In Unterhosen auf der Firmenfeier – darf der Arbeitgeber fristlos kündigen?
Firmenfeiern sollen Spaß machen – der darf allerdings nicht zu weit gehen, ein halbnacktes Mitternachtsbad vor den Kolleg•innen könnte den Arbeitsplatz kosten. Was Du vor der nächsten Party wissen solltest, erfährst Du hier.
In dem besagten Fall hatten Arbeitgeber und Arbeitnehmer sehr unterschiedliche Vorstellungen von „Party machen“. Im September 2022 gab der Arbeitgeber für alle Beschäftigten eine Betriebsfeier auf einem Partyschiff am Kölner Rhein-Ufer. Dort gab es auch Alkohol zu trinken. Am späten Abend zog sich ein Trainee bis auf die Unterhose aus und schwamm vom Ufer aus um das Schiff herum.
Der Arbeitgeber sah in diesem Verhalten den Betriebsfrieden gestört. Durch die Strömung im Rhein und den Schiffsverkehr hätte er sich stark gefährdet. Weil sich die anderen Gäste um den Trainee gesorgt hätten, sei die Stimmung der Feier durch die Aktion verdorben worden.
Fristlose Kündigung wegen Störung der Betriebsfeier
Der Betriebsrat wurde angehört, und der Arbeitgeber sprach schließlich eine fristlose Kündigung aus. Der Trainee klagte gegen die Kündigung und gewann den Prozess in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber widerum legte daraufhin Berufung ein – und der Fall wurde erneut vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf verhandelt.
In diesem Prozess kam nun plötzlich ein weiteres Fehlverhalten des Trainee zur Sprache: Er hatte bei einer anderen Firmenveranstaltung desselben Unternehmens mit einem großen Deko-Plastikflamingo getanzt und mit diesem Selfies gemacht. Weil der Arbeitgeber dafür jedoch zuvor schon eine Ermahnung ausgesprochen hatte, konnte er damit nicht auch noch die Kündigung begründen.
Auch das Landesarbeitsgericht gab dem Trainee recht und sah die Kündigung als unwirksam an. Die Schwimmaktion sei zwar eine Pflichtverletzung. Diese sei aber nicht so gravierend, dass gleich eine Kündigung gerechtfertigt war. Eine Abmahnung hätte ausgereicht. Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigten sich in einem gerichtlichen Vergleich auf eine Abmahnung wegen Störung des Betriebsfriedens. Der Trainee behielt seinen Arbeitsplatz.
Was du vor der nächsten Betriebsfeier wissen solltest:
Bei einem Fehlverhalten kann der Arbeitgeber eine Ermahnung, eine Abmahnung oder eine Kündigung aussprechen.
💡Eine Ermahnung ist nur ein Hinweis auf die Pflichtverletzung mit der Forderung, dies nicht wieder zu tun.
💡Bei einer Abmahnung wird im Falle einer Wiederholung mit einer Kündigung gedroht.
💡Eine Kündigung kann fristlos ausgesprochen werden, wenn der Arbeitgeber einen wichtigen Grund dafür hat. Die Kündigungsfrist wird dann nicht eingehalten und das Arbeitsverhältnis am gleichen Tag beendet. Der Arbeitgeber entscheidet, wie er auf eine Pflichtverletzung reagiert. Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage überprüft das Arbeitsgericht diese Entscheidung.
💡Die Klage gegen die Kündigung müssen Arbeitnehmer*innen innerhalb von drei Wochen erheben. Ansonsten wird die Kündigung nach Ablauf der drei Wochen wirksam und das Arbeitsverhältnis ist beendet.
💡Die Kosten für Rechtsanwält*innen müssen die Beschäftigten selbst bezahlen. Man kann sich jedoch durch eine Rechtsschutzversicherung absichern oder in eine Gewerkschaft eintreten. Durch die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft bekommt man kostenlosen Rechtsschutz für Rechtsberatungen und die Vertretung vor Gericht z.B. im Falle einer Kündigung. Der Trainee war Gewerkschaftsmitglied und wurde deshalb vom Rechtsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbundes vertreten.
💡Ein Gerichtsprozess kann durch ein Urteil oder auch durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden. In diesem Fall haben sich beide Seiten auf eine Abmahnung und die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses geeinigt. Tatsächlich enden circa 80% der Gerichtsverfahren vor dem Arbeitsgericht mit einem gerichtlichen Vergleich.
Mehr Informationen zum Thema Kündigung, Abmahnung und Gerichtsprozess gibt es in meinem Buch „Arbeitsrecht für Arbeitnehmer*innen“, erschienen im April 2023 im Südwest-Verlag.