Komische Zeiten: Warum Humor hilft, wenn es schwer wird
„Jedes Ding hat drei Seiten. / Eine positive, eine negative / Und eine komische.“ (Karl Valentin)
Humor in all seinen spöttischen, satirischen, ironischen, persiflierenden und anderen unernsten Variationen hilft uns, das Leben leichter zu nehmen und Schreckliches erträglich zu machen, indem es in eine erträgliche Distanz gerückt wird. Das hilft beim Durchhalten. Im Duden findet man folgende Definition: „Humor ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.“
Dass Humor gerade in schwierigen Zeiten unabdingbar ist, „um die Dinge - und wenn auch nur für einen Moment - etwas leichter zu nehmen“, bestätigt auch die Nachhaltigkeitsexpertin Claudia Silber, die beim ökologischen Onlineversender memo die Unternehmenskommunikation leitet. Lachen ist ihrer Meinung nach vor allem dann wichtig, wenn uns nicht danach zumute ist. Es kann zwar nicht Leben retten, uns aber aus der Schwere des Moments holen. Wer lacht, ist ganz in der Gegenwart und vergisst die Angst vor der Zukunft. Gelotologie-Studien zeigen auf, dass noch vor 50 Jahren etwa dreimal mehr gelacht wurde. Erwachsene tun es heute nur 15 Mal täglich, während Kinder rund 400 Mal lachen. In Corona-Zeiten haben Humor und Lachen eine neue Dimension erhalten. Vieles war und ist skurril „wie beispielsweise das Anhäufen von Toilettenpapier der Deutschen in den ersten Wochen des Lockdowns. Da dürfen andere Nationen schon gerne einmal über uns lachen, wenn sie selbst Wein oder Kondome hamstern. Humor ist schließlich wenn man dennoch lacht – vor allem oder ausschließlich über sich selbst.“
Der österreichische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl hatte die Grauen des Holocaust erlitten und überlebt. Er äußerte danach: „Es gibt kaum etwas im menschlichen Dasein, das den Menschen so sehr und in einem solchen Ausmaß ermöglichte, Distanz zu gewinnen, wie der Humor.“ Er hilft, den Blick auf sich selbst neu auszurichten. Humor ist das Ergebnis eines stetigen Bewusstseinsprozesses, der das eigene Ego mit Abstand kritisch wahr- und nicht mehr ganz so ernst nimmt. Hermann Hesse formulierte das im ‚Steppenwolf‘ so: "Nun, aller höhere Humor fängt damit an, dass man die eigene Person nicht mehr ernst nimmt."
Gerade Gedanken eines Schrägdenkers
Besonders beliebt ist in diesen Zeiten der Sprachkünstler und Komiker Karl Valentin (1882-1948), eigentlich Valentin Ludwig Fey, der an jeder einzelnen Pointe präzise gearbeitet hat und dessen Sprüche und Zitate mit ihrem melancholischen Unterton gerade jetzt auch fester kultureller Bestandteil in Social Media sind:
„Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist.“
„Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen.“
Kurt Tucholsky bezeichnete Karl Valentin, der ebenfalls eine ironische Distanz zu sich selbst hatte, einmal als „zaundüren, langen Gesellen, mit staksigen Knien“. In seiner Selbstbiografie (etwa 1926) schreibt er, dass er von der „Unsinnfabrikation, wie die meisten seiner Mitmenschen“ lebt.
Karl Valentin wurde in München geboren und absolvierte nach der Schulzeit eine Schreinerlehre. Seit 1897 trat er als Komiker auf, besuchte eine Varietéschule und lernte das Zitherspiel. 1908 kam der Durchbruch als Komiker. 1913 trat er mit Elisabeth Wellano (nun unter dem Künstlernamen Liesl Karlstadt) zum ersten Mal gemeinsam auf. Mit seiner langjährigen Bühnenpartnerin drehte er auch zahlreiche Filme. Nach jahrelanger Trennung standen sie 1947 und 1948 wieder gemeinsam auf der Bühne. Allerdings blieb der Erfolg weitgehend aus. Unterernährt starb er im Februar 1948 an einer Lungenentzündung. „Ich wußte gar nicht, daß Sterben so schön ist“, sollen seine letzten Worte gewesen sein.
Karl Valentin beeinflusste Generationen von Künstlern und Komikern wie Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Gerhard Polt und Helge Schneider. 2016 sprach der Unternehmer Erich Sixt im Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL über seinen Aufstieg zu einem der größten Autoverleiher Europas und bezeichnete sich als einen „Schüler" von Karl Valentin, der alles linksherum denkt und das Leben und sich selbst immer wieder infrage stellt. „Wer am Ende ist, kann von vorne anfangen, denn das Ende ist der Anfang von der anderen Seite.“ (Karl Valentin)
Weiterführende Informationen:
Karl Valentin / Josef K. Pöllath (Hrsg.): Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist. Texte - Sprüche – Stücke. Marix Verlag, Wiesbaden, 2. Aufl. 2019.
Karl Valentin / Josef K. Pöllath (Hrsg.): Die Zukunft war früher auch besser. Gerade Gedanken eines Schrägdenkers. Marix Verlag, Wiesbaden 2019.