Deutschlands größtem Geldhaus stehen wieder einmal turbulente Bonusverhandlungen ins Haus. - Reuters
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Gehälter im Investmentbanking: Neue Rekorde, neuer Ärger: Gerangel um die Millionen-Boni der Banker

2021 war ein gutes Jahr für die Investmentbanker. Ihnen winken die höchsten Boni seit der Finanzkrise. Trotzdem ist bei der Verteilung Streit programmiert – auch bei der Deutschen Bank.

Die Vorbereitungen für die Bescherung haben längst begonnen. In diesen Tagen laufen die Verhandlungen in den großen Banken in New York, London und Frankfurt über die Boni für das abgelaufene Jahr. Im Prinzip ist klar: Investmentbanker und Händler können sich auf die höchsten Prämien seit der Finanzkrise freuen.

Die gesamte Branche hat ein sehr gutes Jahr hinter sich, aber das heißt noch lange nicht, dass die Bonusrunde so harmonisch ablaufen wird, wie es sich für die Vorweihnachtszeit eigentlich gehören würde. Im Gegenteil: Vielen Banken stehen konfliktreiche Wochen bevor – auch und gerade der Deutschen Bank.

Marktschätzungen gehen davon aus, dass die Prämien beim größten deutschen Geldhaus im Vergleich zum Vorjahr um zehn bis 15 Prozent steigen könnten. „Die entscheidende Frage ist, ob das reichen wird, um die besten Talente zu halten“, meint ein Frankfurter Personalberater. Für 2020 hatte das Institut trotz der Bitte der Europäischen Zentralbank um Mäßigung wegen der Coronakrise inklusive Halteprämien Boni in Höhe von 2,14 Milliarden Euro gewährt.

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Die Investmentbanken zählen zu den großen Profiteuren der Pandemie. Zuerst sorgte die Covid-Krise für Hochbetrieb in den Handelssälen wegen der heftigen Kursausschläge. Nachdem sich die Kapitalmärkte beruhigt und erholt hatten, folgte eine Flut von Börsengängen, Anleiheplatzierungen und Übernahmen.

„Unsere Kunden werden die Leute gut bezahlen“, sagt Alan Johnson, Geschäftsführer der US-Personalberatung Johnson Associates, der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Die Geschäftsergebnisse sind hervorragend, also gibt es kein Halten mehr.“

Nicht alle europäischen Banken können mithalten

Aber das gilt längst nicht für alle Banken. Denn es sind vor allem die US-Häuser, die in diesem Jahr prächtig verdient haben, bei den europäischen Banken stellt sich die Lage deutlich differenzierter da. „Die Erwartungen der Mitarbeiter sind hoch, aber längst nicht alle werden erfüllt werden“, meint ein Frankfurter Spitzenbanker. Es bestehe die große Gefahr, dass die US-Institute deutlich besser bezahlen und damit noch mehr Talente von den europäischen Banken zur amerikanischen Konkurrenz abwandern

Angesichts der vollen Auftragsbücher und lukrativer Alternativjobs bei Beteiligungsfirmen oder wachstumsstarken Neugründungen hat der Wettbewerb um talentierte Banker in den vergangenen Monaten eine neue Qualität erreicht. „Der Konkurrenzkampf ist so hart wie nie“, räumte Jeremy Barnum, Finanzchef von JP Morgan, im Sommer ein.

Zahlreiche Wall-Street-Häuser haben die Einstiegsgehälter für Jungbanker in den vergangenen Monaten auf 100.000 Dollar und mehr aufgestockt. Europäische Banken wie UBS, Barclays und die Deutsche Bank mussten nachziehen.

Hohe Erwartungen der Deutsch-Banker

Zum Thema Boni sagte die US-Chefin der Deutschen Bank, Christiana Riley, dem Handelsblatt vor Kurzem: „Wir sind ein Unternehmen, das gute Leistungen seiner Mitarbeiter belohnt, in den USA und weltweit.“ Und: „Wir befinden uns in einem Markt mit intensivem Wettbewerb. Wir müssen sicherstellen, dass es ein angemessenes Verhältnis zwischen Leistung und Entlohnung gibt.“

Zu den Details der aktuellen Bonuspolitik wollte sich Riley nicht äußern. Die Erwartungshaltung der Belegschaft ist allerdings klar: „Es war schon im vergangenen Jahr schwer zu erklären, warum die Bonuszahlungen geringer ausfallen, als es nach dem Bonussystem gerechtfertigt gewesen wäre. Der Druck ist in diesem Jahr noch größer, weil die Zahlen besser sind“, heißt es in Finanzkreisen.

