In 7 Punkten: Was New Work heute bedeutet
New Work ist in aller Munde. Und der Begriff hat viele Facetten. Dies betrifft sowohl die Arbeitsumgebung als auch das Führungsverhalten, die Organisationsstrukturen und die Unternehmenskultur.
Dass klassische Organisationen eine Metamorphose brauchen, ist inzwischen wohl jedem Manager klar. Doch leider wird bei der omnipräsenten Diskussion um Digitales gerne vergessen: Jeder Transformationsprozess ist immer zugleich auch eine unternehmensstrukturelle Herausforderung.
Das Heil ist eben nicht nur in Technologien zu finden. Wem es nicht gelingt, die Menschen mitzunehmen, wird scheitern. Das Digitale macht vielleicht 20 Prozent aus. 80 Prozent sind Transformation - und unter dem Oberbegriff New Work gut subsumierbar. Sieben Punkte sind dabei von Belang.
1. New Work braucht Netzwerk-Organisationen
In unserer neuen Businesswelt hat das Kommandieren-Kontrollieren-Prinzip alten Stils ausgedient. Agile Netzwerk-Organisationen sind das favorisierte Zukunftsmodell, weil sie den rasch aufkommenden und zunehmend unvorhersehbaren Anforderungen besser gewachsen sind. Hierbei folgen die Mitarbeiter gemeinsam definierten flexiblen Zielen und verantworten die erarbeiteten Ergebnisse.
Die Führung gibt nur die grobe Marschrichtung vor. Und sie schafft einen Rahmen, der kollegiale Selbstorganisation möglich macht. Sie reduziert das Müssen - und stärkt das Dürfen, Können und Wollen. Fortwährender Lernwille, hohe Freiheitsgrade und umfangreiche Mitgestaltungsmöglichkeiten sind die Norm. Statt auf Entscheidungen von Oben zu warten, berät man sich mit den Kollegen und entscheidet dann selbst.
2. New Work braucht eine Wohlfühlkultur
In florierenden, zukunftsfähigen Unternehmen wird sehr viel Wert auf ein Wohlfühlklima gelegt. Denn Arbeit muss Spaß machen, um gut zu werden. Dabei ist es zuvorderst die Angst, und speziell auch die Angst vor Fehlern beim Tun, die aus den Unternehmen verschwinden muss. Denn Angst ist der größte Leistungskiller. Hierarchien werden deshalb zurückgedrängt. Augenhöhe statt Autorität ist das Thema.
Dass Menschen unter Druck geistige Großtaten vollbringen, ist eine gefährliche Mär. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Dauerdruck und anhaltende Missstimmung sabotieren die Fähigkeit des Gehirns, sein Bestes zu geben, weil die im Angstzustand ausgeschütteten Botenstoffe Synapsen blockieren. Doch für kognitive Arbeit und Kreativität, die zu Innovationen führt, sind schnelle Synapsen zwingend vonnöten.
3. New Work braucht Kollaboration und Agilität
Routineaufgaben erledigt in Zukunft „Kollege“ Computer. Alle Unternehmensbereiche werden automatisiert. Gut bezahlt werden nur diejenigen, die mehr können, als das, was Software leistet: das Schwierige, das Individuelle, das Konzeptionelle. Die neuen Berufe haben vor allem mit Kreieren, Designen, Innovieren, Koordinieren und Kollaborieren zu tun. Sie verlangen Flexibilität, Wandlungsfähigkeit, Unangepasstheit und, ganz wichtig, Gespür sowohl für die Menschen als auch für die Technologie.
Beweglichkeit ist für Alle ein Muss. Regelmäßige Wechsel zwischen Arbeitgebern, Aufgabenstellungen und Funktionen werden zur Norm. Abteilungsgrenzen verschwimmen. Immer mehr Mitarbeiter werden sich projekt- oder aufgabenbezogen zu Teams zusammenfinden und ihre Arbeit selbst organisieren. Swarming ist das Fachwort dafür. Neue Arbeitsmethoden wie Design Thinking, Prototyping, Kanban und Scrum sowie Kollaborationssoftware und Online-Diagnosetools werden sie dabei unterstürzen.
