Hochwasser: Warum es sofortige Maßnahmen für einen effektiven Natur- und Klimaschutz braucht
Hohe Niederschlagsmengen in kurzer Zeit oder starke Schneeschmelze sorgen regelmäßig für hohe Pegelstände in Flüssen. Durch die Klimakrise werden solche Effekte weiter verstärkt: Extremwetterereignisse treten häufiger auf – vor allem in dicht besiedelten Regionen mit versiegelten Flächen und eingeengten Flüssen. „Jahrhunderthochwasser“ bringen in immer kürzeren Abständen mehr Zerstörung und Leid mit sich. Nach Berechnungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft sind von 22,4 Millionen Adressen in Deutschland mehr als 300.000 durch Hochwasser gefährdet. Eine weitere Zunahme der Schäden um 90 Prozent bis 2040 wird prognostiziert. All das sind zugleich Folgen einer verfehlten Politik. Dazu gehören:
Fehler der Vergangenheit werden wiederholt (z.B. werden Deiche erhöht statt vom Fluss weg verlegt)
Verschleppung der Wiederherstellung natürlicher Flussläufe mit Überschwemmungsflächen
Vernachlässigung von Hochwasserschutz
klimaschädliche Praktiken (etwa in der Landnutzung) werden noch immer mit sehr viel mehr Geld belohnt als für die crosssektorale Zusammenarbeit an einer nachhaltigen, natur-basierten Anpassung
Schuldenbremse in ihrer jetzigen starren Form
Zulassung von Bebauung in Überschwemmungsgebieten
Widerstand gegen das notwendige EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur
Entscheidungen für „die Wirtschaft“ (keine Lösung für die Klimakrise)
Zuständigkeiten sind nicht eindeutig und effektiv geregelt.
Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz des Umweltministeriums darf im kommenden Bundeshaushalt nicht gekürzt, sondern muss verstetigt werden
Bewertung von Hochwasser- und Starkregenrisiken (einheitliche Standards, Veröffentlichung von Gefahren- und Risikokarten)
Verbesserung der Bodenqualität (Böden sind durch Bebauung, Verdichtung oder Austrocknung nicht in der Lage, große Mengen Wasser in kurzer Zeit aufzunehmen)
Klimaresiliente Entwicklung von Städten und Kommunen: Anpassung an die Klimakrise und den Katastrophenschutz
Schaffung von Entwicklungskorridoren an allen Gewässerläufen im Außenbereich für eine gewässertypspezifische Entwicklung
Kommunale Finanzierung: Mehr Investitionen in die Natur und ihre natürlichen Klimaschutzfunktionen/Investitionen in den natürlichen Hochwasserschutz (z.B. Sondervermögen für Klimaanpassung, Klimaschutz und Katastrophenschutz)
Strengere Genehmigungs-, Bebauungs-, Nutzungs- und Ausgleichsauflagen
Schaffung von mehr Platz für Gewässer und Natur in der Stadt (Flächengerechtigkeit und mehr Platz für grün-blaue Infrastruktur)
Hochwasser-Risikomanagement
Neue Klimaanpassungsstrategien für mehr Vorsorge (z.B. durch Starkregenmanagement, Renaturierung und eine vorausschauenden Stadt- und Regionalplanung)
Zeitgemäße, nachhaltige Klimapolitik: Vermeidung von Treibhausgasen und Anpassung an die Folgen des Klimawandels
Stärkung des Klimaschutzes in der Wasserstraßenverwaltung
Anpassung an die Klimakrise als Gemeinschaftsaufgabe
Stärkung des kommunalen Klima- und Umweltschutzes
Schaffung von Lernlaboren für Klimaresilienz, ökologischen Hochwasserschutz und naturbasierte Lösungen (Kommunen, Stadtquartiere und kommunale Einrichtungen wie KiTas und Schulen als Orte für die partizipative Gestaltung des Wohn- und Lebensumfeldes)
Genauere Prognosen über mögliche Extremwetterereignisse wie Starkregen (systematische Datenaufbereitung)
Förderung von Projekten zur Bodenentsiegelung und Versickerung von Regenwasser
Konsequente Anwendung und Kontrolle von geltendem Recht an den Gewässern und im Planungsbereich
Verpflichtende Einführung des Prinzips „Schwammstadt“
Entwicklung wassersensibler Städte (Schwammstädte)
Klimaresiliente Wasserwirtschaft
Wiederherstellungsmaßnahmen für eine natürlichen Wasserkreislauf (keine Blockierung von Gesetzen wie das EU-Wiederherstellungsgesetz)
Inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltungen (kommunale Landes- und Bundesebene) und im Austausch mit Wissenschaft, NGOs, Zivilgesellschaft, Politik, Wirtschaft und Planungspraxis.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert die Bundesregierung auf, umgehend mit einem Sondervermögen für Klimaanpassung, Klimaschutz und Katastrophenschutz zu reagieren. Sie hat kürzlich aktualisierte Version ihres 10-Punkte Programms zum Ökologischen Hochwasserschutz vorgelegt. Die aufgeführten Maßnahmen für ökologischen Hochwasserschutz und eine naturbasierte Anpassung an die Klimakrise sind sofort umsetzbar.
Kommunale Klimaanpassung in Deutschland: Worauf es jetzt ankommt
Blau-grüne Infrastrukturen: Strategische Planungsansätze zur Klimawandel-Anpassung
Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Alexandra Hildebrandt: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.