Grüner Reisen: Worauf es ankommt
Mit dem Erfolg des internationalen Tourismus werden auch dessen Schattenseiten deutlicher. Reisen bedeutet eben nicht nur Sonne, Strand und Sightseeing, sondern auch Treibhausgase oder Wasserknappheit.
Schädlich sind vor allem Flugreisen. Wie und wo Urlaub gemacht wird, hat großen Einfluss auf unseren ökologischen Fußabdruck. Je weiter das Ziel, desto größer ist die Umweltbelastung. Die Reisewirtschaft spielt deshalb auch eine wichtige Rolle zur Erreichung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs). In der Agenda 2030 wird der Tourismus mit drei konkreten Zielvorgaben (Goal 8, 12 und 14) ausdrücklich erwähnt: Bis 2030 sollen politische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen nachhaltigen Tourismus fördern, der Arbeitsplätze schafft sowie lokale Gemeinschaften unterstützt. Zudem sollen nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster etabliert und Instrumente entwickelt werden, die die Auswirkungen des Tourismus auf eine nachhaltige Entwicklung der Welt dokumentieren.
In der Coronapandemie sind viele Urlaubsträume zerplatzt – für die Umwelt war es dagegen eine Verschnaufpause, denn mit den stornierten Flügen sank der Ausstoß von Klimagasen. Viele nutzten die Zeit auch, um ihre Urlaubspläne zu überdenken. So ist die Nachfrage nach nachhaltigen Natur- und Urlaubserlebnissen weiter angestiegen. Wichtig ist deshalb, dass der Tourismus auf lokalen und regionalen naturräumlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Strukturen aufbaut.
Wenn nicht mit dem Rad gefahren wird, machen An- und Abreise den größten Anteil am ökologischen Fußabdruck eines Urlaubs aus. Wer die Urlaubsregion mit Bus, Bahn oder Rad erkundet, fährt grüner als mit dem Mietauto. Bei größeren Entfernungen reicht die Zeit nicht immer für eine Bahnfahrt. Es ist dann besser, sofern möglich, einen Direktflug zu buchen statt einen mit Zwischenstopp.
Das Gemeinschaftsprojekt „Green Travel Transformation“ hat eine einheitliche Kennzeichnung für nachhaltige Reiseangebote eingeführt. Durch die Markierung werden für Reisebüros nachhaltig zertifizierte Hotelangebote zum ersten Mal großflächig im deutschlandweit meistgebuchten Beratungs- und Angebotssystem „Bistro Portal“ buchbar.
Gereist werden sollte stets mit kleinem Gepäck. „Sag Nein zu totem Gewicht“ lautet hier die Devise, denn auch das Gewicht des Gepäcks schlägt sich auf den CO2-Ausstoß nieder.
Im Bereich Geschäftsreisen steckt ein enormes Potenzial für eine bessere ökologische Unternehmensbilanz. In welchem Maße Strategien für grüne Geschäftsreisen umgesetzt werden, ist eine Frage der jeweiligen Unternehmenspolitik. Unternehmen haben die Möglichkeit, die durch den Flug entstehende Klimabelastung durch freiwillige Kompensationszahlungen auszugleichen. Innerhalb Deutschlands sollte die Bahn als Alternativen zum Flugzeug Vorrang haben, und auch bei Reisen in angrenzende Länder, abhängig von der Zugverbindung, ist die umweltverträgliche Bahn erste Wahl, denn hier kann der Geschäftskunde durch den Einsatz von 100 % Ökostrom klimaneutral reisen.
Bei der Planung der Geschäftsreise sollte darauf geachtet werden, dass möglichst viele Termine, die in der Nähe liegen, zeitnah koordiniert werden. Zudem sollte immer überprüft werden, ob persönliche Treffen nicht auch durch Web- und Videokonferenzen ersetzt werden können. Lässt sich am Reiseziel ein Mietwagen nicht vermeiden, empfiehlt es sich, bei der Anmietung ein Elektroauto oder ein Modell mit Hybridantrieb zu wählen. Für Kurzstrecken ist auch Carsharing eine gute Alternative, das sich als Konkurrenz zu Taxen, Mietwagen oder öffentlichen Verkehrsmitteln in Großstädten mittlerweile etabliert hat.
Bei der Wahl des Reiseziels sollte immer die Dauer des Aufenthalts eine Rolle spielen. Flugreise, Dauer und CO2-Ausstoß sollten in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Wenn schon Urlaub mit Flug, dann sollten am Urlaubsort mindestens zwei Wochen verbracht werden. Bei der Flugbuchung sollte auf den Flugzeugtyp geachtet und modernere Maschinen bevorzugt werden, die weniger klimaschädliche Treibhausgase verursachen.
Wer auf den Flug nicht verzichten möchte, hat die Möglichkeit, seinen verursachten CO2-Verbrauch zu kompensieren: Die Klimaschutzorganisation atmosfair ermittelt beispielsweise für Flugreisende den entsprechenden Schadstoffverbrauch und gleicht diesen durch die Unterstützung nachhaltiger Umweltprojekte wieder aus. Auch viele Fluggesellschaften bieten mittlerweile ähnliche Aktionen an, um den ökologischen Fußabdruck zu neutralisieren. Je kürzer der Urlaub, desto näher sollte er am eigenen Wohnort sein. Eine Faustregel besagt, dass wir pro Stunde Zeitumstellung und zehn Grad Temperaturunterschied etwa einen Tag zur Anpassung benötigen.
