Die Immobilienkrise ist noch nicht vorbei. Verantwortlich ist paradoxerweise die neue Spendabilität der Regierung. - Foto: imago images
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Immobilienaktien in der Krise: Was ist bei Vonovia, LEG und Co. los?

Die Aktien von Wohnungsunternehmen wie Vonovia drehen ins Minus. Schuld ist ausgerechnet die Konjunktur-Bazooka der Bundesregierung.

Einen Tagesverlust von beinahe acht Prozent sind Anleger vielleicht bei spekulativen Assets wie Bitcoin gewohnt. Bei Dax-Werten sind solche Ausreißer hingegen schon etwas Besonderes. Der Bochumer Wohnungskonzern Vonovia erlitt am gestrigen Mittwoch einen Kursdämpfer in dieser Größenordnung: Mit einem Minus von 7,6 Prozent wurden an nur einem Handelstag gut 1,7 Milliarden Euro an Börsenwert verbrannt. Der Ausverkauf setze sich am Donnerstag mit weiteren Verlusten von 3,8 Prozent fort. Zuletzt notierte die Vonovia-Aktie knapp unter 26 Euro.

Börsianer warfen auch andere Immobilienaktien aus ihren Depots. Der Düsseldorfer Vonovia-Konkurrent LEG sowie TAG Immobilien und die Deutsche Wohnen zum Beispiel gaben seit Mittwoch ebenfalls um die sieben Prozent nach. Während der deutsche Leitindex Dax einen ordentlichen Satz nach oben machte und bei über 23.400 Zählern eine neue Bestmarke knackte, gehörten Immobilienaktien zu den Verlierern dieser Tage.

Mit Beginn der Zinswende 2022 hatten Immobilienaktien stark an Wert eingebüßt. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) seit einiger Zeit die Zinsen wieder senkt, notieren die Papiere noch immer deutlich unter alten Hochs. Jetzt kommen Anleger wohl zu dem Schluss, dass die Immobilienkrise an der Börse doch noch nicht durch ist.

Anlass für die jüngsten Kursverluste bei Immobilienaktien ist die Einigung zwischen Union und SPD auf ein Sondervermögen für Investitionen und eine Reform der Schuldenbremse. Allein um Investitionen in Infrastruktur zu fördern, will die mutmaßliche baldige Regierung eine halbe Billion Euro in die Hand nehmen.

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Steigende Zinsen sind Gift

Während viele Unternehmen von der Konjunktur-Bazooka profitieren dürften und Anleger dies mit Zukäufen honorieren, werden Immobilienkonzerne vor allem die Nachteile zu spüren bekommen. Der Grund: Nun steht die Frage im Raum, wie teuer die neuen Schulden werden – und wie sie sich auf das Zinsumfeld im Allgemeinen auswirken. Steigende Zinsen sind für kapitalintensive Immobilienunternehmen Gift. Um Wohnungsbestände zu kaufen oder zu modernisieren, sind die Firmen in der Regel auf Fremdfinanzierung angewiesen.

Der Anleihemarkt hat auf die Schuldenpläne der Politik bereits reagiert. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist auf gut 2,8 Prozent gestiegen. Damit rentieren Bundesanleihen so hoch wie seit Herbst 2023 nicht mehr. Anleger verlangen eine höhere Gegenleistung, wenn sie der Bundesrepublik Geld leihen, also letztlich eine höhere Risikoprämie. Vereinfacht gesagt orientiert sich der gesamte Zinsmarkt an der Rendite der Bundesanleihe.

Steigende Zinsen sind für Immobilienunternehmen vor allem ein Problem, wenn sie bereits auf hohen Schuldenbergen sitzen und diese dann teurer refinanzieren müssen. Branchenprimus Vonovia wies per Ende September 2024 eine Nettoverschuldung von 40,5 Milliarden Euro aus. Damit lag die Verschuldungsquote in Relation zum Wert des Immobilienbestands – der sogenannte Loan to Value (LTV) – bei 47,9 Prozent. Neue Zahlen fürs Gesamtjahr 2024 veröffentlichen die Bochumer am 19. März. Vonovia kommt jedoch eine ausgeglichene Fälligkeitsstruktur zugute. In den kommenden fünf Jahren muss der Dax-Konzern je zwischen 3,9 und etwa 5 Milliarden Euro refinanzieren.

War's das mit dem Comeback?

Steigende Zinsen wirken sich auch auf das Geschäftsergebnis aus. Tendenziell sinken die Immobilienpreise, wenn die Zinsen steigen. Sind ihre Immobilien weniger wert, müssen Immobilienunternehmen dies in ihrer Bilanz berücksichtigen. Solche Bewertungskorrekturen ziehen das Ergebnis nach unten. Obwohl das Vermietungsgeschäft brummt, haben Vonovia und Co. wegen Abwertungen ihrer Immobilienbestände zuletzt unter dem Strich Milliardenverluste verbucht.

Um ihre Schuldenquote zu reduzieren, hatten deutsche Immobilienkonzerne in den vergangenen Jahren viele Immobilien aus ihren Beständen verkauft. Mit dem sinkenden Zinsniveau hatten die Unternehmen zuletzt aber angekündigt, wieder verstärkt auf die Käuferseite zu treten. Sollten die Entwicklungen am Zinsmarkt anhalten, droht sich der Verschuldungsgrad der Konzerne wieder zu erhöhen. Das stünde einem weiteren Comeback der Immobilienaktien im Weg.

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