Gehaltsverhandlung: Ein Tabuthema, das immer noch viele Hürden birgt
Gehaltsverhandlungen sind ein essenzieller Teil jedes Bewerbungsgesprächs, doch viele scheuen sich, ihre Vorstellungen zu äußern. Warum bleibt Geld ein Tabu? Was steckt hinter dieser Angst – überholte Glaubenssätze oder mangelndes Selbstbewusstsein?
Historisch betrachtet, gab es lange Zeit die weitverbreitete Ansicht, dass man über Geld nicht spricht. Dieser Glaubenssatz hat sich in vielen Köpfen verfestigt und sorgt dafür, dass das Thema Gehalt in der öffentlichen Diskussion oft gemieden wird. Es scheint, als sei es ein ungeschriebenes Gesetz, dass über persönliche finanzielle Angelegenheiten nicht gesprochen werden sollte. Insbesondere in Deutschland ist diese Mentalität stark ausgeprägt. Viele Menschen empfinden das Thema Gehalt als unangenehm und sind unsicher, wie sie ihre Vorstellungen kommunizieren sollen.
Ein weiterer Aspekt ist das Selbstwertgefühl der Kandidaten. Viele Menschen kennen ihren eigenen Wert nicht oder haben Schwierigkeiten, diesen zu erkennen. Insbesondere Bewerber über 50 Jahre zeigen oft eine bemerkenswerte Zurückhaltung, wenn es um die Diskussion über ihr Gehalt geht. Sie scheinen häufig zufriedener mit einem geringeren Einkommen zu sein und sind bereit, Kompromisse einzugehen, anstatt ihre Ansprüche klar zu formulieren. Dies könnte in gewisser Weise auf Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückzuführen sein, wo Stabilität und Sicherheit oft wichtiger waren als die Bezahlung.
Viele junge Menschen neigen dazu, ihre Fähigkeiten und ihren Wert zu überschätzen.Rebecca Hesselbach
Auf der anderen Seite gibt es viele junge Menschen, die dazu neigen, ihre Fähigkeiten und ihren Wert zu überschätzen. Sie fordern oft Gehälter, die in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Erfahrung und den Anforderungen der Position stehen. Dies kann zu Spannungen im Verhandlungsprozess führen und den Eindruck erwecken, dass die junge Generation keine realistische Vorstellung von den Gehältern hat, die in der Branche üblich sind.
💶 XING Tipp: Unter „Insights“ lässt sich das eigene derzeitige Gehalt mit dem Durchschnittsgehalt für ähnliche Positionen vergleichen.
Für uns als Personalvermittler ist es entscheidend, diese Themen offen anzusprechen. Wir müssen unseren Kandidaten helfen, ihre eigenen Werte zu erkennen und zu kommunizieren. Dazu gehört, dass sie sich über die Marktpreise und die branchenüblichen Gehälter informieren. Wir ermutigen sie, ihre Erfolge und Qualifikationen klar darzustellen und sich darauf vorzubereiten, diese im Verhandlungsgespräch zu präsentieren. Dies erfordert oft eine intensive Selbstreflexion und das Überwinden von inneren Hemmungen.
Offene Diskussion fördert Transparenz
Eine offene Diskussion über Gehalt kann auch dazu beitragen, eine Kultur der Transparenz zu fördern. Unternehmen profitieren, wenn Kandidaten ihre Erwartungen klar formulieren und Personalvermittler diese in den Verhandlungsprozess einbringen. Dies führt zu einer Win-win-Situation, in der sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer mit einem guten Gefühl aus der Verhandlung gehen.
Insgesamt bleibt die Gehaltsverhandlung ein sensibles Thema, das viele Hürden birgt. Es ist jedoch von größter Bedeutung, diese Barrieren zu durchbrechen und das Gespräch über Geld zu einem integralen Bestandteil des Bewerbungsprozesses zu machen. Indem wir die Scham und das Unbehagen um dieses Thema abbauen, können wir dazu beitragen, dass Kandidaten ihre Leistungen und ihren Wert besser einschätzen und vertreten. Nur so können sie faire Gehälter erzielen, die ihrer Qualifikation und Erfahrung entsprechen.
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