Headhunter berichten: Mit diesen Fehlern manövrieren sich Manager ins Aus
Wenn erfahrene Topmanager zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, endet das schon mal peinlich. Headhunter und Coaches berichten aus der Praxis.
Ein lukrativer Karrieresprung schien Markus Röllers (Name von der Redaktion geändert) sicher. Die Position als neuer Entwicklungschef bei einem deutschen Elektrokonzern war wie für den 48-jährigen Ingenieur gemacht – doch sein Vorstellungsgespräch endete im Eklat.
Die Frage des Vorstands nach einem Erfolgsbeispiel irritierte den Manager. Sein Ton wurde aggressiver. Als sich der potenzielle Vorgesetzte dann noch erkundigte, „was können Sie aus Ihrem bisherigen Lebenslauf gewinnbringend für die neue Funktion einsetzen?“, polterte Röllers: „So etwas muss ich mich doch nicht fragen lassen, zweifeln Sie etwa an meiner Kompetenz?“
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Eigentlich sind die Jobaussichten für Topqualifizierte derzeit so gut wie lange nicht mehr. Nach dem ersten Krisenschock ziehen die Ausschreibungen in Unternehmen wieder an. Jobbörsen melden Rekordstände, die Arbeitslosenquote ist niedrig. Idealvoraussetzungen für gute Leute.
Und doch manövrieren sich gerade die aussichtsreichsten Bewerber auf den letzten Metern bisweilen selbst ins Aus, wie Personalberater Norbert Graschi zu berichten weiß. „Wir hören immer mal wieder von unseren Auftraggebern, dass Arroganz durchaus vielversprechende Kandidaten zu Fall bringt.“ Eine gewisse Überheblichkeit von Kandidaten gegenüber potenziellen Arbeitgebern werde sogar bewusst zelebriert: „Ein Kardinalfehler“, sagt Graschi.
Denn: Verliert ein Bewerber bei legitimen Fragen im Vorstellungsgespräch die Geduld oder reagiere von oben herab, fragen sich die Gesprächspartner automatisch: „Wie soll das denn erst später bei uns im Team funktionieren?“ Das Handelsblatt hat sich bei Headhuntern, Karriere-Trainern und Outplacement-Beratern umgehört. Hier sind die fünf größten Fehler, an denen Manager in der Vorstellungsrunde scheitern:
Miserable Selbstpräsentation
„Stellen Sie sich doch bitte mal kurz selbst vor“, heißt es im Bewerbungsgespräch meist nach der Begrüßung. Und so referierte der gestandene Geschäftsführer aus dem Mittelstand ganze 17 Minuten lang seine berufliche Entwicklung – vom Studium bis zum derzeitigen Arbeitgeber.
Glücklicherweise leistete er sich diesen Fauxpas nur bei einer Trockenübung mit Bewerbungstrainer Jürn Konitzer, der solche Situationen mit Führungskräften simuliert: „Die Chance, auf Anhieb zu überzeugen, hätte dieser Kandidat verpasst.“
In der Regel dauern Kennenlerngespräche 60, manchmal 90 Minuten. Da gelte es, sagt Konitzer, keine Zeit zu verschwenden – und in der Selbstpräsentation kurz drei Punkte zu erläutern: Wer bin ich, was kann ich und, was ist mein Mehrwert fürs Unternehmen. Gerade den letzten Punkt „finden alle einstellenden Interviewpartner hochspannend“ und eröffne meist einen erfolgreichen Dialog, sagt Konitzer.
Unprofessionell antworten
Das Ziel eines Vorstellungsgesprächs ist das gegenseitige Kennenlernen. Um die Persönlichkeit und den Werdegang des Kandidaten zu verstehen, stellt der potenzielle Arbeitgeber Fragen, bohrt auch bei Punkten im Lebenslauf nach. „Jemand mit gesundem Selbstbewusstsein geht auch mit als kritisch empfundenen Fragen souverän um“, sagt Personalberater Graschi und rät: „Niemals die Geduld verlieren oder Nerven zeigen.“
Das bedeute nicht, dass Widerspruch nicht zugelassen sei. Im Gegenteil: Es geht darum, sich auf Augenhöhe zu begegnen und Haltung zu zeigen. Als Antwort auf ein Statement eines Interviewers wie etwa „Das verstehe ich nicht/das wirkt nicht schlüssig“ entgegnen souveräne Kandidaten: „Für mich ist das schlüssig, weil ...“ Oder: „Stimmt, an dieser Stelle habe ich eine Information vergessen, entschuldigen Sie. Das war so …“ In beiden Fällen bietet sich dem Kandidaten eine ideale Gelegenheit, mit konkreten Infos den Entscheider von sich zu überzeugen.
Versucht der neue Chef, den Kandidaten aus der Defensive zu locken, indem er Know-how abklopft, sollten Kandidaten sich bewusst machen, dass es ab einer gewissen Ebene kein absolutes Fachwissen mehr gibt. „Gute Führungskräfte beweisen viel mehr ein strategisches Verständnis und behalten das große Ganze im Blick“, sagt Experte Graschi. Eine „Aura des Alleswissers“ zu verbreiten sei dabei genauso kontraproduktiv, wie den tüchtigen „Mikromanager“ zu mimen, der im Tagesgeschäft stark nachsteuert.
