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Großzügigkeit macht Menschen glücklicher

Wie Unternehmen mehr Wert schaffen

Einem anderen Menschen Gutes zu tun, ist mit einem angenehmen Gefühl verbunden, das die Verhaltensökonomen "warm glow" nennen. Das neuronale Zusammenspiel haben Philippe Tobler und Ernst Fehr vom Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Zürich in Zusammenarbeit mit internationalen Forscherkollegen untersucht, die hier abrufbar ist: In ihren Experimenten fanden sie heraus, dass Probanden, die sich großzügig verhielten, danach glücklicher waren als ihre egoistischeren Kollegen. Keine Rolle für die Zunahme der Zufriedenheit spielte hingegen die Höhe der Großzügigkeit. Ein Teil der Probanden hatte sich vor den Experimenten zu großzügigem Verhalten verpflichtet. Diese Gruppe nahm höhere Kosten in Kauf, um jemandem etwas Gutes zu tun. Ebenso schätzten sie sich nach diesem Verhalten glücklicher ein als die Kontrollgruppe, die sich dazu verpflichtet hatte, sich selber etwas Gutes zu tun. Bereits das Versprechen, sich großzügig zu verhalten, aktivierte den altruistischen Bereich im Gehirn und verstärkte die Interaktion zwischen diesem und jenem Bereich, der für Glücksempfinden zuständig ist.

Die Mitbegründerin der Huffington Post, Arianna Huffington, schreibt in ihrem Buch „Die Neuerfindung des Erfolgs", dass wir mehr Großzügigkeit im Leben brauchen, um die Welt besser zu machen. Vor einigen Jahren hat auch die Wirtschaft begonnen, Großzügigkeit in ihren transaktionalen Bezugsrahmen einzubinden. So lautet die Empfehlung des Technologieberaters und Internetverlegers Tim O’Reilly mit Blick auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen: „Schaffe mehr Wert, als du abzapfst“. Was das konkret bedeutet, zeigt das Beispiel der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe, zu der unter anderem die NEUMÜLLER Ingenieurbüro GmbH und die NEUMÜLLER Personalberatung Regina Neumüller e.K. gehören, die Rekrutierung von Fachkräften für Unternehmen spezialisiert. Das inhabergeführte Familienunternehmen unterstützt seit mehr als 16 Jahren Großkunden aus der Industrie, aber auch mittelständische Firmen, über die Personaldienstleistung - mit anschließender Gelegenheit zur Übernahme der Mitarbeiter durch die Kunden. Aktuell sind hier rund 300 Mitarbeiter (davon etwa 200 Ingenieure und Naturwissenschaftler) beschäftigt.

Seit der Firmengründung werden karitative und soziale Projekte unterstützt sowie Ausbildung, Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport gefördert. Ein Teil der jährlichen Erträge werden beispielsweise zum Aufbau der gemeinnützigen Consilatio Stiftung verwendet, die sich für den Erhalt und die Förderung der Gesundheit von Kindern und deren Ausbildung einsetzt. 2015 und 2016 wurden Schulbauten in Indien und auf den Philippinen der Reiner Meutsch Stiftung FLY & HELP unterstützt. Geschäftsführer Werner Neumüller hebt aber auch das außergewöhnliche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „sowohl in Form von Spenden als auch in Form von zeitlichem Einsatz in regionalen Sozial Days (z.B. bei Obdachlosen)" hervor. Alle möchten wirksam an einer sozialen Bewegung teilhaben, die über den eigenen Umkreis hinausreicht. Das betrifft in besonderer Weise auch verstärkt die jüngeren Mitarbeiter, denn sie möchten in einem sozialen System arbeiten, das nicht nur der Gewinnmaximierung dient, sondern von Menschen für Menschen getragen und als sinnvoll erlebt wird.

