In diesen Jobs lohnt es sich noch, Chef zu sein
Viel Stress, wenig Wertschätzung: Nur noch gut jeder vierte Beschäftigte strebt eine Führungsposition an. Dabei ist das Gehaltsplus zum Teil groß.
Immer weniger Beschäftigte wollen gerne Chef sein. Nur 27 Prozent möchten im Laufe ihrer Karriere eine Führungsposition übernehmen, zeigt eine aktuelle Umfrage der Initiative „Chef:innensache“. Das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Umfragereihe vor sieben Jahren.
Einerseits steigen die Anforderungen: Führungskräfte sind heute nicht nur für die Leistung ihrer Mitarbeiter verantwortlich, sondern auch für deren Wohlbefinden, persönliche Entwicklung und Bindung ans Unternehmen. Andererseits wird ihr Handlungsspielraum zunehmend eingeschränkt: durch Vorschriften, Unternehmensrichtlinien und datenbasierte Programme, die klassische Steuerungsaufgaben übernehmen.
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Der Spagat hinterlässt Spuren: Mehr als 60 Prozent der Führungskräfte fühlen sich laut einer Umfrage der Beratungsagentur Auctority erschöpft. Damit Führungspositionen trotzdem attraktiv sind, muss die Gegenleistung stimmen – in Form von Anerkennung und Einfluss, aber auch in finanzieller Hinsicht.
Die Jobplattform Stepstone hat exklusiv für die WirtschaftsWoche ausgewertet, in welchen Berufen der Gehaltsaufschlag für Chefinnen und Chefs am höchsten ist. Dazu wurden aus mehr als einer Million Gehaltsangaben, die Stepstone bis November vergangenen Jahres erhoben hat, die mittleren Bruttogehälter ermittelt, die Beschäftigte mit und ohne Personalverantwortung erzielen.
WO DAS GEHALTSPLUS FÜR CHEFS AM HÖCHSTEN IST
Mittlere Bruttojahresgehälter inkl. Boni, Provisionen etc. in verschiedenen Berufsgruppen
Das Ergebnis: Chefsein wird sehr unterschiedlich vergütet. Während die Gehaltsaufschläge für Führungskräfte in manchen Berufen nur um die zehn Prozent liegen, verdienen sie in vielen Jobs über 30 Prozent mehr als einfache Beschäftigte.
MEDIZIN UND JURA VORNE
Das höchste Einkommensplus erzielen Ärztinnen und Ärzte, ohnehin die bestverdienende Berufsgruppe. Allerdings dürfte der große Gehaltssprung auch an einer Besonderheit liegen: Ärzte ohne Führungsrolle sind in der Regel angestellt – in einer Klinik oder Gemeinschaftspraxis. Ärzte mit Personalverantwortung sind hingegen oft selbstständig. Ähnlich dürfte es bei den Juristen mit Personalverantwortung sein, die häufig als Partner oder Inhaber einer Kanzlei arbeiten.
Doch nicht überall geht ein hohes Einkommensniveau einer Berufsgruppe auch mit einem hohen Gehaltsplus für Führungskräfte einher. So stehen Beraterinnen und Ingenieure in der Liste der bestverdienenden Berufe auf den Plätzen zwei und drei, doch der Gehaltsanstieg in der Führungsebene fällt mit neun und zehn Prozent gering aus. In der Einkommensverteilung der Führungskräfte liegen Berater und Ingenieure deshalb nur noch auf den Plätzen sieben und acht, weil Personalverantwortung unter anderem im Finanzwesen und in der IT deutlich stärker honoriert wird.
NUR EIN KLEINES PLUS FÜR HANDWERKER
In absoluten Zahlen ist der finanzielle Anreiz einer Führungsrolle allerdings in zwei anderen Berufen am geringsten: Im Groß- und Einzelhandel verdienen Führungskräfte im Jahr nur 4.750 Euro mehr als ihre Angestellten, im Handwerk liegt der Unterschied bei 5.000 Euro. Ein Grund dafür dürfte sein, dass diese Berufe von vielen kleinen Betrieben mit wenigen Mitarbeitern geprägt sind. Gehaltsanalysen zeigen, dass das Einkommen von Führungskräften stark von der Zahl der Mitarbeiter abhängt.
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Wie sich die Gehälter in Leitungspositionen entwickeln, wird neben der wirtschaftlichen Lage auch davon abhängen, wie sich Führungsrollen verändern. Wenn weiterhin immer weniger Beschäftigte Chef werden wollen, werden Unternehmen die Gehaltsaufschläge für Führungskräfte erhöhen – oder ihre Jobs wieder attraktiver machen müssen.