4. New Work bringt neue Formen der Arbeit
Neben einer Kernbelegschaft in herkömmlichen Arbeitsverhältnissen gibt es zunehmend eine Zusammenarbeit ohne klassischen Arbeitsvertrag: in Projekten, mit Freelancern, mit Startups, mit Interimsmanagern und Innovation Labs. Es gibt mehr befristete Arbeitsverträge, höhere Teilzeitquoten, mehr outgesourcte Bereiche wie auch eine größere Zahl an mitarbeitenden Spezialisten, Zulieferern und Businesspartnern.
Der stationäre Arbeitsplatz und das eigene Büro werden zurückgedrängt. Fernanwesenheit, eine mobile Arbeitskultur, flexible Arbeitszeitmodelle, virtuelle Teams und das partielle Homeoffice werden zur Norm. Man umgibt sich mit den jeweils besten Leuten für einen bestimmten Job. So werden Unternehmen zu Drehkreuzen für digitale Nomaden und Heimat für Arbeit auf Zeit.
5. New Work bringt neue Führungsaufgaben
Leadership-Personen werden in Zukunft vor ganz neue Herausforderungen gestellt: Sie müssen lernen, ganz neue Arbeitsmodelle zu meistern. Sie müssen anwesende wie auch nicht anwesende, anweisungsorientierte wie auch selbstorganisierte und angestellte wie auch nicht angestellte Mitarbeiter führen und so schnell wie möglich produktiv machen. Anfallende Arbeitsaufträge werden mehr und mehr über agile Projekte gesteuert.
Hierzu werden vor allem Netzwerk-Organisatoren und projektleitende Moderatoren benötigt. Macht- und Kontrollverlust ist eine unausbleibliche Folge. Ganz andere Führungsstile rücken nach vorn: Möglichmacher und Katalysatoren werden von nun an gebraucht. Und für Führungskarrieren kommen ausschließlich Menschenexperten infrage. Den anderen ist die Führungslizenz sofort zu entziehen.
6. New Work braucht neue Arbeitslandschaften
Erfolgreiche Unternehmen haben längst verstanden: Nähe sorgt für Verbundenheit. Wer oft miteinander zu tun hat, sollte nicht nur im gleichen Gebäude, sondern möglichst auch im gleichen Stockwerk arbeiten. Wir brauchen Freiraum um uns herum, gute Luft, helles Licht, sinnvolle Laufwege, Kommunikationsinseln, Versammlungseinheiten, Rückzugs- und Erholungsorte, bunte Kuschelecken – und Zeit für Plauschpausen.
Kreativität entsteht ja nicht auf Kommando, wenn man isoliert am Schreibtisch im standardisierten Einzelbüro sitzt, sondern viel eher dann, wenn unser Denkapparat entspannt ist und Gedankenrohlinge mit anderen teilt. Für die verschiedenen Phasen der Projektarbeit brauchen wir unterschiedliche Raum- und Kommunikationskonzepte. Social Enterprise Software, firmeninterne Foren und Wikis sorgen für Verbindung.
7. New Work braucht neue Mindsets
Arbeit und Freizeit vermischen sich immer mehr. Phasen der Entspannung finden nicht mehr nach 17 Uhr und am Wochenende statt, sondern immer dann, wenn es gerade passt oder das Gehirn eine Regenerationspause braucht. Da nun die Mitarbeiter den Unternehmen Privatzeit schenken, müssen die Unternehmen ihren Mitarbeitern auch Eigenzeit während der Arbeit schenken. Work-Life-Blending wird das genannt.
Eine Vier-Tage-Arbeitswoche ist dabei kein Krisensignal mehr, sondern ein bewusst gewählter Lebensentwurf. Eine Sechzig-Stunden-Woche dient nicht länger den Karrierezielen, sondern ist Vorleistung für ein Sabbatical. Denn wer „always on“ ist, braucht dringend auch mal Entschleunigung. Doch am Ende gilt: Die Rahmenbedingungen müssen zum jeweiligen Individuum passen, damit Gutes gelingt.
In kommenden Fachbeiträgen werde ich einzelne Facetten praxisorientiert vertiefen. Mein neues Buch „Fit für die Next Economy“ befasst sich übrigens mit all diesen Aspekten ausführlich.