Graschis Empfehlung: „Demonstrieren Sie dem Gesprächspartner am konkreten Beispiel, wie Sie kritische Themen angehen, ohne sich zu verbeißen.“ Wer unsicher ist, wie die Frage gemeint ist, sollte zudem nachfragen: „In welche Richtung zielt Ihre Frage? Können Sie das bitte präzisieren?“ Souverän, weil ehrlich, wirkt auch: „Offengestanden habe ich das so wie Sie noch nicht gesehen/noch nicht gemacht, finde ich gar nicht schlecht.“
Angriffsfläche bieten
Outplacement-Experte Claus Verfürth trainiert Manager, die nach einer Kündigung oder Umstrukturierung neu durchstarten wollen – extern wie intern. Vor allem die Vorstellungsgespräche im eigenen Unternehmen würden von ambitionierten Führungskräften gerne unterschätzt. Schließlich kennen Kandidaten den Arbeitgeber schon.
Doch: „Von einem Heimvorteil auszugehen, ist ein großer Irrtum“, sagt The-Boardroom-Chef Verfürth. Häufig würden externe Berater interne und externe Kandidaten neutral begutachten oder internationale Entscheider am Vorstellungsgespräch teilnehmen, die noch nie von Bereichsleiter Müller oder Abteilungschef Meyer gehört hätten.
So oder so: Kandidaten rät der Düsseldorfer Outplacement-Experte, in der Vorstellungsrunde alles zu unterlassen, was ungewollt Aufmerksamkeit auf sich ziehen und so von der fachlichen und persönlichen Eignung ablenken könnte – von bunten Socken, einer protzigen Uhr oder der Erzählung, wo der nächste exotische Urlaub hinführt.
Verfürth: „Das alles bietet unnötig Angriffsfläche, bei der ein Kandidat in Erklärungsnot, wenn nicht sogar unter Rechtfertigungsdruck geraten kann.“ Und das sei niemals eine günstige Voraussetzung für einen souveränen Auftritt.
Mangelndes Interesse am Arbeitgeber
Das Vorstellungsgespräch dient dazu, herauszufinden, ob die Führungskraft fachlich, aber auch persönlich zum Unternehmen passt. Der oder die Neue auf der Spitzenposition übernimmt eine Vorbildfunktion.
Kandidaten sollten daher nicht nur Durchhaltevermögen und Kritikfähigkeit zeigen, sondern unbedingt auch Einfühlungsvermögen und echtes Interesse. Gerade in Zeiten der Transformation, wie sie momentan viele Unternehmen erleben.
Ein Zeichen von Empathie ist es, sich für kulturelle Aspekte des potenziellen Arbeitgebers zu interessieren. Sich also zum Beispiel bei einem Autozulieferer zu erkundigen, der vom Wandel hin zur Elektromobilität betroffen ist, wie der Veränderungsprozess angegangen wird und wie die Mitarbeiter eingebunden werden.
Aufschlussreich ist aber auch, sich nach den persönlichen Erfahrungen und Reaktionen der Führungskräfte mit Homeoffice zu erkundigen. „Wer nichts von der Kultur des neuen Arbeitgebers wissen will, enttäuscht den Gesprächspartner in der Regel“, weiß die Kölner Karriereberaterin Gudrun Happich.
Denn solche Kandidaten signalisierten „Söldnermentalität“. Sie vermitteln den Eindruck: „Ich kenne dein Unternehmen zwar nicht, aber ich hab die Lösung – und verkaufe sie teuer, bevor ich weiterziehe.“ Keine guten Voraussetzungen für eine Zusage.
Übermotiviert wirken
Selbst wenn Kandidaten alle Herausforderungen des Vorstellungsgesprächs bis hierhin bravourös gemeistert haben, können sie immer noch am Gesprächsabschluss scheitern. Etwa durch die Frage: „Was brauchen Sie noch, um sich für mich zu entscheiden?“ Das wirke ungünstig übermotiviert.
Gleiches gelte, wenn sich der Kandidat erkundigt: „Wann kann ich anfangen?“ Signium-Headhunter Graschi: „Kandidaten, die eine Stelle zu sehr wollen oder sich anbiedern, sind nicht überzeugend.“ Schlimmer sei da eigentlich nur noch der Hinweis, man habe noch andere Jobangebote.
Graschi empfiehlt Kandidaten stattdessen lieber „verhaltene Zustimmung“ zu zeigen. Etwa so: „Ich kann mir das grundsätzlich vorstellen, muss allerdings noch einmal darüber nachdenken. Die Funktion und die Aufgabe sind sehr spannend für mich, das Unternehmen ist toll, das Team und die Kultur überzeugen mich.“ Als Reaktion könnten Kandidaten dann ihrerseits oft mit einer solchen Rückfrage rechnen: „Was können wir denn noch tun, um Sie zu überzeugen?“
