Klimatransformation: Welchen Einfluss hat die Dekarbonisierung der Lieferkette?
Um die Antwort gleich vorwegzunehmen: Der Erfolg ihrer Klimatransformation steht und fällt mit der Dekarbonisierung der Lieferkette.
So möchte O2 Telefónica deshalb künftig mehr Transparenz über ihre CO2-Emissionen entlang der Lieferkette (Scope 3) schaffen, die der größte Hebel für umfassende CO2-Reduktion ist. Nach Angaben des Carbon Disclosure Projects (CDP) entstehen bis zu 90 Prozent der Emissionen durch eingekaufte Produkte und Dienstleistungen. Unternehmen sollten deshalb klimarelevante Budgetentscheidungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette bestimmen und gemeinsam mit Lieferanten, die selbst ehrgeizige Klimaziele verfolgen, effektiv Reduktionsmaßnahmen umsetzen und die Klimawirkung im eigenen Unternehmen verbessern. Im Procurement Barometer 2021 geben 69 Prozent aller Befragten an, die Nachhaltigkeitsleistung ihrer Lieferanten in der Auswahl sowie bei Vertragsverlängerungen zu berücksichtigen.
Doch mit der bloßen Berechnung von CO2-Emissionen ist es auch bei den Lieferanten nicht getan. Sie müssen ebenfalls zunächst innerhalb der Grenzen einer Klimabilanz neben CO2 auch andere relevante Treibhausemissionen (CH4, SF6 etc.) betrachten. Zu einer kompletten Untersuchung gehören neben den direkten Emissionen (Scope 1) auch die indirekten Emissionen (Scope 2 + 3) eines Unternehmens, um alle Teilbereiche abzudecken. Vor allem die Emissionen im Scope 3 können je nach Organisation und Produkt sehr umfangreich sein und sind schon in der Bilanzierung des IST-Stands herausfordernd, weil große Datenmengen erfasst werden müssen. Hilfreich dabei kann der Standard nach GHG Protocol (Greenhouse Gas Protocol) oder die DIN EN ISO 14046 sein – hier sind Vorgaben zur richtigen Bilanzierung und Dokumentation der Emissionen enthalten. Um sich schließlich als „klimaneutral“ bezeichnen zu können, müssen sämtliche Emissionen im Bilanzkreis von Scope 1 bis 3 vermieden, verringert und der unvermeidbare Rest kompensiert werden.
Phase 1:
Festlegung der Bilanzkreise der ersten Betrachtung (standortbezogen, bezogen auf die rechtliche Einheit etc.)
CO2-Bilanzierung des IST-Stands
Start mit Scope 1 und 2 (Vorteil: eindeutige Datenlage, Daten können aus den bestehenden Managementsystemen etc. genutzt werden)
Erstellung eines Grobkonzepts (Ziele).
Phase 2:
Bilanzierung des Scope 3
Ausarbeitung von Maßnahmen zur Zielerreichung
Analyse von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und Emissionsreduzierung
Erarbeitung alternativer Versorgungskonzepte mit erneuerbaren Energien
Auseinandersetzungen mit Fragestellungen zur Energiespeicherung, Versorgungssicherheit und wirtschaftlichen Energiebereitstellung
Prüfung des Energieeinkaufs, der Lieferverträge und Möglichkeit für den Abschluss von Power Purchase Agreement (PPAs)
Untersuchung von verwendeten Materialien und Ressourcen in der Produktion und bei Produkten für weitere Optimierungen
Entwicklung einer Methodik, wie die CO2-Bilanz kontinuierlich überwacht werden kann
Kompensation als letzter Schritt. Zu berücksichgtigen ist, dass Unternehmen oder ein Produkt nicht von sich aus klimaneutral sein kann: "Die Kompensation von Emissionen mit Zertifikaten aus freiwilligen Ausgleichsmaßnahmen ist nicht zulässig, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen." (Quelle: Umweltbundesamt) Nach SBTi müssen zuerst die THG-Emissionen um mehr al 90% reduziert werden, bevor Kompensation in Frage kommt.
Phase 3:
Maßnahmen werden sukzessive implementiert
eine Zertifizierung von externen Stellen sollte ggf. eingeplant werden.
O2 Telefónica nutzt beispielsweise die Softwareplattform von The Climate Choice und erfasst klimafokussierte Daten von rund 1.000 Lieferanten. Die Top 50 Lieferanten werden darüber hinaus eingeladen, ein softwaregestütztes Klima-Rating durchzuführen, um Potentiale zur Senkung der CO2 Emissionen zu identifizieren. Die erschlossenen qualitativen und quantitativen Daten werden als Grundlage einer Strategie zur Dekarbonisierung von O2 Telefónica im Scope 3 (hier entstehen bis zu 90 Prozent der Emissionen in Unternehmen) dienen. Das Pilotprojekt entstand aus der Zusammenarbeit von dem O2 Telefónica Start-up Accelerator Wayra und The Climate Choice.
Der Climate Readiness Check ist für das Unternehmen der Start für eine erfolgreiche Klimatransformation. Basierend auf international anerkannten Reporting-Standards wie GRI, DNK und TCFD wird dessen Klimaperformance geprüft. Entlang der fünf Kategorien Wirkungsmodell, Klimamanagement, Klimaeinfluss, Transparenz und Ökologisches Handeln zeigt der Climate Readiness Check Stärken und Quick Wins auf und verbindet dies mit passenden klimarelevanten Lösungen aus der Climate Data Platform. Unternehmen erhalten ein umfangreiches Reporting und – je nach Ergebnis - das Climate Rating-Label in Bronze, Silber oder Gold. Individuelle Handlungsempfehlungen helfen, die Klimaperformance des Unternehmens zu verbessern und diese bei Bedarf an Kund:innen zu kommunizieren. Das Wissen um die klimabezogenen Risiken und die Potentiale zu deren Lösung sollen die Grundlage sein, auf der das Unternehmen spätestens 2040 auch entlang der Lieferkette emissionsfrei sein möchte.
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Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. SpringerGabler Verlag, Berlin, Heidelberg 2020.