Klimaneutralität ade? Warum Unternehmen dennoch an ihren Zielen festhalten
Zum zentralen Ziel der europäischen Klimapolitik gehört die Reduktion der CO2-Emissionen um mindestens 55 Prozent bis 2030 sowie die vollständige Klimaneutralität bis 2050. Historisch war das Wirtschaftswachstum eng mit den für den Klimawandel verantwortlichen Kohlenstoffemissionen verbunden, doch um die globale Durchschnittstemperatur zu stabilisieren, sind Netto-Null-Kohlenstoffemissionen erforderlich. Die ambitionierten Vorgaben sind im europäischen Klimagesetz und im European Green Deal verankert. Sie dienen Unternehmen weltweit als Orientierung. Allerdings sind sie vor zahlreiche Herausforderungen gestellt.
Drohende Abschottung des US-amerikanischen und des chinesischen Automarktes
Überbordende Bürokratie
Wachsender Druck von Gesetzgebern, Verbrauchern und Investoren wächst.
Zunahme der Nachfrage nach erneuerbaren Energien und dezentraler Energie-Gewinnung
Hohe Energiekosten
Verstärkte Nachfrage nach Dienstleistungen rund um das Energiemanagement und den strategischen Einkauf von erneuerbaren Energien
Abbau von Fertigungskapazitäten, die nicht ausgelastet sind
Die Innovationspotenziale der deutschen Industrie liegen in Bereichen, die an Bedeutung verlieren (Knowhow rund um den Verbrennungsmotor, von wachsender Bedeutung ist die Batterietechnik, die in Deutschland unterentwickelt ist, aber auch die Digitalisierung im Auto.
Politische Entwicklungen: Ein niederländisches Gericht kippte CO2-Klagen, Trump das Pariser Abkommen, die COP29 bekommt keine 100 Milliarden Dollar zusammen und fordert 1.000 Milliarden.
Es gibt keine weltweit einheitlichen Regelungen – Großunternehmen sind häufig stark von regulatorischen Anforderungen betroffen (z.B. CSRD der EU). Auch müssen sie immer häufiger länderspezifische Unterschiede berücksichtigen - gleichzeitig müssen sie kohärente, weltweit gültige Strategien umsetzen.
Allerdings erfolgt diese Entkopplung nicht schnell genug, um die globalen Klimaziele zu erreichen. Subnationale Klimamaßnahmen scheinen für die Erreichung dieser Ziele von entscheidender Bedeutung zu sein. Frühere Studien zur Entkopplung von CO2-Emissionen und Wirtschaftswachstum haben sich vor allem auf Staaten oder einzelne Städte konzentriert. Für ihre Studie haben Forschenden des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) einen detaillierteren Ansatz gewählt, ohne dabei die globale Dimension aus den Augen zu verlieren. Sie analysierten die Wirtschaftsleistung von 1.500 subnationalen Regionen (chinesische Provinzen, US-amerikanische Bundesstaaten, deutsche Bundesländer, in denen das beobachtete Bruttoregionalprodukt anstieg). Die untersuchten Regionen waren für 85 % der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Durch die Kombination dieser Daten mit CO2 Emissionen aus den vergangenen 30 Jahren konnten globale Entkopplungsmuster identifiziert werden. Da es noch keine weltweiten Daten zu konsumbedingten Emissionen auf regionaler Ebene gibt, bildet die Studie zwar nicht die Auswirkungen des internationalen Handels ab, bietet aber dennoch wichtige Einblicke in die weltweiten Trends der Entkopplung.
30 Prozent ist es gelungen, ihre CO2-Emissionen zu senken und gleichzeitig ihr Wirtschaftswachstum zu fördern. Dieser Trend verstärkt sich.
Die Durchschnittstemperatur kann nur bei Netto-Null-Emissionen stabilisiert werden.
Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit höheren Ausgaben für subnationale Klimamaßnahmen weisen höhere Entkopplungsraten auf, ebenso wie subnationale Regionen in EU-Ländern, in denen Klimapolitiken umgesetzt wurden (Wirksamkeit subnationaler Politiken). Die Entkopplungsraten innerhalb nationaler Grenzen variieren stärker als zwischen ihnen. Länder mit schwächerer Regierungsführung weisen typischerweise eine höhere Varianz der Entkopplung innerhalb ihrer Grenzen auf.
Wenn sich die jüngsten Entkopplungsraten fortsetzen, würde weniger als die Hälfte der beobachteten subnationalen Regionen vor 2050 Netto-Null erreichen, selbst wenn diese Raten wie historisch beobachtet mit wachsendem Wohlstand steigen.
Europa schneidet durchweg besser ab als andere Teile der Welt und viele der europäischen Regionen weisen in den letzten 20 Jahren einen kontinuierlichen Trend zur Entkopplung auf. Im Gegensatz dazu schwankten die Entkopplungsmuster in Nordamerika und Asien im Laufe der Jahrzehnte eher.
