Glücklich arbeiten? Den Weg schreibt dir niemand vor.
Wir brauchen Eigeninitiative, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern. Wie die freiheitlichsten Länder Potenziale freisetzen und warum das glücklich macht, können wir von den glücklichsten Ländern der Welt lernen.
Auch in diesem Jahr belegen alle nordischen Länder Spitzenplätze im World Happiness Report.
Es geht um das „Was“ und das „Warum“
„Wir einigen uns auf das 'Was' und das 'Warum'. Beim 'Wie', bei der Umsetzung lassen wir die Leute maximal frei“, sagt Henrik, Personalchef der schwedischen Verkehrsbehörde, ehemaliger Personalchef der schwedischen Polizei, der Scandic-Hotelkette und von Ikea.
Neugier und Initiative brauchen Raum, deshalb gibt man in den erfolgreichen nordischen Ländern nur die Richtung vor, wie Hans Olav, Director People & Processes von Making Waves jetzt NOA Ignite in Norwegen: „Wir geben den Leuten Autonomie und Verantwortung und sagen: Das musst du liefern, wie, ist uns egal. Das Ziel kennst du, den Weg schreibt dir niemand vor. Und ich glaube, das macht die Leute hier sehr glücklich.“ Es koste natürlich viel mehr Zeit und Mühe. Aber auf diese Weise bekommt jeder neue Ideen und neuen Input – frisches Blut in die Adern des Unternehmens. (Zitat aus Buch: Acht Stunden mehr Glück)
Durch das Wie lernen wir
Vielleicht sind die nordischen Länder deshalb die Innovationsführer in Europa und führend beim lebenslangen Lernen.
„Wir wollen, dass die Leute ihren eigenen Weg finden, damit wir von ihnen lernen können. Und deshalb“, sagt mir Simon, der bei Scania für das Wertehaus zuständig ist, aber auch Martin, ein deutscher Anästhesist aus Göteborg, „können wir uns nicht zurücklehnen und sagen, das machen wir schon seit zehn Jahren so.“
Wenn wir wollen, dass Menschen sich selbst führen, Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen, dann brauchen sie ein Umfeld, das bereit ist, sich auf andere Sichtweisen einzulassen.
Welche Rahmenbedingungen brauchen wir dafür?
1. Lasst die Menschen sie selbst sein!
Die Potenziale jedes Menschen liegen in seiner Einzigartigkeit. Wir können es nutzen, indem wir auch am Arbeitsplatz persönlich werden. Sprechen wir über das Leben, über Leidenschaften außerhalb des beruflichen Kontextes, um Menschen zu unterstützen, aber auch um zu verstehen, wie wir gemeinsam private Leidenschaften auf die Arbeit übertragen können.
2. Fordert andere Meinungen ein!
„Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen nicht nur das Gefühl haben, Fragen stellen zu dürfen. Wir erwarten, dass sie es tun“, sagt Henrik. Fordert euer Team immer wieder auf, Ideen, Regeln, Entscheidungen zu hinterfragen, abweichende Meinungen einzubringen. Macht deutlich, dass ihr wollt, dass sie euch als Führungskräfte, aber auch einander und das gesamte Unternehmen herausfordern.
3. Nehmt euch zurück!
Eine Führungskraft muss nicht der Fels in der Brandung sein, wie ein Seminarteilnehmer einwarf. So ist Henrik bei seiner Antrittsrede vor mehrere hundert MitarbeiterInnen getreten und sagte: „Ich habe viel Wissen im Gepäck, aber ich brauche das Engagement und das Wissen von euch allen!“ Demut, Bescheidenheit und die Erkenntnis, dass man als Führungskraft weder alles wissen noch überblicken kann und daher ohne sein Team nichts ist, ist der Führungsstil der Zukunft.
4. Kommuniziert mit Werten!
Damit trotzdem alle an einem Strang ziehen und ihre Freiräume zum Wohle aller nutzen können, dürfen Werte nicht nur an der Wand hängen. Die Kommunikation im nordischen Unternehmen dreht sich nicht nur um das „Wie“, sondern sehr stark um das „Warum“: „Unsere Mission ist es, ein Weltklasse-Hotel zu sein“, sagt Jenny, PR-Managerin bei Scandic Hotels, „also frage ich mich: War die Pressemitteilung Weltklasse?, und der Mitarbeiter im Zimmer: Habe ich das Bett Weltklasse gemacht?“
5. Urteilt nicht, vertraut!
Wenn Menschen ermutigt werden, ihren eigenen Weg zu gehen, geht manchmal etwas schief. Und dann ist es eben so. Deshalb gibt es in nordischen Unternehmen auch keine Fehlerkultur. Nordische Unternehmen konzentrieren sich nicht auf „richtig oder falsch“, sondern darauf, aus Fehlern zu lernen.
Was kann ich als Führungskraft konkret tun?
1. Sich selbst beobachten und in sich hineinhorchen.
Bin ich wirklich bereit, mich infrage stellen zu lassen? Kann ich Kontrolle abgeben? Zählt meine Meinung mehr als die anderer? Beobachtet euch selbst.
2. Sich verletzlich und fehlbar zeigen.
„Ich weiß auch nicht. Was denkst du? Ich brauche deine Hilfe! Du bist der Spezialist, bitte geh zu dem Treffen mit dem Kunden. Ich vertraue dir.“ So wächst das Team und damit auch ihr. Denn ihr strahlt durch die Leistung eures Teams.
3. Den Input des Teams nicht durch die eigene Meinung zu beeinflussen.
Wenn es noch keine starke Meinungsbasis gibt, neigt man dazu, sich an dem zu orientieren, was die Führungskraft vermeintlich denkt. Es gibt viele Techniken, um die Meinung der Führungskraft zu schwächen. Sammelt z.B. Ideen vorab per E-Mail oder anonym während des Meetings. Notiert alle Meinungen auf dem Whiteboard, damit keine verloren geht.
4. Mit Fragen statt mit Antworten zu führen.
Wie schnell haben wir eine Meinung, einen Rat oder eine Entscheidung parat, wenn Mitarbeitende mit einer Frage auf uns zukommen? Widerstehen Sie dem Reflex, eine Antwort zu geben, wie Hanna, die 13 Jahre lang als Führungskraft bei IKEA Deutschland gearbeitet hat. „Immer, wenn meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland mit einer Frage zu mir kamen, habe ich sie gefragt: Was würdest du tun? und dann kamen sie mit einer Idee: Ja, dann mach das.“
Mit dieser Einstellung nutzt man nicht nur das volle Potenzial der Vielfalt, sondern sorgt auch für glückliche Menschen. Denn zu wissen, dass der eigene Beitrag gebraucht und geschätzt wird, weckt Glücksgefühle.
Autonomie, Bedeutsamkeit und Sinnhaftigkeit sind enorme Glückstreiber, die auch Unternehmen voranbringen. Denn glückliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind kreativer, produktiver, gesünder, lieben ihre Arbeit und ziehen andere Talente an. Nutzt diese Kraft!