Pixabay

Homo ludens: Wo die Zukunft spielt

Die nachhaltigste Art, Menschen zum Handeln zu bewegen, ist leider oft nur ein Appell an ihre Gefühle und nicht die Darstellung und Wahrnehmung der Wirklichkeit, so wie sie ist.

Wenn die Fackel der Emotionen erst einmal entfacht ist, können Menschen sehr aufmerksam und hilfsbereit sein.

Sobald Geschichten konkret werden und sich mit einzelnen Gesichtern verbinden, ist die Bereitschaft, sich auf sie innerlich einzulassen und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu handeln, umso größer. Hier zeigt sich, dass die Zweischneidigkeit unserer Emotionen durchaus positiv genutzt werden kann und mit dem Wissen verbunden ist, dass wir einfach nicht dafür geschaffen sind, nur das große Bild und all seine Tragödien vor Augen zu haben, um die wir uns nicht kümmern können, weil das Geschehen zu weit entfernt ist.

Wenn wir uns klar werden, dass unsere Gefühle unbeständig sind und Empathie und Mitgefühl unser Handeln beeinflussen, sind wir auch fähig, vorausschauend zu denken und verantwortlich zu handeln. Diese Kraft überträgt sich auch auf Kinder: Wenn sie begreifen und erfahren, dass ihr Handeln Konsequenzen hat und sie zwischen verschiedenen Handlungsalternativen wählen und eigene Entscheidungen treffen können, entwickeln sie eigene Werte und Haltungen, die sie zur Übernahme von Verantwortung befähigen.

Wer keine Werte hat, für den ist die Welt allerdings wertlos.

Wenn Kinder ermutigt und inspiriert werden, die Nachhaltigkeit des eigenen Handelns zu entdecken, das Miteinander in der Welt, in der sie leben, dann lernen sie, alles mit anderen Augen und mit einem offeneren Blick zu betrachten - aber auch achtsam hinter die Dinge des Alltags zu sehen. Dabei können Spiele wichtige Impulsgeber sein, denn sie geben Regeln vor, garantieren damit Verlässlichkeit und gleiche Chancen für alle. Kinder erlernen beim Spielen Handlungsfreiheit, Teamarbeit, und Stress-Resilienz. Wenn das Spiel besser läuft als erwartet läuft, schüttet der menschliche Körper das Glückshormon Dopamin aus. Das Hirn wächst, und neue neuronale Netze werden aktiv, die für Kreativität und Ideenreichtum zuständig sind.

Die Corona-Pandemie beschert der deutschen Spielwarenindustrie, die einen der umsatzstärksten Wirtschaftszweige darstellt, einen Boom.

Kinder haben mehr Zeit zum Spielen im Kreis der Familie, weil viele Freizeitaktivitäten durch die Kontaktsperren wegfallen. Alle rücken wieder mehr zusammen. Gefragt sind im Zeitalter von Spiele-Apps und Spielekonsolen vor allem Brett- und Gesellschaftsspiele, die Gemeinschaft voraussetzen, die Fantasie anregen und generationenübergreifend sind. Vor allem Anbieter aus dem ökologischen Bereich sowie nachhaltige Konsumentenportale setzen auf eine breite Auswahl an pädagogischem Spielzeug, das Geschicklichkeit, Reaktionsfähigkeit und Kreativität fördert. Viele Spielzeuge wie Fingerkreisel oder das Wikingerschachspiel „Kubb“ sind beispielsweise aus FSC-zertifiziertem, naturbelassenem Buchenholz. Auch Gedächtnisspiele sind gefragt. Neben Huthüpfspielen, Steinbaukästen und Holzpuzzles sind auch Story Cubes sehr beliebt (Quelle: memolife).

Sie geben uns unsere Geschichten zurück, ohne die wir unsere digitale und analoge Welt nicht wirklich begreifen und gestalten können.

Wer darauf verzichtet, schwächt seine Möglichkeiten, einsichtig zu handeln, zu lernen und seine Intelligenz zu trainieren. Für Claudia Silber, die beim Ökoversender memo die Unternehmenskommunikation leitet, sind gerade in der Corona-Krise Spiele beliebt, die einen Lerneffekt haben (z. B."Mini-Umweltkoffer" oder Labor-Sets). Der Unternehmensbereich „Spiele" ist hier aus dem Bereich Werbeartikel entstanden. „Am Anfang gab es kleinere Produkte, die in großer Stückzahl individualisiert werden konnten. Später wurden diese Spiele auch für Gewerbekunden und dann für Privatkunden angeboten. Trotz allem ist das nur ein kleiner Teil unseres Sortiments. Wir achten bei der Listung dieser Produkte vor allem auf Gesundheitsverträglichkeit, auf soziale Faktoren in der Herstellung (einige der Spiele werden in Behindertenwerkstätten gefertigt), auf soziale und auf Umweltaspekte (so bei unserem Solarspielzeug)“, sagt Silber. Für mehr Nachhaltigkeit in der Spielwarenproduktion setzt sich auch die Fair Toys Organisation ein. Der Deutsche Verband der Spielwaren Industrie (DVSI) verpflichtet und unterstützt Mitgliedsunternehmen dabei, menschenwürdige Arbeitsbedingungen bei ihren Lieferanten in Fernost nach dem ICTI-CARE-Process (Initiative des International Council of Toy Industries) zur Sicherstellung einer verantwortlichen Spielzeugproduktion nachzuweisen.

Bei memo wird aber auch auf Sinnhaftigkeit geachtet. Das bedeutet, dass wir Wert darauf legen, dass die Spiele keinen sinnfreien Inhalt haben, sondern beispielsweise Geduld und Wissen fördern", sagt Claudia Silber. Das Abfall-Legespiel der Auszubildenden war vor einigen Jahren ein Paradebeispiel im Sortiment: Es entstand aus einem Projekt der jüngsten Mitarbeiter, welches das Thema Nachhaltigkeit - in diesem Fall Abfall und Abfallvermeidung - zum Inhalt hatte. Auch hier standen wie bei einem guten Spiel die Freude, das Entdecken und die eigene Beteiligung am Lernen im Fokus. Für den Spielforscher O. Fred Donaldson ist am wichtigsten, dass Kinder im Spiel lernen, wie man lernt, denn, schreibt Friedrich Schiller in seiner Abhandlung „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“ (1795):

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Weiterführende Informationen:

Spielend die Welt entdecken: Was uns erst zum Menschen macht

Guido Kleinhubbert: Blinkedings. In: DER SPIEGEL 17 (20.4.2019), S. 97-99.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Von Lebensdingen: Eine verantwortungsvolle Auswahl. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

Artikelsammlung ansehen