Regionen mit hohem Einkommen und einer Tradition CO2-intensiver Industrien sowie Regionen mit einem hohen Anteil an Dienstleistungssektoren und verarbeitender Industrie haben besonders erfolgreich CO2-Emissionen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum senken können.
Die jüngsten Trends nicht ausreichend, um bis Mitte des Jahrhunderts Netto-Null-Emissionen zu erreichen.
Die Unterschiede bei der Entkopplung innerhalb nationaler Grenzen sind typischerweise größer als zwischen ihnen und in wohlhabenderen Volkswirtschaften höher.
Auf allen Ebenen müssen größte Anstrengungen unternommen werden – vor allem die Industrieländer müssen ihr Engagement und Investitionen in die Energiewende erhöhen.
Unternehmen müssen trotz dieser Herausforderungen nach vorne schauen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu sichern und die grüne Transformation aktiv zu gestalten. Wer sein Kerngeschäft schon frühzeitig nachhaltig ausgerichtet hat, hat es heute leichter – so wie das mittelständische Unternehmen Mader in Leinfelden-Echterdingen. Dem Druckluft- und Pneumatikspezialisten war von Anfang an bewusst, dass die Unternehmenstätigkeiten auch die Umwelt beeinträchtigen. Deshalb wurde es als Pflicht angesehen, die Beeinträchtigung auf die Umwelt im Rahmen der wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten und mittels durchdachten Abläufen auf das mögliche Minimum zu reduzieren. Seit 2012 ist das Unternehmen nach DIN EN ISO 14001:2009 zertifiziert. 2013 hatte sich das heute vielfach ausgezeichnete Unternehmen um die Mitgliedschaft in der Exzellenzinitiative für Klimaschutz und Energieeffizienz beworben, deren Mitglieder sich schon damals freiwillig zu messbaren und ambitionierten Klima- und Energieeffizienzzielen verpflichteten. Nach intensiver wissenschaftlicher Prüfung verlieh der damalige Beirat der Klimaschutz-Unternehmen der Firma Mader im März 2014 die Mitgliedsurkunde. Das Engagement im Bereich Nachhaltigkeit hat Mader in den vergangenen Jahren weiter intensiviert und das Thema auf unternehmensstrategischer Ebene als Schwerpunkt verankert. Von Mittelständlern wie diesem können auch andere Unternehmen lernen – im Kleinen zeigen sich handhabbare Ansätze und Lösungsmöglichkeiten. Dazu gehören im Kontext der Klimaneutralität:
Angebot von verschiedenen energieeffizienten Produkten und Dienstleistungen (z.B. Energieeffizienzanalysen, Leckage-Messungen und maßgeschneiderte Druckluftkonzepte)
Kontinuierliche Anpassung an neue Entwicklungen
Reduzierung der eigenen CO2-Emissionen
Frühzeitige Identifikation von Herausforderungen und Entwicklung geeigneter Lösungen
Kundenseminare (Einsparpotenziale und Lösungen zur effizienteren Nutzung ihres Druckluftsystems)
Verstärkter Einfluss auf die nachhaltige Gestaltung der eigenen Lieferketten
Regelmäßige Nachhaltigkeitsberichterstattung
Moderne Nachhaltigkeitsstrategie
Nachhaltige Gestaltung von Produktionsprozessen, ohne die Wirtschaftlichkeit zu gefährden
Zusammenarbeit mit lokalen Stakeholdern
Innovative Technologien
Engagement des Top-Managements, um Dekarbonisierungsziele auf höchster Ebene zu verankern
Globale Ziele werden in spezifische Unternehmensmaßnahmen umgesetzt - klare Zielvorgaben zur Einsparung unterstützen die Umsetzung (angefangen bei der Verbrauchsreduzierung von Strom, Heizöl, Wasser und Druckerpapier, über Mülltrennung bis zur Senkung der CO2-Emissionen im Bereich Fuhrpark).
Originalpublikation: Maria Zioga, Maximilian Kotz, and Anders Levermann (2024): Observed carbon decoupling of subnational production insufficient for net-zero goal by 2050. Proceedings of the National Academy of Sciences.
Kurzvideo: Maria Zioga resümiert in 100 Sekunden die Haupterkenntnisse der Studie
Daten zu nationalen Ausgaben für subnationale Klimaschutzmaßnahmen in OECD-Ländern
Ulrike Böhm, Stefanie Kästle, Julia Sulzberger: Ein Mittelständler auf dem Weg zur Klimaneutralität. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Ulrike Böhm: Die Macht der kleinen Schritte. Wie man als mittelständisches Unternehmen zum Klimaretter wird. In: Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.
Helen Landhäußer: Klimaneutralität durch Digitalisierung – von der Transformation analoger Technologien und GreenTech Unicorns. In: Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Stefanie Kästle und Werner Landhäußer: Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH & Co. KG. In: CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage, SpringerGabler Verlag, Heidelberg Berlin 2021.