbeiteten To-Do-Listen und erfolgreichen Projekten gezogen.

Am besten ist es also, wenn man es so weit gar nicht kommen lässt?

Genau, wer einseitig aufgestellt ist, dem geht das Gleichgewicht verloren.

Leider merkt man das oft erst im Nachhinein. Was dann?

Bei den Paaren, die zu mir kommen, ist es meist so: Der eine möchte an der Beziehung arbeiten. Der andere nicht. Diese Abwehrhaltung aufzubrechen, ist schon der erste Schritt. Da gibt es verschiedene Wege, zum Beispiel sich gemeinsam an schöne Zeiten zu erinnern. Wie haben sie sich kennengelernt? Welche Reisen haben sie unternommen? Solche Dinge.

Geht es auch darum, sich einfach wieder mehr Zeit für einander zu nehmen?

Natürlich ist das ein Punkt. Aber es geht vor allem auch um die Bedürfnisse beider Seiten. Diese zu äußern, kann schwerfallen. Vor allem wenn man Ablehnung fürchtet. Wenn der eine Partner etwa Wunsch nach Sexualität verspürt, für den anderen dieses eigentlich lustvolle Vorhaben aber in Stress ausartet, wird es schwierig. Wer den ganzen Tag stark beansprucht ist und abends schlapp nach Hause kommt, womöglich den Kopf voller To-Do-Listen hat, dem fällt es schwer sich auf Zärtlichkeit einzulassen.

Was kann da helfen?

Geben Sie Ihren Beziehungen wieder mehr Wertschätzung. Gehen Sie mit ihrer Aufmerksamkeit mal wieder mehr in den Körper, raus aus dem Kopf. Fühlen Sie anstatt zu denken. Und sorgen Sie für mehr Ausgleich und Lebendigkeit in Ihrem Leben.

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