„Gerne nehmen wir unsere Verantwortung an, dem System, in dem wir Erträge erwirtschaften, wieder etwas von diesen Erträgen ‚sinnvoll(er)' zurückzugeben", so Neumüller, der gute Geschäfte machen und dann teilen möchte. Auch Kulturförderung ist für den Mittelständler so selbstverständlich wie das soziale Engagement. Unterstützt werden Ärzte ohne Grenzen, Kinderpatenschaften bei World Vision und SOS Kinderdorf, aber auch regionale Organisationen wie "Tröster Teddys", die Aktion Schutzbengel der Rummelsberger Diakonie, die Stiftung Kinder in Not, die Emanuel Wöhrl Stiftung sowie Kindergärten und Krankenhäuser im Raum Nürnberg.

Die in mehrere Bereiche aufgeteilten Spenden unterliegen keinem Gießkannenprinzip, sondern sind in dieser unterschiedlichen regelmäßigen Verteilung beabsichtigt. Es geht um die Notwendigkeit der Unterstützung im Ganzen - nicht um persönliche Betroffenheit im Kleinen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Diskussion einer Gruppe von Wissenschaftlern um den Moralphilosophen Peter Singer (Princeton University) und William MacAskill (Universität Oxford). Aus ihrer Sicht sei es zwar nachvollziehbar, dass wir beeinflussen wollen, was uns berührt, aber ökonomisch sei dies aus ihrer Sicht nicht richtig. Die WirtschaftsWoche verwies Ende 2015 auf folgendes Beispiel: Wenn jemand Leben retten will, liegt es zwar zunächst nahe, Arzt zu werden - doch MacAskill empfiehlt einen radikaleren Weg, den auch der Amerikaner Jason Trigg ging: Er wurde nicht Entwicklungshelfer, sondern Programmierer, der bei einem Hedgefonds weit mehr verdiente, um möglichst viel zu spenden. Er verfolgt die Strategie des Verdienens-um-zu-spenden (aerning to give), die auch MacAskill selbst umsetzt. Er spendet 60 Prozent seines Jahreseinkommens.

Der rein ökonomische Ansatz hat durchaus etwas Kaltes, weil es ausschließlich um eine „optimierte Art von Altruismus" (WiWo 42/9.10.2015) geht, die kaum Gefühle zulässt und auch nicht das nachhaltige Wirtschaften des Unternehmens hinterfragt, aus dem das zu spendende Geld kommt. Doch die Auseinandersetzung mit einem solchen Ansatz kann dazu anregen, das persönliche und unternehmerische Engagement zu hinterfragen und gegebenenfalls neu auszurichten, um überlegter und mit Langfristwirkung zu spenden.

In seinem wegweisenden Buch „Geben und Nehmen“ geht Adam Grant, Professor für Organisationspsychologie an der Wharton Business School (University of Pennsylvania), ebenfalls den Vorteilen von Großzügigkeit am Arbeitsplatz nach: Er ist der Ansicht, dass Altruismus als Motivationsquelle unterschätzt wird. Unternehmen sollten ein starkes Interesse daran haben, freigiebiges Verhalten zu fördern, weil es Schlüsselaspekte ihrer Performance wie effektive Zusammenarbeit, Innovation, herausragenden Service und Qualitätssicherung verbessert. Die Bereitschaft, andere zu unterstützen, stehe zudem im Mittelpunkt einer Erfüllung bietenden Karriere. Diese Aspekte werden auch vom internationalen Marketingexperten Tim Leberecht aufgegriffen, der in seinem Bestseller „Business Romantiker“ darauf Bezug nimmt:

ALLES GEBEN – NICHTS MESSEN – MEHR BEDEUTEN.

Eine nachhaltige Botschaft – nicht nur zur Adventszeit.

Weiterführende Informationen:

Moral oder Moneten? Wie wir soziale Entscheidungen treffen

Tim Leberecht: Business-Romantiker. Von der Sehnsucht nach einem anderen Wirtschaftsleben. Droemer Knaur GmbH & Co. KG, München 2015.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Denken und Schenken: Warum Geben im Kopf beginnt: Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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