Klimawende jetzt: Wo stehen deutsche Unternehmen?
Der Klimawandel schreitet weiter voran und ist in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik so präsent wie niemals zuvor, denn Umweltschutz ist wichtiger denn je. Die EU soll 2050 klimaneutral sein, Deutschland schon im Jahr 2045.
Vor diesem Hintergrund müssen Geschäftsmodelle neben der ökonomischen Ausrichtung auch die ökologischen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigen. Die Relevanz von Nachhaltigkeit hat bei vielen Deutschen ein Bewusstsein für umweltfreundliche Unternehmen und Produkte geschärft. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Dynata-Studie über das Stimmungsbild zum Klimawandel. „Dynatas Global Consumer Trends: The Urgent Fight Against Climate Change“ wurde vom 28. September bis 5. Oktober 2021 in den USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Deutschland, den Niederlanden, Italien, China, Japan, Indien und Australien durchgeführt.
Für mehr als zwei Drittel der Deutschen hat die Eindämmung des Klimawandels eine weltweite Dringlichkeit (68 Prozent). Unter diesen haben 82 Prozent bereits ihr Kaufverhalten verändert.
63 Prozent geben an, Produkte von umweltbewussten Unternehmen zu bevorzugen als von Unternehmen mit unzureichenden Umweltschutzpraktiken. In Frankreich (70 Prozent), Italien (76 Prozent), Spanien (74 Prozent) und den USA (66 Prozent) vertreten jeweils über zwei Drittel der Befragten diesen Standpunkt.
62 Prozent der Deutschen meinen, dass sich viele Unternehmen zwar zum Umweltschutz bekennen, ihre Praktiken dem präsentierten ökologischen Image aber nicht gerecht werden.
Konsumenten sehen in Unternehmen grundsätzlich enormes Potenzial, was die Verlangsamung bis hin zur Aufhaltung des Klimawandels betrifft (64 Prozent).
Vor allem Millenials sind davon überzeugt, dass Unternehmen großen Einfluss haben (72 Prozent), Vertreter:innen der Generation Z setzen im Kampf gegen die Klimakrise etwas weniger Hoffnung in Unternehmen (49 Prozent).
Viele Unternehmen befinden sich längst auf dem Weg zur Klimaneutralität. Und jeder Klimapfad ist einzigartig. Einige sind sogar weiter, als es die Zielvorgaben der Politik verlangen: Sie verordnen sich sogar freiwillig Klimaziele, die häufig noch viel ehrgeiziger sind. Dieses Engagement sollte gefördert werden, beispielsweise durch Anreize für Investitionen in klimaschonende Technologien, die maßgeblich dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu senken. Das ist das Resultat der Bitkom-Studie „Klimaeffekte der Digitalisierung“, die von Accenture durchgeführt wurde. Sie ist Grundlage für eine Umfrage zur Klimawende, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom von Mitte September bis Ende Oktober 2020 durchgeführt hat. Befragt wurden 753 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern.
46 Prozent der deutschen Unternehmen haben sich eine freiwillige Selbstverpflichtung auferlegt, nach der sie zu einem bestimmten Zeitpunkt klimaneutral sein wollen.
86 Prozent sagen, dass Digitalunternehmen eine Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen sollten, 79 Prozent meinen, dass Digitalunternehmen ihren Einfluss geltend machen sollten, um Klimaschutz zu fördern.
Viele Unternehmen wollen mit Hilfe digitale Technologien effizienter, ressourcenschonender und klimaverträglicher wirtschaften: 91 Prozent wünschen sich, dass die Ausbildung von IT-Fachkräften künftig auch Klima- und Nachhaltigkeitsaspekte beinhaltet.
22 Prozent der Unternehmen, die eine Klimaneutralität planen, will dieses Ziel bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre erreichen, 50 Prozent haben sich dies für die nachfolgende 5-Jahres-Scheibe von 2026 bis 2030 vorgenommen, 10 Prozent möchten nach 2030, aber bis 2040 komplett klimaneutral werden und weitere 14 Prozent nach 2040, aber spätestens bis zum Jahr 2050.
27 Prozent aller Unternehmen wollen ihren CO2-Ausstoß zwar reduzieren, streben dabei jedoch keine komplette Klimaneutralität an.
17 Prozent haben eine CO2-Senkung derzeit nicht konkret geplant, planen dies allerdings für die Zukunft.
Bei einer konsequenten und beschleunigten Digitalisierung in der industriellen Fertigung, der Mobilität, von Gebäuden und Arbeitsplätzen kann der CO2-Ausstoß im Jahr 2030 verglichen mit 2019 um 120 Millionen Tonnen reduziert werden (fast die Hälfte der notwendigen Einsparungen von 262 Millionen Tonnen, die Deutschland für sein selbst gestecktes Klimaziel im Jahr 2030 erreichen muss).
Es gibt aber auch zahlreiche Unternehmen, die kritisch beurteilt werden, weil sie für sich Klimaneutralität reklamieren, denn es genügt nicht, nur mit Baum- und Waldprojekten den eigenen CO2-Ausstoß auszugleichen. Es müssen auch die eigenen Produktionsabläufe nachhaltig optimiert werden. Schwierig wird es auch dann, wenn nur einzelne Produkte klimaneutral hergestellt und gelabelt werden. Das gilt oft als Alibi-Maßnahme, weil das dahinterstehende Unternehmen noch nicht klimaneutral agiert.
Auch die Klimakompensation, bei der Klimaschutzprojekte wie erneuerbare Energien oder Aufforstung umgesetzt werden, ist ein sensibles Thema: Die dadurch eingesparten Emissionen werden als Kompensationsgutschriften ausgegeben. Durch die Einnahmen daraus werden die Klimaschutzprojekte finanziert. Da der freiwillige Kompensationsmarkt nicht stattlich reguliert ist, sollte auch hier genau hingesehen werden. Die Kosten für die Umsetzung von Klimaschutzprojekten unterscheiden sich von Projekt zu Projekt. Werden Kompensationszertifikate sehr günstig angeboten, dann ist die Qualität häufig sehr fragwürdig. Die Regeln setzen verschiedene Standards wie z. B. der Gold Standard. Was ein gutes Klimaschutzprojekt ist, ist nicht immer leicht einzuschätzen. Eine gute Orientierung geben die Einschätzungen von Stiftung Warentest sowie von verschiedenen Kompensationsanbietern und ein Ratgeber des Umweltbundesamtes und einige unabhängige Websites (z.B. offsetguide.org), die Informationen kostenlos bereitstellen. Zudem sollten Unternehmen die Klimakompensation nicht nutzen, um alte und nicht-nachhaltige Geschäftsmodelle aufrecht zu erhalten.
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Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. SpringerGabler Verlag, Berlin, Heidelberg 2020.