Klimaschutz und Empathie: Treibstoff einer anständigen Gesellschaft
Wenn es um den Klimawandel geht, schauen wir zwar hin, haben aber meistens scheinbar Wichtigeres zu tun, als uns um so ein abstraktes Thema zu kümmern. Wir nehmen Dürren, Hungersnöte, Überschwemmungen und Artensterben zur Kenntnis, aber all das bleibt nicht lange im Bewusstsein und lässt uns emotional abstumpfen. Dabei ist gerade Empathie eine Fähigkeit, die wir brauchen, um nicht abzustumpfen und eine lebenswerte Zukunft zu schaffen. „Empathie ist der Treibstoff einer anständigen Gesellschaft. Ohne Empathie bleiben nur noch trockene Vorschriften und Machtkämpfe übrig“, schreibt der Informatiker und Publizist Jaron Lanier in seinem aktuellen Buch "Zehn Gründe, warum du deine Social Media Accounts sofort löschen musst". Leider tun sich auch die Medien oft schwer, ein solches Thema durchgehend präsent zu halten. Einige sprechen sogar von „Mitleidsmüdigkeit".
Was uns fehlt, sind nach Meinung des englischen Umweltaktivisten Rob Hopkins die sozialen „Werkzeuge", um Menschen zu bewegen, gemeinsame Visionen umzusetzen. Wer sich in Untergangsstimmungen verliert, kann kaum mehr kreativ sein und wird unbeweglich - auch im Geist. Deshalb lohnt sich eine Rückbesinnung auf einen der Pioniere der Umwelt- und Friedensbewegung und einen der frühen Zukunftsforscher: Robert Jungk (1913-1994). Wie sehr er sich mit der Zukunft der Menschheit auseinandersetzte, verdeutlicht bereits sein erstes Werk „Die Zukunft hat schon begonnen" von 1952. Zukunft war für Jungk kein Schicksal, solange die Welt in nachhaltiger Weise verändert werden kann: „Man muss in Gesprächen, in Schrift und Bild eine neue Vision der Zukunft, eine ganz andere Art von künftigem Leben gestalten, um sie den menschenfeindlichen Plänen einer verhängnisvollen Entwicklung entgegenzusetzen." Insofern war er auch ein Zukunftsstifter, der unterschiedlichste interdisziplinäre Ansätze vernetzt und für ein neues Denken und Handeln plädiert hat.
Nur diese ganzheitliche Verbindung hilft uns, Antworten auf die großen existenziellen Fragen zu finden, die sich angesichts globaler Bedrohungen auftun und unseren Zukunftshorizont verdunkeln. Dazu gehören Kriege, Terrorismus, Flüchtlingsströme, politische Konflikte, Klimakatastrophen und Krankheiten. Dass die Ankündigung des Weltuntergangs bei uns Menschen eine lange Tradition hat, weisen auch die Autoren Stefan Bonner und Anne Weiss in ihrem Buch „ Planet Planlos“ nach: Im sechzehnten Jahrhundert kamen Nostradamus‘ heraus, im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert gründete sich die Endzeit-Sekte der Zeugen Jehovas, die immer wieder den Weltuntergang ansagen. 2012 waren viele Menschen verunsichert, weil der Maya-Kalender angeblich das Ende der Welt voraussagte: „Für 2014 peilte die Wahrsagerin Baba Wanga einen Chemiewaffenkrieg (Syrien?) und Epidemien (Ebola?) an. Und für 2016 sah Pfarrer Ricardo Salazar in Tokio eine Kombi aus Antichrist (Trump?) und Atomkrieg (Kim Jong-un?!) auf uns zukommen.“
Bonner und Weiss gehören zur Generation der „Kassettenkinder“, die, aufgewachsen mit den Phantasien Hollywoods, Tschernobyl, saurer Regen und Ozonloch, praktisch aufs Ende der Welt fixiert ist. Aber dabei bleiben sie nicht – vielmehr plädieren sie in ihrem Buch für die Vision einer besseren Welt: „Wir müssen wieder träumen lernen.“ Aber dabei darf es nicht bleiben: Wir müssen handeln, um etwas zu ändern. Gelingt es uns nicht, den Klimawandel zu stoppen, wird unsere eigene Lebenswelt unwiderruflich ausgelöscht, und die Geschichten unserer Kinder haben kein Happy End: „Wir müssen lernen, wieder so naiv an die Weltrettung heranzugehen, wie wir das als Kinder getan haben. Als wir noch an ein gutes Ende glaubten.“
Wir sind die Generation, die als letzte die Möglichkeit hat, etwas zu ändern oder die Generation Weltuntergang: „Wir sollten wir uns an unseren alten Kinderschwur erinnern und den angestaubten Glücksdrachen aus der Garage zerren, um nach langer Zeit wieder ins Abenteuer zu fliegen.“
Weiterführende Literatur:
Stefan Bonner und Anne Weiss: Planet Planlos. Sind wir zu doof, die Welt zu retten? Knaur Verlag, München 2017, 2. Auflage 2019. </div>
Peter Seewald, Jakob John Seewald: Welt auf der Kippe. Zu viel, zu laut, zu hohl - macht Schluss mit dem Wahnsinn. Mit Illustrationen von Katharina Bitzl. Ludwig Verlag, München 2015.
Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Circular Thinking 21.0: Wie wir die Welt wieder rund machen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.
Ewald Weber: Welt am Abgrund. Wie CO2 unser Leben verändert. Konrad Theiss Verlag, WBG, Darmstadt 2018.