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Klimasorgen beeinflussen das Verbraucherverhalten

Die Sorge ums Klima („Eco-Anxiety“) führt dazu, dass immer mehr Menschen zu nachhaltigeren Produkten wechseln und auch bereit sind, dafür höhere Preise zu bezahlen.

Sie setzen sich dafür ein, dass unseren Lebensmitteln ihr Stellenwert als Mittel zum Leben zurückgegeben wird. Das bedeutet auch, dass sie in ihrer wahren Qualität und ihrem Preis aufgewertet werden und Transparenz sichergestellt wird. Auf der Suche nach guten Lebensmitteln bewegen sich Verbraucher:innen in einem Dschungel aus Gütesiegeln, denen verschiedene Kriterien und Anforderungen zugrundeliegen. Über die wahre Qualität eines Lebensmittels im umfassenden Sinne informieren nur wenige. Gerade beim Einkauf von Lebensmitteln erschweren Verbraucher:innen eine Vielzahl von „Öko“- und „Natur“-Kennzeichnungen, den Überblick zu behalten.

Das staatliche Bio-Siegel – das Dachzeichen für Produkte aus dem ökologischen Landbau – steht für ökologische Produktion und artgerechte Tierhaltung. Wichtige Erkennungsmerkmale für Qualität, wie Angaben zu Lieferketten, Verarbeitungsprozessen und Herkunft der Inhaltsstoffe, lassen sich für die meisten industriellen Lebensmittel jedoch kaum abbilden. Dass inzwischen wie bei der Tierhaltung Kennzeichnungen von Staat und Handel miteinander konkurrieren, ist nach Ansicht vieler Nachhaltigkeitsexpert:innen völlig kontraproduktiv. Was es braucht, ist eine ganzheitliche Verbraucherbildung sowie die Umstellung unseres Lebensmittelsystems hin zu einer ökologischen Landwirtschaft und Fischerei.

Wo Deutschland im internationalen Vergleich liegt, zeigen die Erhebungen der neuen Deloitte Studie „Climate Sentiment – Klimasorgen beeinflussen das Verbraucherverhalten in Deutschland“. Durchgeführt wurde sie im Rahmen des globalen Deloitte Global Consumer Pulse Survey im Oktober 2021 mit einer demografisch repräsentativen Gruppe von deutschen Konsument:innen. Befragt wurden die Teilnehmenden auch zur Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz und in ihrem Unternehmen sowie zu ihren Erwartungen an den Arbeitgeber. Ebenso werden Handlungsoptionen für Retailer und Hersteller aufgezeigt, mit denen diese die Verbraucher beim nachhaltigen Konsum besser unterstützen können.

  • In Deutschland waren 58 Prozent in den letzten Monaten beunruhigt über den Klimawandel, in führenden Nachhaltigkeitsländern wie Norwegen und den Niederlanden waren es nur 37 Prozent.

  • Am anderen Ende der Skala stehen Nationen wie Indien (87 Prozent) und Mexiko (80 Prozent), wo die Menschen von der Erwärmung und ihren Folgen direkter betroffen sind.

  • In Deutschland stieg zum Zeitpunkt der Flutkatastrophe im Juli 2021 die Besorgtheit wegen solcher Ereignisse auf 28 Prozent. Zugleich sind 44 Prozent der deutschen Befragten skeptisch, ob die weltweiten Maßnahmen ausreichen werden, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern.

  • 58 Prozent der Deutschen sind beunruhigt über den Klimawandel. Viele von ihnen ziehen daraus konkrete Konsequenzen für ihr Einkaufs- und Konsumverhalten.

  • Junge Menschen sind häufig politisch aktiv, ältere Verbraucher unternehmen mehr gegen den Klimawandel im Alltag (Energiesparen, Recycling etc.).

  • Die Sorgen spiegeln sich auch im gesellschaftlichen Diskurs wider: 73 Prozent diskutierten mit Freunden und Familie über das Thema, 18 Prozent nahmen an Protesten, Kundgebungen oder Demonstrationen teil.

  • Die Studie zeigt, dass die aktive politische Betätigung bei jungen Verbraucher:innen deutlich stärker ausgeprägt ist (37 Prozent) als bei älteren (7 Prozent).

  • Durchschnittlich 45 Prozent befürworten auch neue Vorschriften zugunsten des Klimaschutzes, selbst wenn dadurch Waren und Dienstleistungen teurer werden bzw. ganz entfallen.

  • 41 Prozent der Konsument:innen mit niedrigen Einkommen sind für strengere Vorschriften, obwohl ihre Ausgaben dadurch wahrscheinlich deutlich steigen.

  • 58 Prozent recyceln oder kompostieren Hausmüll, auch der Verbrauch von Energie und Wasser (51 respektive 33 Prozent) wird reduziert.

  • Die Älteren verhalten sich im Alltag bei Themen wie Recycling und Energiesparen nachhaltiger als die Jüngeren. Nur bei der Verringerung des Fleischkonsums liegen junge Verbraucher:innen mit 22 Prozent vorn (vs. 11 Prozent der älteren Verbraucher).

  • 23 Prozent kaufen immer nachhaltige Produkte, den Fleischkonsum reduzieren nur 14 Prozent.

  • 44 Prozent verzichten auf nicht notwendige Flüge und rund ein Drittel kauft stets lokale Produkte.

  • Es besteht eine Diskrepanz beim Kauf nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen zwischen einkommensstarken Verbrauchern (70 Prozent) und solchen mit niedrigerem Haushaltseinkommen (56 Prozent).

  • Die Frage, wie Konsument:innen beurteilen, ob es sich um ein nachhaltiges Angebot handelt, haben 38 Prozent im Vorfeld ihres letzten Kaufs recherchiert; 46 Prozent haben sich auf Kennzeichnungen und Siegel verlassen.

  • Knapp ein Drittel hat für nachhaltige Käufe einen deutlichen Aufpreis bezahlt. Gegenüber weniger nachhaltigen Optionen haben 18 Prozent stattdessen ein gebrauchtes Produkt erworben.

Kann die Pandemie unser Verbraucherverhalten nachhaltig verändern?

Weltverbrauchertag: Wir haben den Lebenszyklus der Dinge aus den Augen verloren

Klimawandel in der Wirtschaft. warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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