Gerade im Ausland sei es schwer, Experten zu halten. „Das gilt ja nicht nur für die Investmentbanker, sondern auch für Bereiche wie das Risikomanagement oder die IT.“

Doch in der Bilanz der Deutschen Bank ist von höheren Boni bislang nicht viel zu sehen, im Gegenteil: Im dritten Quartal hat das Frankfurter Institut die Gesamtvergütung in der Investmentbank, zu der auch die Rückstellungen für Boni gehören, um sieben Prozent auf 521 Millionen Euro gesenkt, obwohl die Zahl der Mitarbeiter im sogenannten Front Office, wo die Geschäfte gemacht werden, um vier Prozent gestiegen ist.

Ähnlich sieht die Lage für die ersten neun Monate aus, hier fiel die Gesamtvergütung trotz höherer Mitarbeiterzahl im Front Office um ein Prozent. Dabei stiegen die Erträge in der Investmentbank im Vergleich zum ohnehin bereits guten Vorjahr in den ersten neun Monaten 2021 um vier Prozent, und der Gewinn vor Steuern stieg sogar um knapp ein Drittel auf 3,4 Milliarden Euro.

„Entscheidend wird sein, wie die Ergebnisse am Jahresende aussehen, und wie viel Geld die Bank im vierten Quartal für die Boni zurücklegt“, erläutert ein Personalberater. Der Experte geht davon aus, dass die Bank die Boni stark differenzieren wird, nur so lasse sich verhindern, dass Leistungsträger zu sehr enttäuscht würden.

Welche Banker besonders profitieren werden

Johnson Associates geht davon aus, dass die größten Gewinner jene Banker sein werden, die im Emissionsgeschäft für Aktien und Anleihen arbeiten. Ihre Bonuszahlungen könnten der Personalberatung zufolge um bis zu 35 Prozent höher ausfallen als ein Jahr zuvor. Für Aktienhändler und Banker, die bei Fusionen und Übernahmen beraten, dürften die Prämien demnach um rund 25 Prozent steigen. Anleihehändler stehen dieses Mal am Ende der Tabelle mit einem geschätzten Plus von fünf Prozent.

Im Gegensatz zur Deutschen Bank und Barclays, wo die Kosten in der Investmentbank in den ersten neun Monaten des Jahres um drei Prozent sanken, legen die Amerikaner mehr Geld für die Vergütung zurück. Bei Goldman Sachs stieg der Aufwand pro Kopf für die Entlohnung von Januar bis September um über ein Viertel. Morgan Stanley stellte für die Vergütung der Investmentbanker im selben Zeitraum 15 Prozent mehr Mittel bereit.

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Auch die Beschäftigten der Commerzbank können mit höheren Bonus-Zahlungen für das Geschäftsjahr 2021 rechnen. Das erklärte das Management nach Handelsblatt-Informationen in internen Telefonkonferenzen nach der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal Anfang November.

Im vergangenen Jahr hatte Deutschlands zweitgrößte Privatbank die variable Vergütung mehr als halbiert auf 88 Millionen Euro. Bonusberechtigt waren dabei 19.000 außertariflich bezahlte Mitarbeiter, davon 16.000 im Inland. Traditionell fällt die variable Vergütung bei der Commerzbank deutlich geringer aus als bei der Deutschen Bank.

Doch auch bei der Commerzbank haben Kürzungen der variablen Vergütung in der Vergangenheit für großen Unmut gesorgt – zuletzt Anfang 2019. Damals ließen mehr als 100 Beschäftigte ihrer Wut darüber im Intranet freien Lauf.

Kritik an der Millionärsinflation

Für die Deutsche Bank geht es nicht nur darum, wie die Boni intern ankommen, auch die Wirkung nach außen sorgt für Diskussionen in der Bank. „Die Höhe der Boni ist Jahr für Jahr ein sehr sensibles Thema, und die gesellschaftlichen Diskussionen werden nicht leiser werden, wenn die Prämien steigen“, räumt ein Manager des Geldhauses ein.

Bereits im vergangenen Jahr musste die Bank Kritik für ihre Bonuspolitik einstecken. Dabei ging es nicht nur um die Höhe der Prämien, sondern auch um die Verteilung der Ausschüttungen. Auf der Hauptversammlung im vergangenen Mai kritisierte Andreas Thomae von Deka Investment, dass die Bank 2020 gerade einmal eine Milliarde Euro vor Steuern verdient habe, die variable Vergütung aber um 29 Prozent nach oben geschraubt habe.

Für Unmut bei den Investoren sorgte auch, dass kein anderes europäisches Institut sich im vergangenen Jahr mehr Einkommensmillionäre leistete als die Deutsche Bank. 684 Mitarbeiter verdienten siebenstellig. Mehr Einkommensmillionäre gab es bei dem Institut zuletzt im Jahr 2017.

Selbst die ähnlich aufgestellte britische Großbank Barclays zahlt nur 448 Topkräften Millionengehälter. Und die französische Großbank BNP Paribas, die 2020 rund sieben Milliarden Euro verdiente, leistete sich nur 222 Millionäre.

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