Gemeinsam mit dem hotelerfahrenen Ingenieur Torsten Merker bricht Andreas Koch einmal im Jahr eine Woche zu einer Radtour zu Hotels einer Region auf - mit dem Angebot eines Kurzenergie- und Nachhaltigkeitschecks gegen Kost und Logis. Es ist für sie motivierend, ehrenamtlich einen Beitrag zur Verbesserung der Umweltperformance von Hotels zu leisten. Beide machten die Erfahrung, dass es fast bei jedem Hotel Einsparoptionen gibt, die auch ohne Investitionen oder mit schneller Amortisierung (ein bis zwei Jahre) umzusetzen sind. Gleichzeitig sind die Hoteliers sehr im eigenen Tagesgeschäft eingespannt und achten selten auf die Energie- und Wasserkosten, obwohl diese mittlerweile neben Wareneinsatz und Personalkosten den drittgrößten Kostenblock verursachen und etwa fünf bis acht Prozent des Umsatzes ausmachen.
So kam auch die Idee auf, eine Radtour durch Schleswig-Holstein zu machen und somit die lokalen Herausforderungen und Akteure kennenzulernen. Auf der Tour haben sie Hotels geholfen, ihre Energie- und Wasserkosten zu senken und sich nachhaltiger auszurichten. Die Anreise erfolgte nachmittags oder abends. Dann folgte das erste Gespräch mit dem Management. Bei allen Teilnehmenden haben sie zunächst eine Analyse durchgeführt, wie viel Energie- und Wasserverbrauch sie im Vergleich zu anderen Hotels der gleichen Kategorie haben. Wenn dies ein Einsparpotenzial theoretisch aufgezeigt hat, sind sie mit dem Techniker und dem verantwortlichen Personal durchs Hotel gegangen und haben vor allem Maßnahmen identifiziert mit schneller Amortisierung bzw. ohne Investitionen. Häufig fanden sie viele Maßnahmen, wie Kosten gespart werden können ohne Investitionen, wobei sich viele Hoteliers auf die klassischen Technikinvestitionen fokussieren und weniger auf den effizienten Betrieb bzw. die Mitarbeitersensibilisierung. Deshalb geben sie nicht nur Empfehlungen zur Effizienzsteigerung und nachhaltigeren Maßnahmen, sondern stoßen bei den Hotels auch die Diskussion an, ob sie nicht stärker ihre Mitarbeiter einbinden wollen.
Im Deutschland-Tourismus gibt es zwar eine Vielzahl entsprechender Label, aber auch sie sind vielen Menschen nicht bekannt, obwohl im Internet zahlreiche ökologische Unterkünfte, Eco-Campingplätze über Klima-Hotels und -Ferienhäuser bis hin zu Bio-Bauernhöfen angeboten werden. Deshalb hat der Bundesverband Die VERBRAUCHER INITIATIVE e. V. in der Studie „Anforderungen an Unternehmenszertifizierungen für nachhaltigen Tourismus in Deutschland“ (2017) Zertifizierungssysteme auf Grundlage internationaler Richtlinien untersucht und dabei ihre inhaltlichen Ansprüche sowie ihre Transparenz und Prozesse analysiert.
Folgende überregionale Zertifikate werden empfohlen: Bio Hotels, Certified Green Hotel, EU Ecolabel, Green Globe, Green Key, Green Sign, Österreichisches Umweltzeichen, TourCent, Travellife Gold und Viabono. "Bett+Bike"-zertifizierte Unterkünfte sind hingegen speziell auf die Bedürfnisse von Fahrrad-Urlaubern ausgerichtet. Wanderer können bei der Planung ihrer Routen auf das Zeichen "Qualitätsweg Wanderbares Deutschland" achten.
„Grüne Hotels“ tragen in der Regel ein Umweltsiegel. Für die Klimabilanz der Unterkünfte spielen unter anderem der Energie- und Wasserverbrauch, die Abfallproduktion pro Gast und Nacht sowie die Infrastruktur des Gebäudes eine Rolle. Eine bessere Klimabilanz als konventionelle Unterkünfte bieten nachhaltig wirtschaftende Ökohotels, die beispielsweise auf Ökostrom setzen. Statt All-inclusive-Buffets bieten sich Restaurants mit lokaler Küche an. In Hotels kann der Wasserverbrauch durch Mehrfachverwendung von Handtüchern und Bettwäsche reduziert werden. Zudem ist zu empfehlen, die Klimaanlage immer nur in kurzen Intervallen zu nutzen.
Weiterführende Informationen:
Urlaub in Deutschland: Warum immer mehr Menschen auf Inlandsreisen setzen
Reisen mit gutem Gewissen: Anforderungen an einen nachhaltigen Tourismus
Flugreisen und Klimaschutz: Eine nachhaltige Herausforderung
Öko-Tourismus: Warum nachhaltige Natur- und Urlaubserlebnisse immer beliebter werden
Besser unterwegs: Wie sich Geschäftsreisen nachhaltig gestalten lassen
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Frank Herrmann: FAIRreisen. Das Handbuch für alle, die umweltbewusst unterwegs sein wollen. oekom verlag, München 2016.